Wenn ich heute beim Metzger um die Ecke am Tresen stehe, sehe ich vor meinem inneren Auge immer noch die Verkäuferin, die einst auf rosafarbenem Papier die Zahlenkolonnen blitzschnell aufaddierte. Ich habe damals öfters mal nachgerechnet – an ihre Zeit kam ich nicht heran und einen Fehler konnte ich nie finden. Dank Hightech-Waagen, die automatisch die Preise aufaddieren und das Endergebnis ausspucken, entfällt heute das dutzendfache Addieren am Tag. Dieses Phänomen ist stellvertretend für viele: Die Mühsal des Kartenlesens nimmt uns das Navi ab. Die wichtigsten Telefonnummern sind nicht mehr in unserem Kopf, sondern in den Kontakten des Handys gespeichert. Intelligentes Autolicht entbindet uns vom Auf- und Abblenden bei Nachtfahrten. Die Werbung suggeriert uns den immensen Vorteil «Damit Sie den Kopf freihaben für anderes!» – nur für was? In der Tat sind diese Erleichterungen komfortabel. Aber sind sie auch gut für unser Gehirn?
Den Geist trainieren
Das, was wir an geistiger Mühe sparen, müssen wir eben an anderer Stelle wieder kompensieren. Und diese Kompensation heisst Brain-Tuning. Ein Argument, das man bei jeder Form des geistigen Trainings anführt, ist, dass der Trainierende nur in den speziell geübten Aufgaben besser wird. Wer aber die Basisgrössen der Informationsverarbeitung trainiert, profitiert davon auch auf anderen Gebieten. Und das hat Auswirkungen auf den IQ, die fluide Intelligenz und bringt Erfolge in Beruf und Alltag mit sich.
Wenn Sie jetzt einen bunten Massnahmenkatalog mit Übungsheftchen und Denksportaufgaben erwarten, muss ich Sie enttäuschen. Das regelmässige Lösen von Denksportaufgaben wirkt sich sicherlich positiv auf Ihre geistige Leistungsfähigkeit aus. Doch so weit brauchen Sie gar nicht zu gehen. Es ist wie mit Ihrer körperlichen Fitness. Sie können jeden Tag joggen gehen oder im Fitnessstudio Ihren Körper stählen. Das ist aber eher etwas für Enthusiasten.
Weniger Sportbegeisterte werden vermutlich nicht die notwendige Disziplin aufbringen. Sie können auch einfach nebenbei trainieren. Steigen Sie zum Beispiel eine Haltestelle früher aus dem Bus und gehen den Rest zu Fuss; anstatt den Fahrstuhl zu bemühen, erklimmen Sie die Stockwerke zukünftig per pedes, und die Semmel holen Sie demnächst ebenfalls zu Fuss. Das lässt sich einfach nebenbei einrichten und wird Ihr Leben nicht vollkommen auf den Kopf stellen. So ähnlich lässt sich auch die geistige Fitness trainieren. Mit einfachen Methoden kann man schon beträchtliche Erfolge ganz nebenbei mitnehmen.