Die derzeit laufende Aktienrechtsrevision wurde mit der Botschaft des Bundesrates zur Revision des Aktien- und Rechnungslegungsrechts vom 21. Dezember 2007 erstmals vor das Parlament gebracht. Aufgrund der Unzufriedenheit mit den hohen Salären für Mitglieder des Verwaltungsrates und des obersten Managements namentlich grosser börsenkotierter Gesellschaften hat Thomas Minder die Volksinitiative «gegen die Abzockerei» lanciert. Als Antwort zur Initiative folgte ein regulatorisch weniger weit gehender Gegenvorschlag als parlamentarische Initiative, über die in der Frühjahressession dieses Jahres beraten wurde und die zusammen mit Teilen der vom Bundesrat vorgeschlagenen ursprünglichen Revision in Kraft treten soll, falls die Volksinitiative abgelehnt wird. Mit anderen im Wesentlichen vom Bundesrat in seiner Botschaft vorgeschlagenen Gesetzesänderungen wird sich das Parlament unmittelbar nach der Volksabstimmung befassen. Dies allerdings mit der Ausnahme des Rechnungslegungsrechts, das vom Parlament im vergangenen Jahr verabschiedet wurde und voraussichtlich per 1. Januar 2013, vor der Abstimmung über die Minder-Initiative, in Kraft gesetzt wird.
Revisionsvorlagen
Vor allem die vom Bundesrat vorgeschlagene ursprüngliche Revision des Aktienrechts enthält Bestimmungen, die für nicht kotierte Unternehmen wichtig und deshalb zu beachten sind. Dies gilt insbesondere im Bereich der Rechnungslegung. Nach dem Revisionsvorschlag soll zudem die Generalversammlung dem Verwaltungsrat neu die Kompetenz übertragen können, das Aktienkapital innerhalb eines bestimmten Rahmens nicht nur wie bisher zu erhöhen, sondern auch herabzusetzen. Ferner werden Vorschriften zur Corporate Governance verschärft beziehungsweise geändert.
Zu den wesentlichen Änderungen in diesem Bereich zählt die Verbesserung des Auskunftsrechts der Aktionäre, insbesondere betreffend Entschädigung von Organmitgliedern, eine tiefere Beteiligungshöhe, über die Aktionäre verfügen müssen, um die Traktandierung von Verhandlungsgegenständen an Generalversammlungen sowie die Durchführung einer Sonderuntersuchung (derzeit Sonderprüfung) zu verlangen, die Möglichkeit, den VR statutarisch zu verpflichten, gewisse Beschlüsse von der Generalversammlung genehmigen zu lassen, neue Anforderungen über den Inhalt des Organisationsreglements sowie Verhaltensregeln zur Offenlegung von Interessenkonflikten von Mitgliedern des Verwaltungsrates und der Geschäftsführung. Im Weiteren sollen neu Aktionäre die Möglichkeit erhalten, gewisse unrechtmässig bezogene Leistungen nicht nur von Aktionären und Verwaltungsräten, sondern auch von Mitgliedern der Geschäftsführung an die Gesellschaft zurückzuverlangen. Auch werden neue Möglichkeiten zur Abhaltung von Generalversammlungen bei Aktiengesellschaften eingeführt.
Änderungen Rechnungslegung
Die neuen, bereits vom Parlament verabschiedeten Rechnungslegungsvorschriften sollen sich nicht mehr wie bisher an der Gesellschaftsform orientieren, sondern an der Grösse und Bedeutung der Gesellschaft. Während sich für kleine Gesellschaften die Rechnungslegung kaum ändern wird, sind grössere Gesellschaften (solche, die zwingend eine Revisionsstelle haben müssen) zu mehr Transparenz in ihrer Rechnungslegung verpflichtet, etwa indem sie zusätzlich zur Bilanz und Erfolgsrechnung eine Mittelflussrechnung sowie einen Lagebericht über die Situation der Gesellschaft erstellen müssen.
Kapitalband
Die vom Bundesrat vorgeschlagene Möglichkeit, bei Aktiengesellschaften – zusätzlich zum fixen Aktienkapital – ein Kapitalband einzuführen, bezweckt eine Flexibilisierung der Kapitalstruktur. Nach dem Gesetzesentwurf kann die Generalversammlung nämlich den Verwaltungsrat ermächtigen, das Aktienkapital innerhalb eines in den Statuten vorgegebenen Rahmens, dem Kapitalband, während einer Zeit von maximal drei Jahren um höchstens die Hälfte des bestehenden Aktienkapitals zu erhöhen und um höchstens die Hälfte herabzusetzen. Damit erübrigt es sich, zum Zwecke derartiger Kapitalveränderungen eine Generalversammlung einzuberufen, was namentlich bei Gesellschaften mit einem grossen Aktionärskreis umständlich ist. Der Verwaltungsrat kann vielmehr situativ über eine Kapitalerhöhung oder Herabsetzung im statutarisch erlaubten Rahmen entscheiden.
Das Kapitalband erleichtert die Eigenkapitalbeschaffung der Aktiengesellschaften, denn sowohl das Verfahren zur Aufnahme von Eigenkapital als auch zu dessen Rückführung an die Aktionäre wird wesentlich schneller und einfacher durchführbar. Aktionären wird damit zudem erleichtert, sich von ihrer Beteiligung zu lösen, was namentlich bei nicht kotierten Gesellschaften, bei denen Beteiligungen nicht über die Börse veräussert werden können, gegenüber dem heutigen Gesetz ein grosser Vorteil darstellt.