Recht

Gesetzesänderungen

Die wichtigsten Revisionen für die nächsten Jahre

Auch in den nächsten Jahren sind einige wirtschaftlich relevante Gesetzesänderungen zu erwarten. Im Zentrum stehen die Vereinheitlichung der Verjährungsfristen, eine weitere Revision des Aktien- und Rechnungs­legungsrechts und das Bundesgesetz über die internationale Quellenbesteuerung (IQG).
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Der Bundesrat will die Verjährungsfristen im Haftpflichtrecht verlängern, damit man auch bei Spätschäden Schadenersatzansprüche geltend machen kann. Das geltende Recht regelt die Verjährung nicht einheitlich und ist daher ziemlich kompliziert. Gleichzeitig sind die Verjährungsfristen im ausservertraglichen Recht zu kurz. Zudem bestehen zahlreiche Streitfragen, die zu grossen Unsicherheiten führen.

Verjährungsrecht

Mit der OR-Revision will der Bundesrat diese Missstände beheben und das Verjährungsrecht vereinheitlichen. Die allgemeinen Bestimmungen des Verjährungsrechts sollen für alle privatrechtlichen Forderungen gelten, unabhängig davon, ob sie aus einem Vertrag, einer unerlaubten Handlung oder aus ungerechtfertigter Bereicherung entstanden sind. Mit der Verlängerung der Verjährungsfristen sollen vor allem Geschädigte von Spät- und Langzeitschäden besser geschützt werden.

Neue Fristen

Neu soll für jede Forderung eine relative Frist von drei Jahren gelten, die erst dann zu laufen beginnt, wenn der Gläubiger den erlittenen Schaden bemerkt hat und weiss, wer der Schuldner ist. Die absolute Verjährungsfrist beträgt zehn Jahre und beginnt mit der Fälligkeit der Forderung oder aber im Zeitpunkt des Verhaltens, das den Schaden verursacht. Für Forderungen aus Personenschäden wird nun eine Höchstdauer von dreissig Jahren vorgeschlagen.

Als Ausgleich zur einheitlichen, allgemeinen Verjährungsfrist räumt der Vorentwurf den Beteiligten die Möglichkeit ein, die Verjährungsfristen vertraglich abzuändern. Zum Schutz der schwächeren Partei werden eine Minimal- und Maximalfrist festgelegt. Ferner sollen allgemeine Geschäftsbedingungen für nichtig erklärt werden, wenn darin die gesetzlichen Verjährungsfristen im Fall von Personenschäden verkürzt werden.

Vorgesehen ist darüber hinaus eine Änderung für den Fall, dass eine bewegliche Sache in ein unbewegliches Bauwerk eingebracht wird und dessen Mangelhaftigkeit verursacht. Bislang übernimmt der Unternehmer die Gewährleistung gegenüber dem Besteller für fünf Jahre, kann allerdings bloss während eines Jahres Rückgriff auf seinen Lieferanten nehmen. Dieses Problem wird weitgehend entschärft, wenn auch der Lieferant fünf Jahre haftbar bleibt.

Aktien/Rechnungslegung

Die Revision des Aktien- und Rechnungslegungsrechts soll die Corporate Governance verbessern und im Bereich der Kapitalstrukturen mehr Spielraum für Unternehmen schaffen. Ausserdem ermöglicht sie die Nutzung elektronischer Mittel zur Vorbereitung und Durchführung der Generalversammlung und ersetzt das Rechnungslegungsrecht.

Im Dezember 2008 verabschiedete der Bundesrat zudem einen indirekten Gegenvorschlag zur Volksinitiative «gegen die Abzockerei», welcher als Zusatzbotschaft zur Revision des Aktien- und Rechnungslegungsrechts ausgestaltet ist. Die meisten der kleinen und mittleren Unternehmen, die heute der orden­tlichen Revision unterstellt sind, sollen in Zukunft eine eingeschränkte Revision durchführen können. Der Ständerat hat ausserdem beschlossen, die kleinen und mittleren Unternehmen von der Pflicht zur Erstellung einer Konzernrechnung zu befreien. Es wird voraussichtlich noch eine Weile dauern, bis das neue Revisionsrecht in Kraft tritt.

Waren mit Schweizerkreuz

Der Entwurf zur Totalrevision des Bundesgesetzes über den Schutz des Schweizerwappens und anderer öffentlicher Zeichen (Wappenschutzgesetz, WSchG) sieht vor, dass das Schweizerkreuz neu auf Waren angebracht werden darf, wenn die Voraussetzungen zur Verwendung einer Herkunftsangabe wie «Made in Switzerland» erfüllt werden. Der Gebrauch des Schweizerkreuzes auf im Ausland hergestellten Produkten bleibt hingegen unzulässig, ausser wenn das Schweizerkreuz nur Dekoration ist und in keiner Weise auf die geografische Herkunft der Waren oder Dienstleistungen hinweist, z. B. ein rotes T-Shirt mit einem grossen weissen Kreuz. Die genaue Definition wie Masse und Farbe der Schweizer Fahne sowie auch das Grössenverhältnis zwischen dem Kreuz und dem quadratischen Feld werden in einem Anhang geregelt. Der Gebrauch des Schweizerkreuzes darf nicht gegen geltendes Recht verstossen und in keinem Fall unzutreffend oder irreführend sein.

Steuerabkommen

Am 21. September 2011 hat die Schweiz mit Deutschland ein Steuerabkommen unterzeichnet. Es sieht vor, dass Personen mit Wohnsitz in Deutschland ihre bestehenden Bankkonten in der Schweiz nachbesteuern können, indem sie entweder eine Einmalzahlung leisten oder ihre Konten offenlegen. Künftige Kapitalerträge und -gewinne unterliegen einer Abgeltungssteuer. Damit wird die Rechtssicherheit erhöht und die Schweiz untermauert ihre Weissgeldstrategie von 2009. Ein ähnliches Abkommen mit Grossbritannien soll demnächst unterzeichnet werden. Das Abkommen bedarf der Genehmigung durch die Parlamente beider Staaten und soll Anfang 2013 in Kraft treten.

Bundesgesetz geplant

Die Steuerabkommen sind zwar direkt anwendbar. Es sind jedoch für die Umsetzung und Konkretisierung einige gesetzliche Regelungen in der Schweiz notwendig, deswegen ist ein Bundesgesetz über die internationale Quellenbesteuerung (IQG) geplant. Dieses enthält Bestimmungen über die Organisation, das Verfahren, die Rechtswege und die anwendbaren Strafbestimmungen.

Mitarbeiterbeteiligungen

Neue Bestimmungen über die Besteuerung von Mitarbeiterbeteiligungen gelten ab Januar 2013. Bei der direkten Bundessteuer und den kantonalen Einkommenssteuern werden Mitarbeiteraktien und börsenkotierte Mitarbeiteroptionen, die frei verfügbar oder ausübbar sind, zum Zeitpunkt des Erwerbs besteuert. Die nicht börsenkotierten und die gesperrten Mitarbeiteroptionen werden neu zum Zeitpunkt der Ausübung besteuert. Wegen der mangelnden Verfügbarkeit gesperrter Mitarbeiteraktien wird der Verkehrswert der Aktien mit einem Diskont von jährlich sechs Prozent während maximal zehn Jahren reduziert, was sowohl für die direkte Bundessteuer als auch für die Kantone gilt. Die Besitzer von nicht börsenkotierten oder gesperrten Mitarbeiteroptionen können zwischen dem Erwerb und der Ausübung der Option in verschiedenen Ländern wohnhaft und tätig sein. Wenn der Begünstigte während eines Teils dieser Zeit in der Schweiz wohnhaft war, so kommt der Schweiz ein anteilsmässiges Besteuerungsrecht zu.

Post- und Fernmeldeverkehr

Mit der Teilrevision der Verordnung vom 31. Oktober 2001 über die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (VÜPF) will man Regelungen betreffend Überwachungsmassnahmen klarer und transparenter formulieren. Für diese ist der Dienst Überwachung Post- und Fernmeldeverkehr (ÜPF) zuständig und braucht dafür eine Genehmigung der Zwangsmassnahmengerichte. Die Überwachungsmassnahmen werden in Zusammenarbeit mit dem Fernmeldedienstanbieter (Provider) zugunsten der Strafverfolgungsbehörden durchgeführt.

Bei der Teilrevision der Verordnung über die Gebühren und Entschädigungen für die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (Gebührenverordnung) werden die Gebühren für die Strafverfolgungsbehörden und die Entschädigungen für die Provider für jede dieser Massnahmen festgelegt. Eine Erhöhung der Gebühren oder der Entschädigungen wird nicht vorgeschlagen.

Stiftungsaufsicht

Die Regelung der Stiftungsaufsicht genügt den heutigen Anforderungen nicht mehr. Deswegen müssen nach Bundesgericht die Aufsichtsbehörden bei der Beurteilung der Kapitalanlagepolitik einer Stiftung generell auch die Einhaltung der Grundsätze der Sicherheit, Rentabilität, Liquidität, Risikoverteilung und Substanzerhaltung beachten. Dieser erweiterte Prüfauftrag vom Bundesgericht führt in der Praxis zu Schwierigkeiten. Nach Ansicht des Bundesrates wird das bestehende System ohne grundlegende und kostspielige Änderungen verbessert, indem die Prüfkriterien im Gesetz präzisiert und die Berichterstattung der Stiftungsorgane gesetzlich geregelt werden. Die Stiftungsaufsicht soll auf eine reine Rechtsaufsicht eingeschränkt werden. Festhalten will der Bundesrat an der bestehenden direkten Beaufsichtigung der Stiftungen durch die Aufsichtsbehörden des Bundes und der Kantone. Es wird jedoch noch geprüft, ob man noch eine Oberaufsicht über die kantonalen Aufsichtsbehörden entweder durch eine Einheit der zentralen Bundesverwaltung oder durch eine externe Kommission einführen will. Über die Durchführung der Revision soll bis Ende des kommenden Jahres 2012 beschlossen werden.

Revision CO²-Gesetz

Bei der Revision des CO²-Gesetzes werden unter anderem folgende Änderungen vorgesehen: Die CO²-Lenkungsabgabe auf fossile Brennstoffe gilt weiterhin für Herstellung, Gewinnung und Einfuhr von Brennstoffen und zwar je Tonne ausgestossenes CO² 36 Franken. Der Bundesrat kann den Satz bis auf höchstens 120 Franken erhöhen. Die Einnahmen werden grösstenteils an Wirtschaft und Bevölkerung zurückverteilt. Zudem sollen die Kantone Gebäudestandards und Sanierungsmassnahmen veranlassen. Für neu immatrikulierte Personenwagen gilt für das Jahr 2015 ein Zielwert von 130 g CO²-Ausstoss pro Kilometer (Stand 2010: 161 g CO² / km). Das Anfang 2010 eingeführte Gebäudeprogramm wird weitergeführt und mit maximal 300 Millionen Franken pro Jahr aus Mitteln der CO²-Abgabe auf Brennstoffe finanziert. Die Importeure fossiler Treibstoffe werden verpflichtet, einen Teil der verursachten Emissionen durch ausländische Emissionszertifikate zu kompensieren.

Internationale Zusammenarbeit

Seit 2007 arbeitet die Schweiz basierend auf einer Vereinbarung eng mit dem Joint Research Centre (JRC) der Europäischen Union im italienischen Ispra zusammen. Dieses leitet im Auftrag der Europäischen Kommission und der UNO-Wirtschaftskommission für Europa (UNECE) die massgebenden Projekte zur Entwicklung von Abgasmessverfahren und zur weltweiten Harmonisierung von Abgasvorschriften auf Gesetzesstufe. In Zusammenarbeit mit der Schweiz entstanden ein intensiver Informationsaustausch und gemeinsame Projekte. Als Importland ist die Schweiz weitgehend von der europäischen Fahrzeugproduktion und ihrem Markt abhängig. Der Bundesrat gab deshalb am 30. September 2011 grünes Licht für eine Weiterführung der Zusammenarbeit mit dem Joint Research Centre bis 2014.

Im September 2011 eröffnete der Bundesrat die Vernehmlassung über die Strategie Biodiversität Schweiz, die bis zum Dezember des gleichen Jahres dauert. Mit der Strategie werden internationale Verpflichtungen berücksichtigt und Ziele formuliert, die man bis zum Jahr 2020 erreichen will. Dazu gehören zum Beispiel der Aufbau einer ökologischen Infrastruktur bestehend aus Schutz- und Vernetzungsgebieten sowie die Förderung der Biodiversität im Siedlungsraum. Dafür wird mit den betroffenen Wirtschaftsvertretern ein Aktionsplan ausgearbeitet, der auch die notwendigen Gesetzesänderungen präzisiert, die Rolle des Privatsektors festlegt und Finanzierungsmöglichkeiten zeigt. Im Jahr 2012 wird sich der Bundesrat voraussichtlich zum de­finitiven Inhalt der Strategie Biodiversität Schweiz äussern.

Berufsqualifikationen der EU

Die Schweiz übernimmt die europäische Richtlinie 2005 / 36 / EG zur Anerkennung von Berufsqualifikationen, die in den EU-Mitgliedstaaten seit 2007 gilt. Dafür wurde der Anhang III des Freizügigkeitsabkommens Schweiz ­– EU angepasst und gilt seit 1. November 2011 provisorisch. Die Praxis der Di-plomanerkennung wird vereinfacht und der Geltungsbereich auf die EU-Mitgliedsstaaten Bulgarien und Rumänien ausgedehnt. Für grenzüberschreitende Dienstleistungserbringer (Kurzaufenthalt bis 90 Tage pro Jahr) wird ein neues Meldeverfahren eingeführt. Von den Dienstleistungserbringern wird eine vorgängige Meldung verlangt. Dieses neue Meldeverfahren wird in der Schweiz gesetzlich verankert. Sobald das erfolgt ist, tritt der angepasste Anhang III definitiv in Kraft.

Porträt