Mensch & Arbeit

Zeitmanagement

Zeitkillern und Stress gegensteuern

Der wachsende Druck und die zunehmenden Ablenkungen am Arbeitsplatz, vor allem durch digitale Unterbrechungen, sind eine gefährliche Mischung. Denn die führt zu Stress, der auf Dauer wiederum Krankheiten auslöst. Unternehmen verlieren auf diese Weise nicht nur gute Mitarbeitende, es entstehen auch hohe Kosten.
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Nun könnte man meinen: Schicksal, das ist halt einfach so. Aber der verlorenen Zeit steht ja ein zunehmender Druck vom Markt gegenüber. Irgendwann und irgendwie muss die Arbeit eben doch bewältigt werden. Und das gibt Stress.

Der Effekt der Neandertaler

Jetzt passiert etwas Interessantes. Denn unter Stress werden im Körper Reaktionen hervorgerufen, die uns bereitmachen, zu kämpfen oder zu fliehen: Der Körper stellt dann möglichst viel Energie und Sauerstoff zur Flucht oder zum Kampf zur Verfügung. Zu Zeiten, als die Menschen noch als Jäger und Sammler unterwegs waren, war diese Reaktion überlebensnotwendig. Da wir aber heute meistens weder möglichst schnell da­vonrennen noch mit Gegnern kämpfen müssen, wird die bereitgestellte Energie meist nicht verbraucht. Dies kann langfristig zu gesundheitlichen Problemen führen.

Heimtückischer Burnout

Durch andauernden Stress ausgelöste Erkrankungen gehören heute zu den weltweit schwerwiegendsten. Burnout – das «Ausgebranntsein» oder «Erschöpftsein» – ist eine davon und betrifft in seinen unterschiedlichen Erscheinungsformen bis zu 20 Prozent der Bevölkerung. Die daraus entstehenden Kosten sind enorm. Sie erreichen Milliardenhöhe. Das Burnout-Syndrom kann als Sonderform oder Vorstufe der Stressdepression bezeichnet werden. Der ursprüngliche Begriff beschreibt eine Erschöpfungsdepression, die aus beruflicher Dauerbelastung entsteht. Frauen sind hier häufig zusätzlich den Belastungen aus Haushalt und Familie ausgesetzt. Das Burnout ist gekennzeichnet durch Energieverlust, reduzierte Leistungsfähigkeit, Gleichgültigkeit, Zynismus und Unlust bei vorhergehendem, oft langjährigem, sehr hohem Engagement und überdurchschnittlichen Leistungen. Oft genügt bei der langjährigen Anhäufung von Stress ein nur noch relativ geringer Auslöser, um die Erkrankung zum Ausbruch zu bringen.

Online-Tsunami

Alle Schreckensszenarien von Stress und Burnout sollten aber natürlich gar nicht erst eintreten. Also gehen wir einigen regelmässigen Plagegeistern am Arbeitsplatz auf den Grund. Die überaus be­deutendsten sind E-Mails, Öffnen und Schliessen von Online- Fenstern, Infoaustausch via Social Media, Instant Messaging und Web-Recherchieren. Die Hälfte aller Beschäftigten bringt es laut Untersuchungen in den USA nicht mehr fertig, mehr als eine Viertelstunde ohne digitale Unterbrechungen zu arbeiten, bei 53 Prozent beläuft sich das täglich auf eine Stunde und mehr. Wieso neigen wir denn überhaupt zu solch chaotischem und unstrukturiertem Arbeiten?

Wieder folgt die Erklärung aus der Zeit der Neandertaler. Bis heute beobachten Mediziner und Arbeitsphysiologen, dass wir auf alles, was sich bewegt, aufmerksam werden – die Fachwelt spricht von Orientierungsreaktion. Vor 5000 Jahren mag wohl noch ein Höhlenbär diese Beachtung verdient haben. Heute aber sind diese Gefahren gebannt.

Aus der Angst vor dem Höhlenbär resultieren zwei arge Probleme. Wo die Konzentration abhanden kommt, sinken Produktivität und Qualität in den Keller. Zweitens wächst auch so gerade die Versuchung, Ablenkungen dafür verantwortlich zu machen und ungeliebte Arbeiten auf die To-do-Liste zu setzen. Und die Gewalt der digitalen Störenfriede nimmt rasant zu. Zukunftsforscher rechnen bis in 15 Jahren mit einer Verfünffachung der Info-Flut, ein wahrer Online-Tsunami.

Die Gegenmassnahmen

Was hilft gegen diese Zeitkiller?

Überblick schaffen

Analysieren des Zeitverbrauchs, 15 Minuten täglich fürs Planen des Tagesablaufs, Arbeiten mit exakten Zeitvorgaben, Reserven schaffen mit Pufferzeiten und gezieltes Einhalten des Zeitplans.

Prioritäten setzen

Wer überlegt, welche Aufgaben am wichtigsten sind, verplempert keine unnütze Zeit.

Leistungshochs nutzen

Jeder Mensch hat seinen Biorhythmus und weist Tageszeiten auf, an denen er am leistungsfähigsten ist. Gerade dann sollten tödliche Ablenkungen eliminiert werden und eine Konzentration auf die heikelsten Aufgaben stattfinden.

Regeln aufstellen

Wie sind die oben genannten Massnahmen zu schaffen? Das Problem sitzt nämlich tief, sonst wären ja nicht 1,3 Millionen Menschen in unserm Land von einem Burnout bedroht. Also ist es sinnvoll, ein paar «Bauernregeln» aufzustellen. Nicht zu viele, denn der Weg zur Hölle ist mit guten Vorsätzen gepflastert. Als Wegweiser findet man in der Literatur etwa:

  • Sauberer Tisch schafft klaren Kopf: Wer strukturell arbeitet und gar nicht erst damit beginnt, unliebsame Projekte auf die lange Bank zu schieben und einen Pendenzenstapel aufzubauen, hat die Nase vorn. Der Schreibtisch ist kein Archiv für Akten und Dutzende von Notizen. Je aktueller eine Information ist und je häufiger man Unterlagen benötigt, desto mehr gehören sie in Griffnähe.
  • Sofort erledigen, Blockaden killen: Oft erweisen sich verhasste Arbeiten als gar nicht so schlimm. Klares Anpacken, schnelles Erledigen ist besser als lamentieren und sich selber blockieren.
  • Entscheiden statt vertrödeln: Wer Stapel in die Höhe wachsen lässt, ist ein Zauderer. Er prüft grausam lang diverse Varianten – «A oder B? Archivieren oder wegschmeissen?», heisst es Tag für Tag. Erledigt ist nichts, selbst Kleinkram bleibt liegen. Mutige Entscheide sind gefragt. Nur das schafft Mehrwert und öffnet neue Perspektiven.
  • Bahn frei zu neuen Ufern: KMU-Chefs müssen allerdings in einer schnelllebigen Zeit bestehen. Sie sind als ruhender Pol gefragt, als stabilisierender Faktor, der die Firma zusammenhält, die Mitarbeitenden motiviert und führt. KMU-Chefs müssen die Zukunft sichern, sie müssen das Leben im Betrieb entschleunigen. Das wiederum ist leichter geschrieben als getan. Denn ein KMU-Chef, der eben nicht punktuell, momentbezogen, kurzfristig agiert, sondern integrierend, fördernd und nachhaltig wirken soll, muss gewaltig die Ärmel hochkrempeln. Echte traditionelle unternehmerische Werte zu verkörpern, ist in einer unsteten Zeit besonders schwierig, aber umso mehr matchentscheidend.

Fazit

Fassen wir die unternehmerischen Herausforderungen zusammen:

Sicher informieren

Eine gut definierte Strategie aufgrund sorgfältig erarbeiteter Grundlagen und Informationen ist das A und O. Neben betrieblichen Faktoren spielen naturgemäss zahlreiche externe Faktoren (Markt, Konjunktur, regulatorisches Umfeld usw.) eine entscheidende Rolle.

Sicher navigieren

Die gesetzten Ziele gilt es nun mit den richtigen Massnahmen auf allen Ebenen umzusetzen. Die Massnahmen sind auf ihre Effizienz und Wirtschaftlichkeit hin regelmässig zu hinterfragen. Ein gründliches Controlling gibt Rechenschaft über den Aufwand und den Nutzen sowie über die Kosten und den Ertrag. Es ist gleichzeitig das geeignete Frühwarnsystem, um rechtzeitig Gegensteuer zu geben, wenn das Schiff in Schieflage zu geraten droht.

Sicher kommunizieren

Sicher navigiert, wer sicher kommuniziert. Kennen die Mitarbeitenden den Kurs des Schiffes, werden sie motiviert ans Werk gehen, Verständnis für teilweise harte Massnahmen zeigen und Eigeninitiative entfalten beim Anvisieren der gesteckten Ziele. Gleiche Sorgfalt gilt für die externe Kommunikation.

Sicher finanzieren

Ein KMU steht dann auf sicheren Beinen, wenn es den Gewinn nachhaltig festigen kann. Das bedeutet kompromisslose Finanz- und Liquiditätsplanung sowie Reserven bilden. Ein sorgfältiger Umgang mit den finanziellen Ressourcen ist die Grundlage, das Unternehmen schlank zu halten sowie innovativ zu wirken und die Effizienz der Prozesse zu steigern.

Sicher optimieren

Die Abläufe im Unternehmen detailliert zu kennen und stets weiter zu opti­mieren, ist überlebenswichtig. Es ist ein per­ma­nenter Prozess – er umfasst insbeson­dere Prozessschritte, Verkaufsaktivitäten, Mitarbeiterführung und Suche nach strategischen Kooperationen.

Sicher führen

Ein innovatives, kreatives Klima ist Ausdruck einer Unternehmensführung, die klare Ziele setzt, die Mitarbeitenden zu motivieren weiss, die Risiken im Griff hat und entscheidungsfreudig vorangeht. In diesem Umfeld fühlt sich der geborene KMU-Chef wohl. Er weiss gleichzeitig um seine hohe Verantwortung seinen Mitarbeitenden, Kunden und Lieferanten gegenüber. Der erfolgreiche KMU-Chef ist in der Regel ein bescheidener Mensch.

Es lohnt sich, Zeitkiller und Nervtöter in die Schranken zu weisen. Sicherheit ist das Ziel in dieser unsteten Welt. Sie beginnt mit der inneren Ruhe, der eigenen Stabilität der KMU-Chefs.