Mensch & Arbeit

Arbeitssicherheit

Wie Bürounfälle vermieden werden können

Die Statistik spricht eine deutliche Sprache: Mehr als jeder zweite Berufsunfall findet im Dienstleistungssektor statt. Das hat für Unternehmen oft weitreichende und kostspielige Folgen. Die Eidgenössische Koordinationskommission für Arbeitssicherheit EKAS hat daher eine Tool-Box zur Prävention von Bürounfällen entwickelt.
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Das Büro – eine unfallfreie Zone? Dem ist leider nicht so. Die Statistik zeigt, dass über 50 Prozent aller Berufsunfälle im Dienstleistungssektor stattfinden. Die Gefahrenquellen lauern an verschiedenen Orten. So können lose Kabel, Teppichohren, offene Schubladen und Schranktüren, glatte oder nasse Flächen oder der unachtsam abgestellte Aktenkoffer zu tückischen Stolperfallen werden. So entfallen dann auch rund ein Drittel aller Unfälle auf Stolper- und Sturzunfälle. Auch Fluchtwege oder Notausgänge müssen stets unbehindert begehbar sein – sie können sonst unter Umständen zu tödlichen Fallen werden. Am Arbeitsplatz selber kommen zudem Beschwerden hinzu, die spezifisch mit der sitzenden Tätigkeit zu tun haben, so etwa Rückenbeschwerden, Verspannungen sowie Sehnen- und Muskelleiden. Und auch fehlerhafte Bildschirm­einstellungen können zu vorzeitiger Ermüdung der Augen und auch längerfristigen Augenschäden führen.

Allein wegen Muskel-Skelett-Schmerzen gehen Jahr für Jahr in der Schweiz rund 1,6 Millionen Arbeitstage verloren. Dies wiegt besonders für KMU schwer, denn vielfach bleibt die Arbeit liegen, es muss ein Ersatz eingestellt oder Überzeit durch andere Mitarbeitende geleistet werden. Im Schnitt kostet ein Ausfalltag den Arbeitgeber 600 Franken. In der Schweiz ist der Arbeitgeber vom Gesetz her verpflichtet, die Verantwortung für Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz zu übernehmen. Die Verantwortung dieser gesetzlich vorgeschriebenen Führungsaufgabe kann jedoch nur da auch wirklich wahrgenommen werden, wo klare Weisungen und damit verbundene Kompetenzen des Arbeitgebers vorliegen. Kompetenzen können sich die Arbeitgeber durch Unterstützung der Eidgenössischen Koordinationskommission für Arbeitssicherheit EKAS und der EKAS-Box erwerben.

Virtuelle Hilfe

Die Aktion «Prävention im Büro» der Eidgenössischen Koordinationskommission für Arbeitssicherheit EKAS macht auf die oft unterschätzten Risiken in Unternehmen des Dienstleistungssektors mit Büroarbeitsplätzen aufmerksam. Dazu lädt die EKAS-Box (www.ekas-box.ch), das Präventionsinstrument der EKAS, den Besucher und die Besucherin auf einen virtuellen Rundgang durch verschiedene Bürosituationen ein und bietet Führungskräften und Mitarbeitenden auf unterhaltsame Weise praktische Tipps. Mit den Themen «Ergonomisches Arbeiten», «Unfallverhütung», «Büroeinrichtung» und «Büroplanung» wurde die EKAS-Box im Jahr 2012 erfolgreich lanciert und dieses Jahr um weitere Kapitel ergänzt.

Ein neues Kapitel zum Gebäudeunterhalt stellt Informationen zur Verfügung, wie bei Türen, Treppen, Böden, Fluchtwegen sowie der Reinigung für mehr Sicherheit im Bürogebäude gesorgt werden kann. Ein Exkurs zu «Stolpern und Stürzen» ergänzt das Kapitel und macht auf Stolperfallen im Büro wie achtlos hingestellte Arbeitsmappen und Papierkörbe oder herumliegende Laptopkabel aufmerksam. Auch Muskel- und Gelenkschmerzen führen häufig zu Arbeitsausfällen. Der Exkurs zu «Ergonomischen Hilfsmitteln» bietet praktische Tipps, wie man beispielsweise mit einer Handballenauflage die Gelenke schonen oder mit einer Dokumentenauflage den Nacken entlasten kann, indem man sie zwischen Bildschirm und Tastatur positioniert. So hat man Tastatur, Vorlage und Bildschirm in einer Blickrichtung. Dem Nacken bleibt ein ständiges Drehen und Nicken, was zu Verspannungen führen kann, erspart.

Zwei weitere neue Kapitel «Arbeitsorganisation» und «Selbstmanagement» befassen sich hauptsächlich mit Stress, einem Thema, das immer mehr Dienstleistungsbetrieben Sorgen bereitet. Laut einer Seco-Studie von 2010 ist belegt, dass in der Schweiz Stress jährliche Kosten von 4,2 Milliarden Franken verursacht. Das Verhalten von Führungskräften hat gros­sen Einfluss auf die Produktivität, aber auch auf das Arbeitsklima im Büro und somit auch auf die Gesundheit der Mitarbeitenden. Das Kapitel Arbeitsorganisation gibt Anregungen und Tipps, wie sich Druck- und Stresssituationen sowie gesundheitliche Beschwerden möglichst vermeiden lassen und welche Rolle dabei Führungskräfte übernehmen können. Doch genauso können die Mitarbeitenden ihren Beitrag leisten. Das Kapitel zur Selbst­organisation zeigt, wie wichtig die Abwechslung während der Arbeit ist. Der Wechsel zwischen Routine- und Denkarbeit hält die Konzentration hoch und wirkt weniger ermüdend. Daneben ist genügend Bewegung hilfreich, Anspannung vorzubeugen – sei es beispielsweise im Stehen zu telefonieren oder über Mittag ein paar Schritte im Freien zu gehen.

Über 40 000 Besucherinnen und Besucher holten sich seit der Lancierung 2012 praktische Informationen auf dem virtuellen Bürorundgang. Prävention online vermitteln, das hat auch Peter Imgrüth, Verantwortlicher Environment, Health and Safety der Dow Chemical Company, dazu bewogen, die EKAS-Box als Prä­ventionsinstrument einzusetzen: «Die EKAS-Box ist ein leicht verständliches Hilfsmittel. Die einfache, informative und mehrsprachige Nutzung übers Internet ist sehr benutzerfreundlich und zielorientiert.» Und auch in anderen KMU, Grossunternehmen und der öffentlichen Verwaltung wird die EKAS-Box den Mitarbeitenden als Präventionsinstrument zur Verfügung gestellt oder für interne Schulungen verwendet. «Wir haben die EKAS-Box als Präventionsinstrument ausgewählt, um unsere Informationskampagne, ‹Ergonomie am Informatik-Arbeitsplatz› zu stützen. Die EKAS-Box behandelt das Thema klar. Überzeugt hat uns die Interaktivität dieses Instruments. So erhält jede Mitarbeiterin und jeder Mitarbeiter auf unterhaltsame Weise Zugang zu den Tipps und Informationen», erklärt Michèle Hensler-Peseux, Ergonomin in der Personalabteilung der Stadt Genf. Und die EKAS-Box findet auch international Anerkennung: Die Jury der International Social Security Association ISSA verlieh der EKAS am Regionalforum für soziale Sicherheit für Europa 2013 ein «Certificate of Merit» für die EKAS-Box, eine Auszeichnung für gute Praxis.«

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