Mensch & Arbeit

Kommunikation

Wege zum routinierten Smalltalker

Egal ob auf Messen, Vorträgen oder im Fahrstuhl: Die Begegnung mit anderen Menschen lässt sich nicht vermeiden. Doch leider bleiben viel zu viele gerne unter sich. Entweder unterhalten sie sich mit Personen, die sie bereits kennen – oder «verstecken» sich gar mit ihrem Smartphone in der Anonymität. Vertane Chancen.
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Smalltalk hat zu Unrecht keinen guten Ruf. Viele halten Smalltalk für ein oberflächliches Geplauder oder gar sinnloses Geplänkel. Doch das ist nur teilweise richtig: Oberflächlich ist Smalltalk per Definition durchaus, aber nicht zwangsläufig sinnlos. Denn mit unbekannten Menschen in ein zwangloses Gespräch zu kommen, bietet wertvolle Chancen auf eine nette Unterhaltung, einen Erkenntnisgewinn oder vielleicht sogar zukünf-
tigen Geschäftspartner.

Ein Beispiel: Man befindet sich auf einer Veranstaltung mit potenziellen Kunden. Wie kann man jetzt geschickt Kontakt knüpfen sowie ein Gespräch anfangen? Eher ungeschickt wäre es, direkt auf einen am Stehtisch Kaffee trinkenden Menschen zuzugehen und zu sagen: «Ich bin Frau XY von der Firma ABC und wir verkaufen die besten Staubsauger der Welt. Wollen Sie gleich jetzt einen kaufen, oder wollen wir lieber einen Termin machen?»

Selbst wenn der Angesprochene tatsächlich gerade einen Staubsauger brauchen sollte, würde er ihn in diesem Moment wohl nicht kaufen. Viel zu direkt und zu massiv war dieser «Überfall». Vielleicht hatte er gerade gar keine Lust zu reden. Und diese Lust ist durch das eher ungeschickte Verhalten des Verkäufers auch nicht geweckt worden. Dabei bietet sich Smalltalk – gut gemacht – genau dafür an.

Das «kleine Gespräch»

Doch wie bekommt man nun heraus, wer zum Gespräch aufgelegt ist beziehungsweise aus der Reserve gelockt werden kann? Hier bildet ein Smalltalk den optimalen Einstieg. Smalltalk heisst übersetzt «kleines Gespräch» und dient dazu, die Atmosphäre aufzulockern. Das gelingt nur mit harmlosen, oberflächlichen Themen als Einstieg, die zu einem guten Verkaufsgespräch führen können – wohlgemerkt können (nicht müssen, was viele Verkäufer sehr wohl meinen). In folgenden vier Schritten wird man bald zum routinierten Smalltalker.

Erst einmal in Ruhe umsehen

Bei der Ankunft im Veranstaltungsraum ist es wichtig, sich einen Moment Zeit zu nehmen und sich umzuschauen, in Ruhe einen Kaffee zu holen und die Umgebung zu scannen: Wo steht jemand alleine und schaut sich vielleicht ebenfalls im Raum um? Wo stehen Grüppchen locker zusammen? Es ist eine gute Strategie, sich hier von Sympathie leiten zu lassen und das erste Gespräch mit jemandem anzufangen, der einem angenehm auffällt. Das sollte allerdings nicht der Kollege sein, mit dem man ständig auf Achse ist. Von ihm ist kein Auftrag zu erwarten. Jemand, den man ab und zu bereits auf
Veranstaltungen gesehen hat, den man aber noch nicht näher kennt, ist sicher eine gute Wahl.

Vom Begrüssen und Weiterreden

Ist die Entscheidung über den zukünftigen Gesprächspartner gefallen, sollte man ersten Blickkontakt aufnehmen, mit offener Körperhaltung auf ihn zugehen, ihn direkt anschauen, begrüssen und sich selbst vorstellen. Das ist schon der erste Satz (noch nicht der Sieg) zum Smalltalk. Gute Themen zum Weiterreden sind:

  • Die Veranstaltung selbst. Menschen lieben es, nach ihrer Meinung gefragt zu werden. Warum also nicht fragen, wie die Person auf die Veranstaltung aufmerksam geworden ist, was ihr Motiv ist, dabei zu sein, oder wie sie bei ihr insgesamt ankommt.
  • Die Anfahrt. Gemeinsamkeiten sind immer eine gute Basis: «Ich habe gerade im Stau gestanden und bin jetzt wirklich froh, rechtzeitig hier zu sein. Sind Sie schon länger hier?/Sind Sie auch mit dem Auto gekommen?»
  • Eine Bekanntschaft aus der Ferne: «Hallo, Herr/Frau XY! Bisher haben wir uns immer nur aus der Ferne gesehen/telefonisch gehört. Schön, dass sich jetzt die Gelegenheit zum Gespräch ergibt. Meine Name ist ...»

Mit diesen drei Klassikern kommt man mit den allermeisten Menschen gut ins Gespräch. Das Gegenüber wird antworten und die Unterhaltung sich von ganz alleine weiterentwickeln. Irgendwann ist man dann plötzlich beim sogenannten «Bigtalk» – beispielsweise dem Verkaufsgespräch – angekommen, ohne es zu merken. Ohne smarten Einstieg über den Smalltalk wäre dies nicht so leicht gelungen.

Keine Kritik – es sei denn über das Wetter

Wichtig beim Smalltalk ist, nichts und niemanden zu kritisieren – schon gar nicht den Gastgeber oder das Buffet. Einzig über das Wetter und den Verkehr darf mässig geschimpft werden. Denn da sind sich die Gesprächspartner normalerweise einig. Logisch aber auch: Für die Atmosphäre einer Unterhaltung ist Kritik – an was oder wem auch immer – nicht wirklich förderlich. Besser ist es, beim Gegenüber mit positiven Impulsen zu punkten.

Manche Themen sind tabu

Beim Smalltalk gibt es einige Themen, die sind absolut tabu: Dazu gehören Politik, Religion, Gesundheit, Geld, Krankheit, Lästern, Jammern. Da man nie weiss, welche Meinung oder Erfahrung der Gesprächspartner gerade mit diesem Thema gemacht hat, macht man selbst am besten einen grossen Bogen darum.

Smalltalk kann richtig Spass machen. Vorausgesetzt man sieht ihn nicht als Mittel, um baldmöglichst tiefschürfende Gespräche zu führen. Darum geht es hier nicht. Smalltalk ist ein Mittel, um mit Menschen ins Gespräch und dann vielleicht auf ein Thema zu kommen, das beide interessiert. Ob Smalltalk also nur aus zwei kurzen Sätzen besteht oder eine Viertelstunde dauert – je nach Umgebung, Zeit und persönlicher Sympathie kann aus einer zunächst oberflächlichen Unterhaltung plötzlich viel mehr werden –Sinnvolles entstehen.

Gesprächssituationen

Nachfolgende fünf Ideen können helfen, in möglicherweise als schwierig empfundenen Gesprächssituationen souverän zu handeln.

Gesprächspartner wechseln

Oft ist man zwar in einen netten Smalltalk vertieft, möchte beispielsweise auf einer Veranstaltung aber noch mit mehreren Menschen ins Gespräch kommen. Wie wechselt man charmant den Gesprächspartner? Am besten ist es, sich von vornherein von dem Gedanken zu verabschieden, dass beim Smalltalk erwartet wird, die ganze Zeit mit dem gleichen Gesprächspartner zu verbringen. Die meisten Menschen gehen auf Business-Veranstaltungen, um Kontakte zu knüpfen, und sind froh, wenn sich immer mal wieder die Chance auf ein neues Gespräch ergibt. Warum nicht einfach sagen: «Es hat mich sehr gefreut, Sie kennengelernt zu haben. Was halten Sie davon, wenn wir unser Gespräch an einem anderen Ort fortsetzen? Hier ist meine Visitenkarte, vielen Dank für Ihre, ich mache Ihnen morgen einen Terminvorschlag.» Oder: «Ich sehe da hinten einen meiner besten Kunden und möchte ihn gerne begrüssen. Sind Sie einverstanden, wenn wir unser Gespräch ein andermal fortsetzen? Hier ist meine Visitenkarte ...» Wichtig ist, verbindlich zu bleiben und am nächsten Tag tatsächlich einen Termin anzubieten. Dann bleibt man seinem Gesprächspartner sicherlich in guter Erinnerung.

Verabschieden

Wenn man merkt, dass das Gespräch nicht wirklich interessant ist oder einen der Gesprächspartner nicht weiterbringt, dann ist es Zeit, sich zu verabschieden. Smalltalk dient dazu, sich oberflächlich kennenzulernen. Und wenn schon an der Oberfläche nichts zu holen ist, dann ist es erlaubt, sich freundlich zu verabschieden. Gerne mit dem Hinweis, dass man sich noch etwas zu trinken holt oder das Buffet eröffnet ist und man sich jetzt dorthin begibt. Oder man verweist auf einen Gesprächspartner, mit dem man noch sprechen möchte. Hier entfällt natürlich der Verweis auf eine Fortsetzung des Gesprächs. Einen Visitenkartentausch sollte man nicht ablehnen, jedoch wird hier der Kontakt nicht aktiv weitergeführt.

Desinteresse

Wenn offensichtlich ist, dass das Gegenüber kein Interesse am Gesprächsthema oder der eigenen Person hat, dann ist es sinnvoll, sich jede weitere Zeit zu sparen und mit oben genannten Verweisen auf Buffet/neue Gesprächspartner freundlich zu verabschieden. Der Visitenkartentausch sollte hier nicht aktiv angegangen werden. Auch ein freundliches «Ich schaue mich weiter um, vielen Dank für das Gespräch» ist erlaubt. Wichtig ist, sich den Ruck zu geben und das für beide Seiten nicht besonders angenehme Gespräch zu beenden.

Gesprächspausen

Auch im besten Smalltalk gibt es Gesprächspausen. Diese eine Weile auszuhalten, kann dem weiteren Gespräch förderlich sein. Vielleicht gibt es gerade Interessantes zu sehen. Wird die Pause zu lange oder unangenehm, ist es angebracht, entweder ein neues Thema zu suchen oder mit den bekannten Strategien den Rückzug anzutreten. Aber: Dazwischen einmal fünf Sekunden lang zu schweigen, ist nicht schlecht. Möglicherweise kommen so beide Seiten mehr zum Denken – und thematisch dadurch noch mehr in die Tiefe.

Unbekannte Themen

Manch einer scheut den Smalltalk, weil er befürchtet, im Gespräch nicht mithalten zu können. Vielleicht hat man einen Experten vor sich oder ist das erste Mal auf einer Tagung zu einem Spezialthema. Für den Smalltalk sind Wissenslücken grandios – am besten gibt man zu, dass man sich bei diesem Thema nicht auskennt und bittet um eine Aufklärung. Der Gesprächspartner wird begeistert sein und gerne Erklärungen liefern. Öfter als man vielleicht denken könnte, sind die Mitmenschen auch dankbar, wenn sie angesprochen werden. Dass jemand anders den ersten Schritt macht, erleichtert die meisten Menschen. Darum also: mutig einfach machen. Und so wie man Tanzen nur durch Tanzen lernt, lernt man auf fremde Menschen zuzugehen und mit ihnen zu sprechen auch nur, indem man dies immer wieder tut.

Der «Elevator Pitch»

Seit einigen Jahren erfreut sich der Elevator Pitch grosser Beliebtheit – zumindest in Seminarräumen und der Literatur. Es geht bei dieser Methode darum, sich und das, was man tut, so vorzustellen, dass es der Gesprächspartner versteht und die Vorstellung durch ihre Prägnanz im Gedächtnis bleibt.

Dieses Ziel ist besonders im Geschäftsalltag sehr erstrebenswert. Schliesslich können nur mit denen Geschäfte gemacht werden, an die man sich erinnert – be-
ziehungsweise, die man kennt. «Elevator» bedeutet auf Deutsch «Aufzug» und «Pitch» ist eine kurze, prägnante Selbstvorstellung. So kurz, dass man sie im Aufzug zwischen Stockwerk 1 und 17 von sich geben kann. Oder eben beim Smalltalk mit Unbekannten. Basis für einen guten Elevator Pitch sind folgende sieben Schritte.

  1. Eine gründliche Vorbereitung ist jeweils das A und O.
  2. Konzentration auf die Kernaussage ist wichtig – ebenso wie eine klare Positionierung.
  3. Der Vortragende muss authentisch bleiben. Nichts wirkt unechter als der Versuch, ein Bild zu erklären, hinter dem man nicht steht.
  4. Bilder, Vergleiche, Geschichten oder auch Beispiele wecken Assoziationen und bleiben im Gehirn des Zuhörers hängen.
  5. Ein «Elevator Pitch» ist kein Werbetext, auch wenn für beides die Devise gilt: konkret, kurz und knackig.
  6. Fortgeschrittene haben für verschiedene Zielgruppen sowie unterschiedliche Produkte jeweils andere Pitches und wenden diese je nach Gesprächspartner an.
  7. Übung ist wichtig. Dafür eignet sich auch der private Kreis.

Die AIDA-Formel

Zur Entwicklung des Elevator Pitches kann die AIDA-Formel, die ihren Ursprung im Marketing hat, genutzt werden.

A – Attention

Man formuliert einen knackigen Satz mit einem Bild für das, was man tut. Zum Beispiel: «Ich habe das Navi für Ihr Gehirn, ich bin Gedächtnistrainer.» So erfüllt man das A für Attention. Im Idealfall schaut der Gesprächspartner überrascht und signalisiert so, dass man seine volle Aufmerksamkeit hat.

I – Interest

Weiteres Interesse an dem, was man tut, lässt sich durch eine weiterführende Erklärung wecken. Beispiel: «So wie Sie mit dem Navi an den Ort Ihrer Wünsche kommen, zeige ich Ihnen, wie Sie mit den richtigen Methoden an die versteckten Namen oder Ideen in Ihrem Gehirn kommen. Direkt und ohne Umwege.»

D – Desire

Am Ende dieser Phase sollte der Wunsch des Gesprächspartners sein: «So etwas möchte ich auch!» Beispiel: «Ich gebe Seminare und Workshops in Unternehmen. Schon nach einem Seminartag wissen meine Kunden, wie sie sich Namen merken oder grenzenlos Ideen generieren können.»

A – Action

Der «call to action» beinhaltet ganz einfach, einen weiterführenden Termin auszumachen oder dafür zu sorgen, dass man in Kontakt bleibt. Beispiel: «Geben Sie mir Ihre Visitenkarte, dann melde ich mich gerne für weiterführende Informationen bei Ihnen.»

Stopp-Taste drücken

Leider denken viele, dass sie diese vier Phasen in einem Schritt «abspulen» müssten. So wird es auch oft vermittelt. Und obwohl sie die Methode des «Elevator Pitch» gelernt haben, haben die meisten Hemmungen, sie fühlen sich damit nicht so richtig wohl. Zugegeben: In der normalen zwischenmenschlichen Kommunikation löst die Vorstellung am Beispiel der AIDA-Formel Befremden aus – zumindest sofern der Aufzug «in einem Rutsch durchfährt». Warum das so ist, lässt sich leicht erklären: Das letzte «A» der Formel, welches für die konkrete Handlung steht, wirkt für die meisten Menschen zu aufdringlich und anbiedernd. Niemand möchte gleich seine Visitenkarte aushändigen oder sofort einen Termin vereinbaren, ohne überhaupt nach seiner Meinung und/oder Interesse gefragt worden zu sein.

Anwendung in der Praxis

Für die Praxis des Elevator Pitch gilt also: Es soll gerne an eine greifbare Handlung beziehungsweise den konkreten Verbleib gedacht werden, aber bitte mit Bedacht. Dann macht der Elevator Pitch tatsächlich Spass – und wird nicht nur in Seminarräumen trainiert, sondern findet zukünftig auch in der Praxis Anwendung.

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