Bisher wurde 6S so gut wie ausschliesslich in der Produktion angewandt. Wer aber sagt, dass diese Methode nur auf diese Bereiche beschränkt sein muss? Auch im Office-Umfeld kann mithilfe von 6S ein klar strukturierter und standardisierter Arbeitsplatz geschaffen werden, an dem nicht nur effizienter, sondern vor allem auch deutlich entspannter gearbeitet werden kann. Auch bei möglichen Krankheitsfällen oder Urlaubsabsenzen können sich Vertretungen ohne grosse Einarbeitung zurechtfinden und sich problemlos in laufende Vorgänge hineinversetzen.
Am besten lassen sich die Parallelen zwischen Produktion und Büro anhand von Beispielen veranschaulichen:
› (Aus)Sortieren: Bei einem Arbeitsplatz in der Produktion werden schlichtweg alle Werkzeuge, Vorrichtungen und Unterlagen, die dort nicht benötigt werden, entsorgt. Genauso verfährt man am Büroarbeitsplatz. Lose Unterlagen und Ordner sowie Ablagefächer und Schubladen werden zunächst ausgeräumt und auf wirklich benötigtes Material hin untersucht – die Erfahrung zeigt, dass 80 Prozent dieser Unterlagen nicht für die tägliche Arbeit benötigt werden.
› Systematisieren: Jedes Werkzeug, jedes verwendete Bauteil hat in der Produktion seinen festen Platz, entsprechend der Häufigkeit seiner Verwendung (vgl. Schattenbretter). Auch an einem Büroarbeitsplatz sorgt dieser Grundsatz für Struktur und Ordnung. Häufig benötigte Utensilien wie zum Beispiel Telefon, Tastatur, Maus und Notizzettel befinden sich im unmittelbaren Griffbereich. Regelmässig benötigte Ordner oder Unterlagen befinden sich im näheren Umfeld beispielsweise im oder auf dem Schreibtisch. Weniger häufig verwendete Utensilien gehören ausserhalb des Griffbereichs in Ablagefächer oder ins Archiv.
› Säubern: Im Bürobereich noch mehr als in der Produktion eigentlich eine Selbstverständlichkeit – der saubere Arbeitsplatz. Da die Reinigung in Büros in der Regel nicht durch den jeweiligen «Schreibtischtäter» erfolgt, zielt dieser Punkt im Office-Bereich eher darauf ab, den Arbeitsplatz am Ende des Tages ordentlich zu verlassen.
› Standardisieren: Analog zum Produktionsarbeitsplatz werden Standards im Büro festgelegt. Sie definieren zum Beispiel, wie ein Arbeitsplatz am Ende des Tages auszusehen hat. Am einfachsten nachzuvollziehen ist dies mit einem Foto des aufgeräumten Arbeitsplatzes – der sofortige Soll-Ist-Vergleich kann durch jede Person durchgeführt werden. Darüber hinaus wird aber auch geregelt, welche Art und wie viele Ablagen noch akzeptabel sind.
› Selbstdisziplin: Die Selbstdisziplin stellt den wohl wichtigsten Baustein des Konzepts 6S dar. Sobald diese nicht mehr vorhanden ist, stellt sich Fahrlässigkeit ein und somit entsteht auf kürzestem Wege wieder Unordnung. Auch in der Produktion sind zum Teil wenige Wochen nach der Einführung von 6S einige Plätze in den Schattenbrettern leer. Auf Nachfrage wurde geantwortet: «Das Werkzeug benötige ich morgen noch und ich habe es in meinem Monteuranzug.» Stellen Sie sich vor, jeder Mitarbeitende würde so denken, alle Schattenbretter wären leer und niemand wüsste mehr, wer welches Werkzeug hat. Demnach wurde 6S offenbar nicht mit der notwendigen Selbstdisziplin ausgeführt und die Methode «hintergangen» – genau die gleichen Antworten kommen auch von Büromitarbeitern, und deshalb ist auf diese Selbstdisziplin auch im Büroumfeld besonders zu achten.
› Sichern: Für den nachhaltigen und sichtbaren Erfolg sowie den Produktivitätsgewinn ist dieser Punkt immens wichtig. In der Produktion wird dieser Schritt häufig nicht mit der notwendigen Ernsthaftigkeit angegangen, denn durch die ersten 5S wurden bereits viele kleine «Quick-Wins» erreicht. Dadurch schleichen sich im weiteren Arbeitsablauf geringe Nachlässigkeiten ein, die zunehmend grösser werden. Der Vorgesetzte muss deshalb regelmässig 6S-Audits durchführen, um zu überprüfen, ob die 6S-Methode in Fleisch und Blut der Mitarbeiter übergegangen ist – sowohl in der Produktion als auch im Büro.