Vorneweg sei ein hartnäckiger Mythos beseitigt: Eine Pflicht zur Mahnung vor Anhebung der Betreibung besteht grundsätzlich nicht. Gewiss kennt der Jurist auch hier gewisse Ausnahmen. So müssen etwa Krankenkassen ausstehende Prämien und Kostenbeteiligungen vorgängig mahnen, wollen sie einen Versicherten betreiben.
Mahnung empfohlen
Obwohl sie keine Voraussetzung der Betreibung bildet, ist eine vorgängige Mahnung jedoch allen Gläubigern, die nicht wegen drohender Verjährung unter Zeitdruck stehen (mit der Betreibung wird die Verjährung unterbrochen), zu empfehlen. Einerseits drängt sich die vorgängige Mahnung des Kunden für ein KMU bereits aus Kulanzgründen auf, anderseits dient sie dem Gläubiger dazu, Verzugszinsen geltend zu machen. Denn diese sind gewöhnlich erst ab Mahnung geschuldet. Wird nicht gemahnt, können Zinsen ab Einleitung der Betreibung gefordert werden. Mittels eines effizienten Mahn- und Inkassowesens kann der Fall ferner häufig kostengünstig und ohne langwieriges Verfahren erledigt werden. Gelingt dies nicht, hat der Gläubiger an das zuständige Betreibungsamt zu gelangen. Er kann seine fällige Forderung dabei ohne vorgängigen Gang vor den
Richter direkt gegen den Schuldner in Betreibung setzen. Auch einer Begründung der Forderung bedarf es zu diesem Verfahrenszeitpunkt nicht, denn der Betreibungsbeamte prüft die im Betreibungsbegehren geltend gemachte Forderung nicht. Im Regelfall ist das Betreibungsbegehren beim Betreibungsamt in der Wohnsitzgemeinde des Schuldners einzureichen und ein Kostenvorschuss zu bezahlen. Wenn dieser Betrag nicht geleistet wird, kann das Betreibungsamt die Betreibungshandlung einstweilen unterlassen.
Varianten der Betreibung
Andernfalls stellt es dem Schuldner den Zahlungsbefehl zu. Der Schuldner wird durch diese amtliche, kostenpflichtige Warnung dazu aufgerufen, den Gläubiger binnen 20 Tagen zu befriedigen oder innert zehn Tagen die Forderung mittels Rechtsvorschlag anzufechten. Entscheidet sich der Schuldner für Letzteres, hat der Gläubiger den Zivilrichter anzurufen, will er sein Recht durchsetzen und an sein Geld gelangen. Obsiegt der Gläubiger im Forderungsprozess, kann er den Rechtsvorschlag des Schuldners gestützt auf den ergangenen Gerichtsentscheid beseitigen und seine Betreibung fortsetzen.Nach Zugang des Fortsetzungsbegehrens entscheidet der Betreibungsbeamte, wie die Betreibung fortzusetzen ist. Er unterscheidet dabei drei verschiedene Varianten: Die Betreibung auf Pfändung, die Betreibung auf Konkurs und die Betreibung auf Pfandverwertung.
Die Betreibung auf Pfändung ist die häufigste Betreibungsart und kommt vor allem gegen nicht im Handelsregister eingetragene Privatpersonen zur Anwendung. Besitzt die Person kein oder nur ungenügend pfändbares Vermögen, erhält der Gläubiger für den ungedeckten Betrag seiner Forderung einen Verlustschein. Dieser ist in jedem Fall sicher aufzubewahren, da er einerseits erst nach 20 Jahren verjährt und andererseits eine Reihe von betreibungsrechtlichen Wirkungen zugunsten des Gläubigers entfaltet. So berechtigt er diesen während sechs Monaten ab Zustellung zur Fortsetzung der Betreibung, ohne dafür ein neues Betreibungsbegehren stellen zu müssen. Überdies gilt der Verlustschein auch als Schuldanerkennung, mit welcher der Gläubiger bei einer späteren Betreibung die provisorische Rechtsöffnung verlangen kann. Zu beachten gilt jedoch, dass der Verlustschein unverzinslich ist. Dies bedeutet für den Gläubiger, dass seine Forderung nicht mehr weiterwächst.