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Wie Attraktivität und Fitness den Erfolg fördern

Attraktivität, körperliche Leistungsfähigkeit und Dynamik belohnen unsere Gesellschaft durch ein äusserst positives Feedback. Das Motto «Erfolg macht sexy» lässt sich angesichts dieser Entwicklungen auch umkehren: «Sexy sein sorgt für Erfolg» – bei Frauen wie bei Männern. Aber nicht jeder ist ein geborener Adonis. Was also tun?
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Ob Führungskräfte mit «Schwimmreifen» in der Bauchregion schlechtere Macher sind, ist nicht belegt. Doch vom Image her sind sie einfach megaout. Das Anforderungsprofil für die Wirtschaftsbosse jedenfalls hat sich in den letzten Jahren verändert. So zeigen sich die CEO der Credit Suisse gerne top-athletisch und drahtig, wie eine Untersuchung der Hochschule St. Gallen jüngst belegte.

Attraktivität als Bonus

Immer häufiger werden Spitzenmanager in den Print-Medien abgelichtet, und im Fernsehen müssen sie mit ausgefeilter Rhetorik Rede und Antwort stehen beziehungsweise eine gute Figur machen. Und das nicht nur im übertragenen Sinne. Betroffen sind nicht nur die Stars unter den Managern wie Brady Dougan (Credit Suisse) & Co. In der heutigen Mediengesellschaft ist die Notwendigkeit, das eigene Unternehmen öffentlichkeitswirksam zu vertreten, allgegenwärtig. Telegenität ist daher ein Bonus, der immer bedeutsamer wird, auch für die Karriere. In der Politik sind schon längst Köpfe (und damit Aussehen) wichtiger als Programme. Diese Tendenz gibt es auch im Management. Besonders für die jungen Führungskräfte ist es daher längst nicht mehr egal, ob sie dick oder dünn sind, bestätigt auch Waltraud Posch, Autorin des Buches «Körper machen Leute».

Wer gut aussieht, kriegt den besseren Job, die steilere Karriere, die tollere Frau. Studien belegen dies: So werden körperlich attraktive Menschen hinsichtlich ihrer Persönlichkeitseigenschaften positiver beurteilt. Sie gelten als erheblich freundlicher, aufgeschlossener und glücklicher als die weniger attraktiven. Und: Schöne Menschen werden auch besser behandelt, wie das die Psychologin Irene Frieze nachweist. Zum Beispiel die Höhe des Gehalts: Die Übergewichtigen verdienen trotz gleicher Qualifikation und Stellung weniger als ihre schlanken Kollegen.

Der Weg zur Selbstentwicklung

Doch wer denkt, auf den Zug aufzuspringen und den bisherigen so unachtsamen Lebensstil gegen einen gesundheitsbewussten und dynamischen circadianen Rhythmus zu tauschen, steht meist vor kaum überwindbaren Herausforderungen. Die Selbstentwicklung funktioniert nicht von heute auf morgen. Auch wenn man ein attraktives Ziel vor Augen hat, hilft diese Vision nur bedingt weiter. Wer sein Verhalten ändern möchte, muss vielmehr Geduld beweisen und lernen, auch mit Hindernissen umzugehen. Wie aber sieht der realistische Weg zur Selbstentwicklung aus? Zunächst muss ein erfolgsversprechender Aufforderungscharakter gefunden werden. Den bietet oft auch das berufliche Umfeld, denn moderne Unternehmen, mit den heute üblichen schlanken Personalstrukturen, können es sich nicht mehr leisten, Führungskräfte und Mitarbeiter mit einer eingeschränkten Leistungsfähigkeit zu beschäftigen oder hohe krankheitsbedingte Fehlzeiten aufzuweisen. Die Gesundheitsprävention ist dort eine strategische Personalaufgabe. Schliesslich sind die Mitarbeitenden ein wichtiger Faktor, um im Wettbewerb die Nase vorn zu haben. Und gesunde Mitarbeitende sind nun mal die besseren Mitarbeiter.

Wenn also die Geschäftsführung eines Unternehmens die Ziele und Massnahmen des Gesundheitsmanagements unterstützt, mitträgt und Programme etabliert, die Gesundheit, gutes Körpergefühl und ansprechendes Aussehen fördern können, spätestens dann gilt es, sich zu sensibilisieren und den Veränderungsprozess zu beginnen; es wird persönlich.

Veränderung ist harte Arbeit. Das ist den meisten nicht klar, wenn sie beschliessen: «So kann es nicht weitergehen!» Stattdessen machen sie sich falsche Hoffnungen. Sie überschätzen das Ausmass der möglichen Veränderung, sie unterschätzen die Zeit, die es dauert, bevor Bewegung in die Sache kommt, und sie sind überzeugt, dass sie allein mit Willenskraft erreichen, was sie wollen.

Das Transtheoretische Modell

Einschlägige Studien aus den USA zeigen, warum das so ist. Sie werfen ein neues Licht auf den Verlauf individueller Veränderungsprozesse. Aus einer ganzen Reihe wissenschaftlicher Untersuchungen entwickelten die amerikanischen Psychologen James Prochaska, John Norcross und Carlo DiClemente das Transtheoretische Modell. Mittlerweile stellt dieser Ansatz die wichtigste gesundheitspsychologische These zur Veränderung des Lebensstils dar. Die Wissenschaftler wiesen darauf hin, dass zwischen dem Treffen eines Änderungsvorsatzes und der dauerhaften Umsetzung oft Welten liegen. Ihre Forschungen zeigten, dass 25 Prozent der Veränderungswilligen, die sich vornehmen, täglich joggen zu gehen, bereits innerhalb der zweiten Woche nach Fassung ihres Vorsatzes das Sporttreiben wieder aufgeben.

Aber auch bei vermeintlich einfacher umzusetzenden Vorsätzen, wie den eigenen Schreibtisch aufzuräumen, gut vorbe­reitet in Meetings zu gehen usw., stellt sich nach ersten Anfangserfolgen schnell «Ernüchterung» ein. Viele unterschätzen, wie schwierig es sein wird, ihr Ziel zu erreichen, das eigene Veränderungspotenzial hingegen wird überschätzt. Dabei ist das Bemühen zur Selbstveränderung in der Anfangsphase sogar teilweise erfolgreich. Dieser partielle Initialerfolg verleitet jedoch oft dazu, das Mass an Energie und Disziplin zu unterschätzen, das notwendig ist, um nachhaltig erfolgreich zu sein. Das Scheitern liegt also nicht an mangelnder Motivation. Ursache Nummer eins dafür sind vielmehr zu hoch gesteckte Ziele. Mit anderen Worten: Veränderungswillige unterliegen dem soge­nannten «false hope syndrome».

Das Entwickeln von falschen Vorstellungen, wie das nun veränderte Leben sich darstellen wird, ist nach Aussagen des Psychologen Herman der Hauptgrund, weshalb gute Vorsätze scheitern. Nicht umsonst sagt auch der Volksmund: «Der Vorsatz ist ein Gaul, der häufig gesattelt, aber selten geritten wird.»

Die Grundzüge solcher Handlungsweisen stammen wohl noch aus geraumer Vorzeit, wie jüngst die Neurowissenschaftler der Harvard University publizierten. Mit den Nomaden von vor 40 000 Jahren haben wir nämlich nicht nur unseren Stoffwechsel gemein, sondern auch die Psyche. Demnach werden wir Menschen sehr viel stärker vom «Reptiliengehirn», dem limbischen System, und weniger von dem «vernünftigen» Neokortex gesteuert.

Noch wichtiger ist aber, dass unserem Körper, Gehirn und Verhalten die Tendenz zu eigen ist, innerhalb bestimmter enger Grenzen gleich bleiben und in diesen Bereich zurückkehren zu wollen, sobald Veränderungen stattfinden. Und das ist auch gut so. Stellen Sie sich vor, Ihre Körpertemperatur würde sich um zehn Prozent nach oben oder unten verändern – Sie wären sofort in Schwierigkeiten.

Dieser innere Widerstand gegenüber Veränderungen wird Homöostase genannt, das Ziel ist der Zustand der Ausgeglichenheit. Angenommen, wir haben uns in den letzten 20 Jahren wenig bewegt und wollen nun aktiv werden. Mit viel Tatendrang beginnen wir zu laufen. Plötzlich stellen wir fest, wie unser Organismus aussendet. Starke Veränderungen in Atmung, Herzfrequenz, Stoffwechsel machen das deutlich. Zu bedenken ist, dass die Homöostase keinen Unterschied zwischen dem, was wir eine Veränderung zum Guten nennen, und einer Veränderung zum Schlechten, macht. Die Homöostase widersetzt sich jeder Veränderung. Nach 20 Jahren ohne Bewegung hält unser Körper ein Leben im Sitzen für normal.

Lernbare Verhaltensweisen

Obwohl es nicht einfach ist, eine dauerhafte Verhaltensänderung zu erzielen, schaffen es Menschen doch immer wieder, erfolgreich «dran zu bleiben». Das auf der Basis empirischer Studien etablierte Transtheoretische Modell macht deutlich, dass bei einem Veränderungsprozess eine Abfolge von Stufen betrachtet werden sollte:

  • Die Stufe eins stellt das «Verleugnen» dar. Hier streiten die Menschen noch ab, dass sie überhaupt etwas ändern sollten. Nach aussen hin behaupten sie, es sei alles okay.
  • Dieses ändert sich in der Stufe zwei, dem «Bewusstwerden». Der Veränderungswillige ist nun bereit, konkrete Schritte zu unternehmen – es gilt ein positives inneres Bild aufzubauen. Hier dämmert es ihm langsam, dass er etwas ändern möchte. Er stellt fest: «Die anderen Kollegen sind aktiver geworden, fühlen sich besser und strahlen das aus.» Nun möchte er dazugehören.
  • Die dritte Phase ist das «Vorbereiten». Es gilt das neue Vorhaben zu planen. Gleichzeitig ist zu prüfen, ob es realistisch und tatsächlich zu erreichen ist.
  • Die vierte Phase wird durch das «Handeln» bestimmt. Es führt nun kein Weg mehr an der Aktion vorbei. Ein typisches Phänomen dieser Phase ist es, sich nach ersten Erfolgen euphorisch zu fühlen. Endlich sind die ersten Schritte gelungen.
  • Nun folgt mit Phase fünf das «Durchhalten». Hier trennt sich nun die Spreu vom Weizen. Der Alltag macht sich oft schon bald bemerkbar. Der Änderungswillige ahnt: Langfristig am Ball zu bleiben, ist doch schwieriger als gedacht. Nun ist es wichtig, auch Rückschläge einzuplanen, diese nicht als
    Katastrophe zu werten, sondern als verzeihlich und zum Prozess dazugehörig zu betrachten.
  • Phase sechs bildet den «Abschluss». Wer beispielsweise abnehmen wollte, um besser auszusehen, spürt jetzt die wohltuende Wirkung des Trainings – durch bewundernde Blicke und Komplimente seines sozialen Umfeldes.

Wer sein Bewegungs- und Ernährungsverhalten ändern will, sollte dies in kleinen Schritten in Angriff nehmen, damit sich die Homöostaten neu einstellen können. Man sollte aber weiterhin mit Widerständen rechnen – auch von aussen, etwa von Familienangehörigen, Freunden, Kollegen. Denn, wenn ein Teil eines Systems (Sie) sich ändert, sollte sich auch das System (die anderen) ändern. Es empfiehlt sich daher, sich ein unterstützendes System von Menschen aufzubauen, die Mut machen und motivierend unterstützen.

Realistische Ziele setzen

Generell gilt es für Änderungen des Verhaltens, sich realistische und damit erreichbare Ziele zu setzen, die konkret beschrieben werden, wie: «Jeden Montag und jeden Freitag gehe ich 20 Minuten joggen.» Man sollte sich der Vorteile des neuen Lebensstils bewusst sein, weniger möglicher Nachteile. Also: «Wenn ich fitter bin, bin ich für viele Menschen attraktiver», statt «Wenn ich abnehmen will, kann ich nicht mehr mit meinen Freunden essen gehen.»

Am besten werden kurz-, mittel- und langfristige Teilziele formuliert. Dann hat man häufiger Grund, sich selbst zu loben, wenn Ziele erreicht werden. Und das erleichtert es, dran zu bleiben und das Üben zu verstetigen. Hilfreich ist es, sich sein Ziel innerlich und bildhaft vorzustellen. Das spornt an. Ganz entscheidend ist es, einen Weg zu wählen, der dem eigenen Naturell und den eigenen Vorlieben entspricht. Und natürlich gilt es zu lernen, Widerstände zu überwinden und auch bei Rückschlägen durchzuhalten.Meist sind nach etwa einem halben Jahr wichtige Hürden genommen. Dennoch besteht in diesem Stadium die Gefahr, in das alte Verhalten zurückzufallen. Doch mit Zuversicht und Unterstützung, beispielsweise durch einen Personal Coach oder Freunde gehen die neuen Verhaltensweisen mehr und mehr in Fleisch und Blut über. Und es gibt dann auch nicht mehr die Versuchung, das alte Verhalten wieder aufzunehmen. Es entsteht ein neues Ich.

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