Alle Geisteswissenschaften sind sich darüber einig, dass ein Leben in Glück, Zufriedenheit und Ausgeglichenheit nur dann möglich ist, wenn sich Geben und Nehmen im Einklang befinden. Nirgendwo findet sich das Symbol des Gebens und Nehmens so sehr wie bei der Atem- und Herztätigkeit: Beim Einatmen, das das Herz mit Blut aus der Lunge füllt und es so mit lebensspendendem Sauerstoff sättigt – gereinigt von allen «Abgasen» (flüchtigen, gasförmigen Abfallstoffen), und beim Ausatmen, das das Blut in den Blutkreislauf pumpt.
Atem- und Herzfrequenz
Wir holen erst einmal tief Luft, bevor wir etwas angehen und wir lassen die Luft ab, wenn wir uns entspannen. Es ist, als ob wir die Energie in uns hineinholen – sowohl, um aktiv zu sein, als auch, um zu regenerieren. Die untrennbare Verknüpfung zwischen unserer Atem- und Herztätigkeit ist ebenso zutiefst verbunden mit unserer Fähigkeit, auf Heilreize zu reagieren, um unseren Körper und Geist in den Prozess der Heilreaktion übergehen zu lassen.
Sämtliche östliche Entspannungs- oder Meditationsübungen und sich daraus ergebende Techniken wie Hypnose, Selbsterfahrung und Stressbewältigung haben zwei wesentliche Gemeinsamkeiten: die Atemfrequenz und die Herzfrequenz. Aus allen medizinischen Wissenschaften und der Psychotherapie auf der ganzen Welt geht einhellig hervor, dass die Atem- und die Herzfrequenz unmittelbar voneinander abhängig sind.
In einer Stresssituation atmen wir flacher und schneller und die Herzfrequenz ist hoch, in Ruhephasen atmen wir hingegen tiefer und langsamer und die Herzfrequenz ist niedrig. Dies geschieht in unmittelbarer Verknüpfung mit den beiden wesentlichen Anteilen unseres vegetativen Nervensystems, dem Sympathicus und dem Parasympathicus.
Stress gehört dazu
Zunächst müssen wir uns eines von vornherein bewusst machen: Stress ist in keiner Weise der Feind unseres Lebens, sondern er ermöglicht uns, uns mit unserer Umwelt physisch und psychisch auseinanderzusetzen. Gerade der Stress ist es, der uns befähigt, zu reagieren und der uns motiviert und antreibt, etwas zu tun oder etwas zu ändern. Ohne Stress wäre das Leben langweilig. Jede Stressreaktion dient nur einem einzigen Ziel: Den Stress zu überwinden und einen stabilen Zustand wiederherzustellen, um so die Voraussetzung zu schaffen, auf neue Stresseinflüsse reagieren zu können.
Wir lernen, Stress zu begegnen und was wir in bestimmten stressigen Situationen tun können, um diese zu bewältigen. Dies geht so weit, dass wir üben können, dem Stress von Zeit zu Zeit sogar aus dem Weg zu gehen. Stress ist also ein lebensnotwendiger Stimulator und damit ist – per definitionem – jeder Stress, sowohl physischer als auch psychischer Natur, zu jedem Zeitpunkt unseres Lebens zunächst einmal ein Eustress.
Physische Auswirkungen
Problematisch wird es dann, wenn wir beispielsweise aufgrund einer Störung unserer physischen und/oder psychischen Ausgangsleistung, verbaler Attacken, Emotionen (Wut, Ärger, Aggression und vor allem Angst in allen Variationen) oder aufgrund von beruflichem oder familiärem Dauer- und Langzeitstress an die Grenzen unserer Belastbarkeit kommen. Erst dann baut sich ein Disstress auf. Entscheidend hierbei ist, dass die unterschiedlichsten Stressoren immer auf die gleichen Zielorgane einwirken. Zugleich führt Stress immer zur Aktivierung sowohl von neuronalen als auch von hormonellen Signalen.
Stress wirkt sich auf den Körper aus – ob positiv oder negativ, das können wir manchmal ebenso wenig beeinflussen wie die Folgen davon. Deshalb ist es wesentlich, bei der Behandlung körperlicher Erkrankungen die Psyche nicht ausser Acht zu lassen. Im Laufe des Lebens haben wir so viel «Psychoschrott» angehäuft, zum Beispiel in Form ungelöster Konflikte in der Vergangenheit, dass eine ganzheitliche Wirkung (auch auf den Körper) auf der Hand liegt. Dabei dürfen ebenfalls die täglichen kleinen und grossen Frustrationen nicht vergessen werden, inklusive des Dauerstresses, dem heute besonders die Industrienationen unterliegen.
Der Weg zur gesunden Atmung
Ziel muss es sein: Frühzeitig den Stressor erkennen, wenn möglich vermeiden, rasch reagieren und Alternativen bereithalten, um für den nächsten Stressor empfänglich zu sein. Leichter gelingt dies, wenn wir uns bewusst auf unsere
Atmung und unsere Herzfrequenz konzentrieren – beispielsweise in folgenden acht Schritten:
Von der Anspannung zur Entspannung
Nichts fördert die Energie und den Energiefluss stärker als Entspannung. Die einfache Regel lautet, dass Anspannung (flachere Atmung, Erhöhung der Herzfrequenz) uns in eine Alarm- und Leistungsbereitschaft versetzt, wohingegen Entspannung (tiefere Atmung und Reduktion der Herzfrequenz) Energie bereitstellt und die Energien erhöht, die zu einer Heilreaktion notwendig sind.
Die simpelste Form, dies zu erreichen, ist die Bauchatmung: Legen Sie die Hand auf den Bauch, zum Beispiel auf den Magen, und atmen Sie bewusst in den Bauch hinein und achten Sie darauf, dass Sie nicht mit der Brust atmen.