Burnout als ernst zu nehmende Erkrankung stösst bei der Schweizer Bevölkerung heute auf eine sehr hohe Akzeptanz. Das gilt auch für die Arbeitgeber – viele Unternehmen ergreifen inzwischen aktiv Massnahmen, um die Risiken einer stressbedingten Erkrankung am Arbeitsplatz zu verringern. Und kommt es dennoch zu einem Burnout, können Mitarbeitende heute in der Regel mit Verständnis vonseiten des Arbeitgebers rechnen. Diesbezüglich hat sich in der Schweiz in den vergangenen Jahren viel getan – vorbei sind die Zeiten, als Burnout-Patienten als arbeitsscheue Simulanten abgetan wurden. Dennoch fällt Betroffenen die Selbstdiagnose «Burnout» oft nicht einfach. Das hat verschiedene Gründe.
Scham oder Unwissen?
Einerseits gibt es trotz der hohen gesellschaftlichen Akzeptanz für Burnout nach wie vor Menschen, die Mühe darin bekunden, sich eine Krankheit einzugestehen, die sie als Folge des eigenen Versagens betrachten. Hier ist die Gesellschaft in der Pflicht: Es ist an der Zeit, sich einzugestehen, dass jeder Mensch nur über begrenzte Ressourcen verfügt und somit nicht grenzenlos belastbar ist. Dabei ist die Belastbarkeit individuell verschieden. Dies wird in unserer von Leistung und Erfolg geprägten Gesellschaft noch viel zu oft vergessen. Es braucht daher ein gesellschaftliches Umdenken: Wir müssen anerkennen, dass der Mensch nicht für chronischen Stress gewappnet ist.
Die Burnout-Spirale
Oft ist es aber auch so, dass ein Burnout zunächst nicht als solches erkannt wird. Das liegt daran, dass die Ursachen von Stressfolgeerkrankungen komplex und die Symptome sehr vielfältig und somit nicht immer eindeutig sind: Wer würde schon eine gesteigerte Aggressivität, den Konsum von suchtfördernden Substanzen oder diffuse Magen-Darm-Beschwerden mit einem Burnout in Verbindung bringen? Weitere Warnsymptome für chronischen Stress sind Reizbarkeit, Motivationsverlust, Erschöpfung, Konzentrations- und vor allem Schlafstörung. Wenn die Erschöpfung zudem auch nach einer Regenerationszeit wie einem langen Wochenende oder Ferien nicht spürbar abgenommen hat, ist das ein weiteres Indiz für ein Burnout.
Realisiert man, dass jemand chronisch überlastet ist, sei es nun bei sich selber oder aber bei einem Angehörigen, Freund oder Arbeitskollegen, dann sollte man unbedingt Gegenmassnahmen ergreifen. Dabei kann man sich an drei Fragen orientieren:
- Wo und wie kann ich mich von Stressoren entlasten?
- Wie kann ich Entspannung und sportliche Aktivität in meinen Alltag einbauen?
- Welche Ansprüche habe ich an mich und meine Leistungsfähigkeit? Muss ich diese gegebenenfalls revidieren?
Zudem wirkt es oft entlastend, wenn man sich jemandem anvertraut – viele Menschen haben ähnliche Erfahrungen gemacht und können praktische und emotionale Unterstützung bieten. Wenn all dies nicht weiterhilft, wenn hartnäckige Schlaf- oder Konzentrationsstörungen auftreten, man ständig erschöpft ist oder Stimmungsschwankungen und Ängste auftreten, dann sollte man professionelle Hilfe beiziehen. Denn es droht eine sogenannte Burnout-Spirale: Burnout-Patienten, die eine Überforderung erleben, wenden in der Regel noch mehr Zeit und Ressourcen auf, um die an sie gestellten Anforderungen zu erfüllen. Dadurch werden jedoch ausgleichende Lebensbereiche wie etwa Sport oder soziale Kontakte vernachlässigt, wodurch die Überforderung mit der Zeit noch akuter wird. Schliesslich wendet man seine gesamte Zeit auf die Bewältigung der Anforderungen auf, ohne jedoch dem Ziel näher zu kommen.