Mensch & Arbeit

Mitarbeiterführung I

Zwischenmenschliche Konflikte im Betriebsalltag moderieren

In Unternehmen entstehen immer wieder Konflikte zwischen Mitarbeitern, die miteinander kooperieren müssen. Diese wirken in der Regel leistungs- und motivationsmindernd. Also sollten sie rechtzeitig erkannt und professionell bearbeitet werden.
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Konflikte treten in Unternehmen vermehrt auf, wenn sich in ihnen Dinge ­verändern – sei es im zwischenmensch­lichen oder strukturellen Bereich. Das ist normal. Dessen ungeachtet schmälern sie in der Regel jedoch die Leistung. 

Deshalb sollten in jedem ­Un­ternehmen Personen existieren, die über die Kom­petenz verfügen,

  • Konflikte früh zu erkennen und auf­zugreifen sowie 
  • den Mitarbeitern ein wirksames Ins­trumentarium zu deren Bearbeitung an die Hand zu geben.

Grundhaltungen

Zuweilen können diese sogenannten Konfliktberater oder -lotsen Führungskräfte sein. Häufig können sie vorhandene Konflikte aber nicht moderieren – zum Beispiel, wenn sie selbst (emotional) in den Konflikt involviert sind. Dann sollte eine neutrale Person

  • die Konfliktparteien bezüglich geeigneter Lösungsstrategien beraten und/oder
  • mit ihnen eine Lösung aushandeln – ­sofern gewünscht. 

Diese Konfliktberater sollten mit den ­Methoden zur Deeskalation von Kon­flikten und zur Konfliktintervention vertraut sein. 

Ausserdem sind zwei Grundhaltungen wichtig:

  • Allparteilichkeit. Eine Konflikt­moderation kann nur erfolgreich sein, wenn der Konfliktberater (emotional) nicht Partei für eine Konfliktpartei und eine mögliche Lösung ergreift. 
  • Vertraulichkeit. Die Konfliktparteien sprechen nur offen über ihre Gefühle, Verletzungen und auch Bedürfnisse, wenn  sie sicher sein können, dass die Gesprächsinhalte auch im Raum bleiben werden. 

Vorgehensweise

Wie sieht die praktische Arbeit eines Konfliktberaters aus? Hierfür ein Beispiel. Angenommen, eine Führungskraft registriert, dass es zwischen zwei Mitarbeitern ihres Bereichs regelmässig zu Reibereien kommt. Sie ist jedoch unsicher, ob nur ein Interessengegensatz oder ein Konflikt vorliegt; ausserdem, ob sie und, wenn ja, wie sie hierauf reagieren soll. Dann kann sie mit einem Konfliktberater hierüber sprechen. Angenommen, die Führungskraft und der Konfliktberater kommen überein: Es existiert ein leistungsmindernder Konflikt, also sollte man inter­venieren. Dann können sie folgendes Vorgehen vereinbaren.

Schritt 1: Die Führungskraft klärt mit den Konfliktparteien das Problembewusstsein.

Das ist wichtig, denn zuweilen erwidern Mitarbeiter, wenn man sie auf Konflikte anspricht: «Wie kommen Sie darauf?» Sie negieren also den Konflikt. Deshalb sollte die Führungskraft zunächst klären, ob den Beteiligten der Konflikt bewusst ist und sie bereit sind, Zeit und Energie in seine Lösung zu investieren. 

Schritt 2: Die Führungskraft holt die ­Zustimmung für eine Konflikt­moderation ein. 

Angenommen, die Konfliktparteien be­jahen die Existenz eines Konflikts, dann kann die Führungskraft diese fragen, ob die aktuelle Situation für sie zufriedenstellend ist. Antworten sie «Nein», kann die Führungskraft eine Konfliktmode­ration durch einen neutralen Konflikt­berater oder -lotsen vorschlagen – zum Beispiel mit der Begründung: «Ich möchte, dass Sie wieder in einer posi­tiveren Atmosphäre und somit effektiver arbeiten.» Angenommen, die Konflikt­beteiligten entscheiden sich für eine Konfliktmoderation. Dann sollte sich der Konfliktberater in einem ersten Treffen den Konflikt­verlauf schildern lassen – ohne ihn zu ­bewerten. 

Anschliessend sollte er den Konflikt­parteien den möglichen Ablauf der Mo­deration erläutern. Danach kann er die «Streithähne» bitten, sich bis zum nächsten Treffen zu überlegen, welche Verhaltensweisen sie sich vom jeweils ­anderen wünschen, um besser arbeiten zu können – jedoch keine Charakter-, sondern nur Verhaltensänderungen.

Schritte einer Moderation 

Die eigentliche Konfliktmoderation kann wie folgt ablaufen.

1. Schritt: Einsteigen

Meist kommen die Mitarbeiter voller Emotionen zur Konfliktmoderation. Deshalb sollte der Konfliktberater zu Beginn einige Worte zum Thema Konflikte sagen. Zum Beispiel, Konflikte gibt es überall – nicht nur im Betrieb. Ausserdem entstehen Konflikte stets aufs Neue. Zum Beispiel, weil sich die Anforderungen ändern. Also müssen immer wieder neue Lösungen gefunden werden.

Danach sollte er den «Streithähnen» nochmals erläutern, worum es bei der Konfliktmoderation geht: um ein Lösen des Konflikts. Jedoch nicht in der Form, dass alle Emotionen und Erfahrungen der Vergangenheit bearbeitet werden. Vielmehr sollen die Arbeitsbeziehung neu ausgehandelt und das Verhalten an den Schnittstellen der Tätigkeitsfelder der beiden Mitarbeiter so geregelt werden, dass beide damit leben und ihren Job ­besser machen können.

2. Schritt: Regeln definieren

Danach sollte der Konfliktberater mit den Konfliktpartnern Regeln für die Mode­ration definieren. Zum Beispiel:

  • Beide stellen Forderungen an das Verhalten des jeweils anderen.
  • Diese werden nach dem Prinzip «Geben und Nehmen» ausgehandelt.
  • Die Absprachen werden schriftlich ­fixiert.

Vereinbart werden sollte auch, was im Raum bleibt und worüber mit Dritten ­gesprochen werden darf. 

3. Schritt: Die Aufgaben des ­Konfliktberaters klären

Der Konfliktberater sollte mit den Konfliktpartnern auch seine Aufgaben und seine Rolle klären – zum Beispiel:

  • Ich verhalte mich als Konfliktberater neutral und achte auf das Einhalten der Regeln. 
  • Ich verhindere, dass über Undisku­tierbares, also zum Beispiel die Ziele des Unternehmens, verhandelt wird.
  • Ich achte darauf, dass keine Verein­barungen zulasten Dritter getroffen werden.

4. Schritt: Themen/Forderungen sammeln

Nach dem Klären der Formalien kann der Konfliktberater die Beteiligten bitten, auf einem Formblatt folgende Aussagen zu ergänzen:

  • «Es würde mir helfen, effektiver zu ­arbeiten, wenn Sie Folgendes mehr/­anders tun würden: … »
  • «Es würde mir helfen, effektiver zu arbeiten, wenn Sie Folgendes weniger/nicht mehr tun würden: …»
  • «Bitte behalten Sie folgende Aktivi­täten bei, die mir helfen, effektiv zu ar­beiten: … » 

5. Schritt: Verständnis klären 

Die ausgefüllten Formblätter sollten kopiert oder so aufhängt werden, dass jeder sie lesen kann. Danach bittet der Konfliktberater die Konfliktpartner, die Forderungen/Wünsche des jeweils anderen mit ­eigenen Worten laut zu for­mulieren. «Sie wollen, dass ich …» Der andere soll die Aussage entweder be­stätigen oder kor­rigieren. Sofern für das Verständnis nötig, bittet der Konfliktberater um Beispiele für das gewünschte Verhalten.

6. Schritt: Forderungen priorisieren und aushandeln 

Danach können beide Konfliktparteien die Forderungen markieren, die ihnen ­besonders wichtig sind; ausserdem die Forderungen, die verhandelbar sind. Anschliessend unterbreiten sie sich wechselseitig Angebote. Zum Beispiel: «Wenn Sie mich zeitnah informieren, würde ich …» Der Konfliktberater achtet darauf, dass das Aushandeln ein Geben und ­Nehmen ist.

7. Schritt: Absprachen treffen und protokollieren 

Der Konfliktberater notiert die Absprachen. Dass beim Aushandeln der künf­tigen Arbeitsbeziehung auch mal die Emotionen hochkochen, ist normal. Das sollte der Konfliktberater zulassen, damit der Druck aus dem Kessel weicht. Dabei muss er jedoch Fingerspitzengefühl zeigen, um zu verhindern, dass sich beim ­Gegenüber Druck aufbaut. Nach ­einiger Zeit kann er zum Beispiel ruhig ­sagen, dass der Gefühlsausbruch zeigt, wie viel Emotionen im Spiel sind und dass solche Verletzungen sicher auf beiden Seiten existieren. Danach sollte er vorschlagen: «Lassen Sie uns wieder zu den Verhaltensweisen zurückkehren, die Sie sich wünschen.»

8. Schritt: Abschliessen und Folgetermin vereinbaren

Die bei Konfliktmoderationen getrof­fenen Vereinbarungen erscheinen Aus­senstehenden oft als Kleinigkeiten oder Selbstverständlichkeiten. Für die Beteiligten sind sie jedoch wichtig, weil ­daran Emotionen hängen. Vereinbart werden sollte auch, was geschieht, wenn Absprachen nicht eingehalten werden. Das müssen keine Sanktionen sein. Die Vereinbarung kann auch lauten: «Dann sprechen wir uns künftig darauf an.» Vereinbaren sollte der Konfliktberater mit den Konfliktparteien auch einen Folgetermin, um zu überprüfen, ob die Absprachen ein­gehalten wurden und eventuell neue Konfliktpunkte entstanden sind.

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