In aller Regel fürchten Führungskräfte Machtspiele in ihrem Verantwortungsbereich. Es gibt aber einen Weg, konstruktiv mit Machtspielen umzugehen und sie für die Weiterentwicklung des Unternehmens, der Abteilung und des Teams zu nutzen. Dazu bedarf es der Souveränität einer Führungspersönlichkeit, die verhindern möchte, dass die Situation eskaliert und die Arbeitsproduktivität in Mitleidenschaft gezogen wird. Ein souveräner Umgang besteht darin, lenkend und steuernd einzugreifen.
Spielerisch und destruktiv
Der Name sagt es schon – Machtspiele haben auch etwas Spielerisches, ja fast Vergnügliches an sich. Und zuweilen wird bewundernd auf denjenigen geblickt, der es versteht, das Machtspiel für sich zu entscheiden. Die meisten Machtspiele verfügen aber zugleich über eine dunkle, unheimliche sowie destruktive Seite. Das hat vor allem damit zu tun, dass es den Machtspielern selten um die Sache geht: Sie benutzen oder missbrauchen vielmehr Sache, Gegenstand oder Inhalt, um Machtpositionen zu verteidigen, anzufechten oder zu erringen. Die Fairness bleibt auf der Strecke – und so gehören die Intrige und das gezielte Streuen von Gerüchten ebenso zum Instrumentarium des Machtspielers wie die Verleumdung oder die Machtdemonstration.
Natürlich könnten die Verantwortlichen Machtspiele schlichtweg verbieten oder untersagen. Und beim Mobbing etwa ist dies auch richtig so. Ansonsten jedoch zeugt ein Verbot von Naivität. Denn in wohl jedem Unternehmen, in jeder Abteilung laufen Machtspiele in verschiedenen Ausprägungsgraden ab. Es wäre unrealistisch und unsinnig, ein generelles Verbot auszusprechen. Hinzukommt: Zuweilen sind Machtspiele notwendig. Mitarbeiter klären einen offenen Konflikt, Führungskräfte nutzen sie, um in ihrem Verantwortungsbereich eine Hierarchie zu etablieren. Macht ist nicht von vornherein etwas Negatives – sie muss ausgeübt sowie ab und zu deutlich demonstriert werden. Wer sich im Machtspiel behauptet, beweist Durchsetzungsstärke – ein Kriterium, das bei der Beurteilung, ob ein Mitarbeiter für eine Führungsposition geeignet ist, eine Rolle spielt.
Machtspiele identifizieren
Machtspiele unter gleichgestellten Kollegen laufen häufig verdeckt ab. Je subtiler der Machtspieler vorgeht, desto schwieriger ist es für die Führungspersönlichkeit, das Machtspiel als solches zu erkennen. Trotzdem gibt es Symptome, mit deren Hilfe sich die Situation einschätzen lässt: Einzelne Mitarbeiter bilden offenkundig Fraktionen und Gruppen, die nur miteinander kommunizieren, wenn es anders nicht geht. Oder: Es werden Gerüchte kolportiert, Sticheleien und kleine verbale Angriffe sind an der Tagesordnung – bis hin zu Intrigen: «Haben Sie gehört, der Meyer hat schon wieder ...»
Die Machtspielgefahr droht ebenfalls, wenn in Teamsitzungen die Atmosphäre angespannt oder sogar feindselig ist. Jeder schiebt die Schuld auf andere, niemand ist bereit, Verantwortung zu übernehmen. Informationen werden nicht oder verspätet weitergeleitet. Die Politik der Desinformation ist eine der «Waffen», die Machtspieler bevorzugt nutzen, um dem Kontrahenten zu schaden.
Hintergründe analysieren
Entscheidend ist es, zunächst einmal die Hintergründe des Machtspiels aufzudecken. Je weiter das Machtspiel vorangeschritten ist, desto schwieriger wird es, die Entstehungsgeschichte nachzuvollziehen und festzuhalten, zu welchem Zeitpunkt die Beteiligten das Machtspiel in Gang gesetzt haben. Die Beantwortung der folgenden Fragen hilft weiter:
- Kann der Auslöser des Machtspiels benannt werden?
- Welche Faktoren haben dazu beigetragen, dass es entstehen konnte?
- Falls bekannt ist, wer am Machtspiel beteiligt ist: Auf welche Weise sind diese Mitarbeiter beteiligt? Wer hat Vor-, wer Nachteile? Wer nimmt Einfluss auf das Machtspiel – sowohl bewusst und aktiv als auch unbewusst und passiv?
- Haben sich mittlerweile Gruppen gebildet? Welche konkrete Rolle spielen sie?