Mensch & Arbeit

Führungsentwicklung

Stolpersteine auf dem Weg zu guter Führung

In kaum einem Bereich wie der Führung spriessen immer neue Methoden und Techniken wie Pilze aus dem Boden. Doch der Erfolg stellt sich meist nicht ein. Und das liegt daran, dass wirksame Führung Strukturen braucht, die einfach, klar und konsequent umsetzbar sind.
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Unsere Arbeitswelten haben sich verändert, die Geschwindigkeit, mit der diese Veränderungen stattfinden, hat sich im Laufe der Jahre schwindelerregend erhöht. Wir kennen diese Veränderungen unter dem Ausdruck Vuca. Dieses Akronym beschreibt einige der grössten ­Herausforderungen der Gegenwart und führt zur Verunsicherung der Menschen in den Unternehmen, unabhängig von ­ihrer Hierarchieebene. 

Hürden erfolgreicher Führung

Führungskräfte sind dabei oft ebenso ­unsicher, wie mit einer Situation zu verfahren ist, wie die Mitarbeiter. Das ist nicht optimal, denn es ist die vorrangige Aufgabe von Führungskräften, ihren Mitarbeitern Orientierung zu geben. Umso wichtiger ist es, Strukturen zu entwickeln, die allen im Unternehmen tätigen Menschen klare Vorgaben liefern, was wann wie konsequent zu tun ist. Fehlen diese Strukturen in einer Organisation, fehlt also das Prinzip von Klarheit und Kon­sequenz, wird Führung scheitern. 

Die folgenden Denk- und Verhaltensmuster sind die Hauptverursacher des Nicht-Funktionierens von Führung: 

Angst, Fehler zu machen

Entscheidungsreserviertheit ist eine der häufigsten Fehlerquellen von Führungskräften. Wer schon einen Vorgesetzten hatte, der gar keine oder viel zu spät Entscheidungen traf, kennt diese Problematik. Dann gibt es kein Weiterkommen, alles ­verharrt in Lähmung, und die Ressourcen einer Organisation liegen brach. Selbst eine völlig falsche Entscheidung des Chefs wäre nicht in der Lage, das Ausmass an Frustration und Lähmung, die bei Belegschaften dann auftritt, zu erhöhen. Die Gründe für diese Entscheidungsschwäche sind die Angst vor Fehlern und die Furcht vor den Konsequenzen der Entscheidung. Viele Führungskräfte wissen genau, wie eine Entscheidung aussehen muss, und trotzdem hindert sie etwas daran, konsequent zu entscheiden und zu handeln. Ein Nichtentscheiden aus Angst vor einem Fehler trägt definitiv nicht zur Erhöhung der Entscheidungsqualität bei. Was menschlich verständlich sein mag, ist im Sinne ­einer verantwortungsvollen Aufgabenerledigung nicht akzeptabel und kann als gescheitertes, weil weder klares noch konsequentes Führungsverhalten verbucht werden. 

Keine Risikobereitschaft 

Die Mitarbeiter einer Organisation, die eine Null-Fehler-Toleranz aufweist, werden alles daransetzen, Fehler zu vermeiden. Dadurch wird in heiklen Situationen oft der Sicherheitsweg gewählt. Statt ein Risiko einzugehen, um eine innovative Lösung auszuprobieren, von der man aber nicht weiss, ob sie funktioniert, wird lieber die sicherere Variante gewählt. Wie soll so Wachstum entstehen?

Positive Entwicklung ist nur dort zu erwarten, wo auch etwas Risiko gefahren wird, weil die Mitarbeiter von einer bestimmten Lösung überzeugt sind, obwohl nicht sicher ist, ob sie am Ende auch funktioniert. Aber wenn es klappt, dann ist das Ergebnis meist überwältigend. Führungskräfte, die ihre Mitarbeiter anhalten, den Weg des geringsten Risikos zu beschreiten, kommen ihrer Führungsaufgabe ­somit zu zaghaft und inkonsequent nach und scheitern ebenfalls. 

Fehlende Konsequenz in der Umsetzung 

Die meisten Führungskräfte wünschen sich Veränderungen – solange diese nicht bei ihnen selbst stattfinden. Ein höchst inkonsequentes Mindset. Viele Führungskräfte wissen so viel, dass sie das Gefühl haben, mit mindestens 1000 PS unter der Motorhaube unterwegs zu sein. Aber was hilft das, wenn sie vergessen, die ­Räder zu montieren? Der Motor heult beim Gasgeben laut auf, aber sonst passiert nichts. Das Auto, beziehungsweise das Unter­nehmen, kommt nicht vom Fleck. 

Die für Entscheidungen und das Voranschreiten notwendige Klarheit, in Form von Wissen, ist ausreichend vorhanden. Was jedoch fehlt, ist die Konsequenz in der Umsetzung, die das vorhandene Wissen in tatsächliche Handlungen überführt. Chefs wissen genau, wie wichtig es wäre, frühzeitig auf aktuelle Entwicklungen aufzuspringen, um nicht den Anschluss zu verlieren. Gleichzeitig sind sie sich bewusst, dass dies zusätzliche Arbeit bedeutet. So werden hohe Ziele zwar präzise formuliert, für die konsequente Umsetzung dieser Pläne in den Abteilungen steht jedoch nicht mehr ausreichend Energie zur Verfügung. Chefs sollten ihr (Führungs-)Wissen stetig weiterentwickeln und dann auch ins Tun kommen. Wer dazu nicht bereit ist, verbleibt im Status des Umsetzungszwerges. Und solchen «Zwergen» fehlt es an der für wirksame Führungskräfte notwendigen Strahlkraft. 

Konsequente Inkonsequenz 

Ein weiterer Grund für den Umsetzungskleinwuchs in den Unternehmen ist das Harmoniebedürfnis vieler Vorgesetzten. Wer von allen Mitarbeitern stets gemocht werden will, neigt mit Sicherheit dazu, Klarheit und Konsequenz zu vermeiden, um den daraus resultierenden befürchteten Konflikten und der möglichen Abwertung der eigenen Person aus dem Weg zu gehen. Aus Sorge, einen Mitarbeiter zu verärgern und in der Folge von diesem nicht mehr die beste Leistung zu bekommen, bleibt ein zwingend erforderlicher klarer Hinweis oder Kritik an diese Person oft aus. Das ist falsche und vor allem inkonsequente Führung par excellence. 

Persönliche Interessen im Fokus

Führungskräfte, deren Ego übermässig gross ist, rücken persönliche Interessen in den Fokus ihres Tuns und stellen alles andere hintenan. Die Interessen der Kunden und der Mitarbeiter spielen nur in­sofern eine Rolle, als sie hilfreich sind, die eigenen Agenden zu stützen. Diese Chefs schmücken sich schamlos mit fremden Federn, indem sie Erfolge generell für sich verbuchen. Der Ego-Chef wird wichtige Projekte entweder selbst leiten oder nur solchen Mitarbeitern die Leitung übertragen, die er gut steuern kann. Diese Verantwortungsträger tun einer Organisation langfristig nicht gut. Denn Egomanen auf dem Führungsthron können erheblichen Schaden anrichten und in ihrer Führung grundsätzlich scheitern. 

Mangelndes Vertrauen

Anderes als egoman gepolte Chefs loben gute Führungskräfte die gute Arbeit der Mitarbeiter, schreiben ihnen den Erfolg zu und wissen, dass sie als Chef dieser ­Organisationseinheit ebenfalls gut da­stehen. Wirksame Chefs delegieren wichtige Aufgaben und investieren damit in den Faktor Vertrauen. Geht nämlich das Vertrauen zwischen Chef und Mitarbeitern verloren, findet im Prinzip keine Führung mehr statt. Natürlich haben diese Führungskräfte noch die äusseren Erkennungsmerkmale der Führungskraft, aber sie geniessen kein Vertrauen mehr, erzielen daher keine Wirkung und führen somit nicht. Für eine möglichst hohe Wirkung benötigt eine Führungskraft aber beides: Klarheit und Konsequenz. Denn Klarheit alleine verpufft, wenn sie nicht mit Umsetzungskraft kombiniert wird. 

Aus den genannten möglichen Defiziten ergeben sich nachstehende Ableitungen: 

  • Die Führungskraft muss klares und konsequentes Vorbild sein, auch im Scheitern. 
  • Führungskräfte werden nicht an dem gemessen, was sie sagen, sondern an dem, was sie tun.
  • Expect the unexpectable – wer kon­sequent vorbereitet ist, braucht kein Glück.
  • Führung ist ein Ergebnissport – das Runde muss ins Eckige, sonst schwindet die Akzeptanz.
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