Mensch & Arbeit

Kommunikation

Speed-Dating-Regeln für Alltagsgespräche

Von früh bis spät treten wir durch unsere Kommunikation in Beziehung – innerhalb mit Freunden, Kollegen, Kunden und Geschäftspartnern. Umso wichtiger ist es, sich mit Alltagskommunikation intensiver zu beschäftigen, denn: Die Lösungen für Alltagsprobleme liegen im Alltag. In unseren Beziehungen und wie wir innerhalb dieser kommunizieren.
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Wir sind jeden Tag «etwas gestresst», wir führen jeden Tag unsere Mitarbeiter, überzeugen Kunden, gehen mit dem Ehepartner um. Unspektakulär, aber dauerhaft und dementsprechend intensiv. Der Alltag hat einen schlechten Ruf, er sei «grau». Das stimmt natürlich nur, wenn wir ihn mehr oder weniger gedankenlos hinnehmen und ständig den Fokus auf die «grossen Würfe» legen. In diesem Artikel geht es um das vermeintlich Banale, denn genau da findet der nachhaltigste Erfolg statt. Doch die Alltagssprache hält so einige Stolperfallen bereit. Beim zwanglosen Geplauder kann so gut wie alles schiefgehen, aber auch ein intensiv vorbereitetes Gespräch ist noch lange kein Garant für den Erfolg.

Sechs Speed-Dating-Regeln

Längst wird Speed-Dating nicht mehr nur bei der Partnersuche eingesetzt. Die Prinzipien gelten inzwischen auch bei der Suche nach einem Job ebenso wie nach einer Wohnung, für die Zusammenführung von Azubis und Unternehmen, zum Kennenlernen der Teilnehmer bei Seminaren oder für einen fachlichen Austausch auf Messen. Gleich bleibt dabei immer das Ziel: Innerhalb einer relativ kurzen und festgelegten Zeit möglichst viele der Gesprächspartner näher kennenzulernen beziehungsweise erste Gemeinsamkeiten festzustellen.

Beim Speed-Dating wird schnell deutlich, dass jede Beziehung Kommunikation ist und jede Kommunikation Beziehung. Vom Lockerbleiben bei der Kontaktaufnahme, der Präsenz und dem w(r)ichtigen Gesprächseinstieg, der raffinierten Wortwahl bis zur Erkenntnis, dass ich nur wenig Zeit habe, einen kreativen Eindruck zu hinterlassen. Hier sechs Speed-Dating-Regeln als Basis jeder kreativen, spannenden und wertvollen Alltagskommunikation:

1. Locker bleiben

Die erste Regel besagt, dass wir ganz locker sein sollen. Der Riegel im Kopf «die /den muss ich haben» ist mehr Blockade denn motivierende Zielgrösse. Ziele im Leben sind gut, unbestritten. Aber in der konkreten Situation der Kommunikation gilt es, ans Hier und Jetzt zu denken: Konzentrieren Sie sich auf das, was gerade jetzt geschieht. Es geht ja nicht um schwierige Verhandlungen, dort ist strategisches Vorgehen sinnvoll, es geht um den Alltag. Einfach so, um diese fast «vernachlässigbare» Grösse von zirka 85 Prozent der Gespräche während des Tages. Vertrauen wir ruhig darauf, dass «es» schon richtig funktioniert. Aber nur, wenn auch die innere Haltung stimmt. Denken wir Schlechtes über eine Situation oder ein Gegenüber, kommt es auch so rüber. Umso wichtiger ist es, an der eigenen Haltung zu arbeiten: Die Dinge positiv-konstruktiv sehen, um sie dann eben auch mal ganz locker angehen zu können.

2. Präsent sein

Alltägliches läuft Gefahr, einfach so nebenbei erledigt zu werden. Das Gespräch «kurz» mit dem Chef, der Kollegin, dem Kunden, der Mitarbeiterin wird im besten Fall inhaltsfokussiert geführt. Kurz, knapp, klar – so haben wir es gelernt. Allenfalls noch «Level 2», nämlich «sauber positiv formuliert». Eine Bitte statt einem Befehl, ein Wunsch statt einer Aufforderung. Aussagen wie «Hörst du mir überhaupt zu? » oder «Ich habe den Eindruck, dass du gar nicht so richtig da bist? » kennen wir alle. Die Präsenz gestaltet die Intensität unserer Alltagskommunikation. Unabhängig der richtigen oder falschen Worte, sie kommen nur an, wenn sie in möglichst höchster Präsenz ausgesprochen werden. Genau so sollten wir auch in Dialoge gehen: Keine automatisierten Sätze, sondern ein Bekenntnis zur Präsenz. Das geht schneller, braucht weniger Vorbereitung, verlangt aber im Endeffekt mehr Vertrauen zu sich selbst. Dieses prägt unsere Auftritte auch im Kleinen. Dabei hat Selbstvertrauen nichts mit Überheblichkeit zu tun. Es ist das Vertrauen in sich, zu wissen, dass ich mit Talenten und Fähigkeiten so gut ausgestattet bin, dass ich das Richtige zur richtigen Zeit sage und tue.

3. Offen bleiben

Dass Vorurteile einschränken, ist hinlänglich bekannt. Treffen wir auf ein Gegenüber, das uns optisch an eine verflossene Liebe erinnert, geht es entweder negativ oder positiv weiter. Egal was war, es prägt. Einfacher gesagt als getan: Das Gegenüber hat eine Chance, genau nicht so zu sein, wie wir es erwarten. Achten wir also auf Unterschiede oder suchen wir Dinge, die neu, interessant, spannend sind. «Haben Sie Schulterschmerzen?», war die Frage an einer Polizeikontrolle. Es interessierte den Polizisten wahrlich nicht, mit welchen Schmerzen der Verkehrsteilnehmer fährt, sondern er wollte ihm lediglich mitteilen, dass er den Sicherheitsgurt nicht trage und das ein Bussgeld kostet. Das ist beileibe keine positive Alltagskommunikation. Wenn Sie etwas wissen möchten, dann stellen Sie eine Frage. Wenn Sie etwas sagen möchten, dann sagen Sie es. Bei dem genannten Beispiel liegt eine deutliche Diskrepanz vor. Das genau Gleiche gilt auch für Führungsgespräche: «Gehts dir nicht gut, hast du privat Probleme?». Entweder interessiert es mich wirklich, oder ich deklariere es als Interpretation: «Ich habe die Vermutung, dass privat etwas nicht stimmt, liege ich da richtig oder falsch?»

4. Interessiere dich für den anderen

So banal wie einfach und doppelt schwer: Zuhören ist eine Königsdisziplin in der Kommunikation – gerade und erst recht im Alltag. Eine kleine Beobachtungsaufgabe: Stellen Sie sich nach der Urlaubsphase in Ihrem Unternehmen in den Pausenraum. Hören Sie einfach zu, wie oft sich Menschen nicht (zu)hören. Da erzählt Kollege x, er sei heute wieder zurück aus dem Urlaub. Kollege y fragt nett: «Wie wars denn und wo wart ihr?». Spannend einfach zuzuhören, wie oft sich viele überhaupt nicht interessieren, was der andere erzählt. Bei der ersten Gesprächspause kommt die eigene Geschichte wieder aufs Set. «Wir hatten wirklich einen tollen Service an Bord» – kurze Atempause ... das Gegenüber: «Ja, letztes Jahr sind wir mit der Air Singapur geflogen, war noch besser als ihr Ruf.» Zur Erinnerung: Interessieren wir uns wirklich für unser Gegenüber, werden wir reicher. Und wenn zwei reden, heisst das noch lange nicht, dass es auch ein Dialog ist. Sehr häufig sind es sogenannte Doppelmonologe – beide erzählen abwechselnd ihre Geschichte.

5. Lächle und sei freundlich

«Setzen Sie Ihr freundliches Gesicht auf, zeigen Sie Ihre Freude, jemanden zu treffen und denken Sie ans Positive jetzt und im Leben. Sie gewinnen als authentisch positive Person mehr.» So steht es im «Leitfaden zum Daten». Stellen wir uns vor, das Gespräch am Dating-Tisch beginnt mit den Worten «Hallo, ich bin Peter. Ich hatte eine schwere Jugend, im Moment habe ich kein Geld und abgesehen davon finde ich die politischen Verhältnisse in unserem Land furchtbar.» Ehrlichkeit in allen Ehren ... aber Blumen gewinnen wir so keine. Das ist keine Aufforderung zum gequälten «Think-positive», sondern die klare Botschaft: Ohne innere, positive Haltung sind wir weder im Date noch im Alltag wirklich erfolgreich. Deshalb ist es wichtig, das Positive zu suchen. «Ich bin gerne bis um 16 Uhr persönlich für Sie da» ist inhaltlich gleich, aber eben doch ganz anders als «ich bin dann ab 16 Uhr weg». Zugegebenermas-sen kleine Details, aber in der Summe macht Kleinvieh auch Mist, und das Le-ben besteht im Grunde nun einmal aus vielen Details. Übrigens: Positive Verhaltensweisen einer freundlichen Person werden durch Lob und Zuwendung verstärkt. Ehrliches Lob und Zuwendung freuen im Grund jeden Menschen, so dass es ihm wiederum auch leichter fällt, freundlich und vertrauensvoll zu sein.

6. Beginne mit einem netten Wort

Erfahrene Speed-Dater empfehlen: «Beginne mit einen Lob.» Gehen wir davon aus, dass jeder gerne zuerst etwas Positives hört, schaffen wir doch diesen Mikrokosmos der konstruktiven Aura und beginnen im Alltag mit einem positiven Wort: «Eine schöne Tasche haben Sie!» oder «Danke, dass Sie mir den Platz überlassen haben.» Als ich vor Kurzem bei einem Restaurantbesuch (notabene ein nobler Gourmet-Tempel) das Auto auf ein markiertes Feld stellte (aber wohl den Schriftzug in selbem nicht las), kam einer der Mitarbeiter nach draussen gestürmt «Hier dürfen Sie Ihr Auto nicht hinstellen!» – und das bevor die Fahrzeugtür abgeschlossen war. Kurzum: «Danke, dass Sie bei uns vorbei kommen. Dürfte ich Sie noch bitten, das Fahrzeug auf die andere Seite zu stellen?». So einfach wäre alles umgesetzt. Locker, positiv, nett, freundlich, offen, interessiert – und das mit dem Mehraufwand von ein paar wenigen, vor allem aber anderen Worten.

Fazit

Erfolg im Umgang mit Kunden heisst, nicht nur dann gut zu kommunizieren, wenn etwas schiefgelaufen ist. Einen Führungsstil leben, der Mitarbeitende fördert, findet nicht nur beim Lohn- oder Disziplinargespräch statt. Stressabbau im Alltag bedeutet nicht, dass ich zweimal im Jahr ins Wellness-Weekend gehe. Der Erfolg kommt schleichend im Alltag. Ebenso wie auch Probleme langsam und leise um sich greifen. Wenn wir es schaffen, zentrale, oft ganz kleine Erfolgselemente in der Kommunikation und im Aufbau von Beziehungen in unseren Alltag zu integrieren, wird er strukturell, rituell oder eben ganz normal und selbstverständlich. Erfolgreiche Kommunikation als Selbstverständlichkeit – eine Ode an die 90 Prozent Normalleben.

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