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Geschäftsreisen: Interkulturelle und juristische Aspekte

Auf Geschäftsreisen trifft man auf neue Menschen, andere Kulturen und unterschiedliche Verhaltensweisen. Für die Mitarbeitenden eine herausfordernde Tätigkeit. Der Arbeitgeber tut gut daran, seine Mitarbeiter auf Geschäftsreisen vorzubereiten. Ausserdem bringen Geschäftsreisen arbeitsrechtliche Fragestellungen zutage, die sich sonst kaum stellen.
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Weltweit verschmelzen Märkte und Kulturen im Zuge internationaler Arbeitsteilung und Globalisierung. Daraus ergeben sich interessante wirtschaftliche Möglichkeiten für Schweizer KMU. Doch Vorsicht, das internationale Business-Parkett ist glatt.

Längst sind KMU nicht mehr ausschliesslich lokal verankert. Bei einem stagnierenden Heimmarkt wächst die internationale Ausrichtung des nationalen Mittelstands von Jahr zu Jahr. Die Öffnung des Zugangs zu den EU-Märkten und internationale Abkommen unterstützen die Expansionslust und locken Schweizer KMU in den Weltmarkt.Im Ausland durchzustarten, eröffnet wirtschaftliche Chancen, birgt aber auch Tücken. Während sich Unternehmen mit grösster Sorgfalt den betriebswirtschaftlichen, technischen, infrastrukturellen und finanziellen Dimensionen einer internationalen Expansion widmen, bleibt die interkulturelle Kompetenz der Geschäftsführer und Mitarbeiter oft auf der Strecke. Dabei zählt diese nachweislich zu den wichtigsten Erfolgsfaktoren. Denn: Internationale Begegnungen sind häufig delikat. Lassen sich sprachliche Hürden noch relativ einfach ausräumen, gilt das für die unterschiedlichen Wertesysteme, Verhaltensweisen, Kommunikationsstile und Entscheidungsfindungen der beteiligten Akteure weitaus weniger. Aus diesem Aufeinandertreffen verschiedener Kulturen können auf der persönlichen Ebene Irritationen, Missverständnisse und Zweifel entstehen, welche geschäftliche Beziehungen empfindlich belasten können.

Interkulturelle Kompetenz beruht wesentlich auf der persönlichen Fähigkeit zur Selbst-Sensibilisierung und -Reflexion. Jeder Mensch hat bewusste und unbewusste Verhaltensprogramme, Prägungen oder Muster, die für das individuelle Denken und Handeln richtungsweisend sind. Sie kennzeichnen sich einerseits durch ein äusserlich sichtbares Verhalten und anderseits durch eine innere Haltung.

Kulturelle Barrieren und Missverständnisse entstehen dadurch, dass Menschen unbekannte Kulturen durch die eigene «Brille» wahrnehmen, dass sie also das Fremde aus ihrem Weltbild heraus einordnen und hinterfragen. Dabei agieren sie grösstenteils automatisch aus angeborenen, erlernten und erfahrenen Gewohnheiten heraus. Dieses Verhalten verleiht (uns) Sicherheit.

Kulturelle Selbst-Sensibilisierung besteht darin, jenen kleinen Teil des bewusst gesteuerten Verhaltens durch vermehrte und vertiefte Reflexion «noch bewusster zu machen». Die Sensibilisierung und die Besinnung auf die eigenen Werte, Ressourcen und Verhaltensweisen ermöglichen es eingefahrene Verhaltensmuster aufzubrechen und angemessene Erwartungen an fremde Kulturen zu setzen. Die Öffnung des eigenen Horizonts und die Be­reit­schaft, unvoreingenommen(er) auf Neues zuzugehen, tragen entscheidend zu einem souveränen Auftreten in fremden Kulturen bei. Zugleich verhilft eine Selbst-Sensibilisierung dazu, Unterschiede und Gemeinsamkeiten rascher wahrzunehmen.

Dos and Don’ts: Beispiele

Guanxi – das ist das chinesische Zauberwort dafür, dass alles in einem Gegenseitigkeitsverhältnis steht. Der Mensch definiert sich in China über sein soziales Umfeld und über seine Stellung in der Gesellschaft. Ein kleines Geschenk in der Handtasche bereitzuhalten, ist empfehlenswert. Denn sollte man jemanden um einen Gefallen bitten, ist es angebracht, ein Dankeschön als Wertschätzung zu überreichen. Ändert ein chinesischer Geschäftspartner kurzfristig den Plan, ist es wichtig, nicht mit nein oder ja zu antworten, sondern Möglichkeiten aufzuzeigen und eine Lösung zu finden. Die Verhandlungen sind in allen asiatischen Ländern zäher und langwieriger als in Europa. Man sitzt Probleme aus und geht sie selten direkt an. Verhandlung ist ein Spiel mit Bluffs, Verzögerungen und Tricks. Beharrlichkeit und ständige Wiederholung des eigenen Standpunkts sind gefragt. Man darf klarmachen, dass man zum Abbruch bereit ist. Auch ein kontrollierter «Wutausbruch» gilt als erlaubte Verhandlungstaktik. Genervt zu wirken, ist hingegen schlecht. Schon auffälliges Augenreiben oder stöhnendes Durchatmen werden als Schwäche und Zeichen dafür gewertet, dass man bald Fehler machen wird.

Anders in der Schweiz und Deutschland: Kunden in der Schweiz fühlen sich schnell bevormundet, wenn sie nicht aktiv in den Lösungsprozess eingebunden werden. In Deutschland wird wiederum viel Wert auf Status und Prestige gelegt. Eine Anreise zum Business Meeting mit den ÖV kann auf Unverständnis stossen, ebenso ein zu rasches Duzen der Meeting-Teilnehmer.

Geschäftsreisen sind spannende und herausfordernde Tätigkeiten. Dabei stellen sich immer mal wieder Fragen, was und in welchem Umfang denn nun bezahlt sei. Wenn Mitarbeitende wegen einer Geschäftsreise früher aus dem Haus müssen oder deswegen viel später nach Hause zurückkehren oder in einem Hotel übernachten müssen, fragt sich, was als Arbeitszeit gilt und was nicht.Im Obliga­tionenrecht finden sich keine Regelungen betreffend Arbeitszeit oder Arbeitsweg. Somit gibt es hierzu im Obligationenrecht auch keine zwingenden Normen, die zu beachten sind. Es ist daher grundsätzlich zulässig, eine vertragliche Regelung hinsichtlich Arbeitszeit zu treffen. Die Verordnung 1 zum Arbeitsgesetz (ArGV1) dagegen definiert rudimentär, was Arbeitszeit ist:

› Gemäss Art. 13 I ArGV1 ist Arbeitszeit, wenn sich der Arbeitnehmende dem Arbeitgeber zur Verfügung zu halten hat. Arbeitsweg, so diese Bestimmung weiter, gilt grundsätzlich nicht als Arbeitszeit.

› Art. 13 II ArGV1 regelt, dass bei Arbeit ausserhalb des Arbeitsortes die Wegzeit in dem Masse als Arbeitszeit anzurechnen ist, in welchem sie über den ordentlichen Arbeitsweg hinausgeht.

› Bei angeordneter Weiterbildung, so Art. 13 IV ArGV1, stellt die aufgewendete Ausbildungszeit ebenfalls Arbeitszeit dar.

Nicht geregelt wird der Fall desjenigen Mitarbeiters, der keinen festen Arbeitsort hat. Hier sind vertragliche Regelungen zu treffen. Darauf hinzuweisen ist ferner, dass das Arbeitsgesetz nur innerhalb der Schweiz gilt. Bei Einsätzen im Ausland gilt das Arbeitsgesetz nicht und es ist eine vertragliche Regelung zu finden. Es sollte also unbedingt in einem Personalreglement oder einem Spezialreglement definiert werden, wie die Zeit bei Geschäftsreisen zu erfassen ist.

Oft findet sich die Regelung, dass die durchschnittliche Tagesarbeitszeit gutgeschrieben wird. Eine durchaus taugliche Lösung, auch wenn diese im Einzelfall vielleicht anders gehandhabt werden sollte. Für all jene Mitarbeitenden, die keine Arbeitszeit erfassen und gemäss Vertrauensarbeitszeit arbeiten, stellt sich denn die Frage gar nicht. Hier kann davon ausgegangen werden, dass sich diese Mitarbeitenden die entsprechenden Kompensationszeiten selber genehmigen.

Dem Mitarbeiter müssen alle Auslagen, die ihm im Zusammenhang mit der Ausübung seiner Arbeitstätigkeit entstanden sind, vergütet werden. Welche Hotelklasse gebucht werden darf und ob im Zug erste oder zweite Klasse gefahren wird, oder welche Tarife bei Flugreisen zu buchen sind, all diese Dinge sind meistens reglementarisch festgelegt. Mitarbeitende, die viel unterwegs sind, unabhängig davon, ob im Inland oder im Ausland, haben oft eine Spesenpauschale. Doch auch hierbei können Unklarheiten aufkommen.

So stellt sich beispielsweise die Frage, ob diese Pauschale auch bei Krankheit oder bei einer allfälligen Freistellung zu bezahlen ist. Dabei kommt es darauf an, ob es echter Auslagenersatz oder Lohnbestandteil darstellt. Im ersten Fall muss die Pauschale grundsätzlich nicht bezahlt werden, im zweiten Fall allerdings schon. Hier lohnt es sich, dies vorgängig vertraglich zu definieren.

Von den Kostenfolgen einer Geschäftsreise abgesehen, ist der Arbeitgeber auch juristisch verpflichtet, die Mitarbeitenden, die er in ferne Länder schickt, entsprechend über Risiken zu informieren und zu schulen. Dies ergibt sich aus der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer, die selbstverständlich über die Landesgrenzen hinweg Bestand hat. Mitarbeiter auf einen bevorstehenden Auslandeinsatz zu schulen, ist also mehr als «nur» eine moralische Pflicht. Reist der Mitarbeiter in politisch angespannte Länder oder in Krisenregionen, sollte er auch schriftlich über die Risiken und das angezeigte Verhalten informiert sein. «

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