Mensch & Arbeit

Psychologie

Die Quellen der Motivation aktiv nutzen

Alles, was bisher als verlässlich erschien, wurde durch Covid-19 und dessen Auswirkungen auf das öffentliche, gesellschaftliche und nicht zuletzt auch wirtschaftliche Leben infrage gestellt, wenn nicht sogar unmöglich gemacht. Umso wichtiger ist nun, die Widerstands­fähigkeit zu stärken und an neuer Motivation zu arbeiten.
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Die Covid-19-Pandemie und die dadurch verursachten Massnahmen haben zu starken Einschränkungen und oft auch Rückschlägen geführt. Im Seelenleben vieler Menschen hat sich Resignation breitgemacht. Um unsere Widerstandsfähigkeit zu stärken und zu neuer Mo­tivation zu finden, ist es unumgänglich, die Quellen der eigenen Motivation zu kennen und aktiv dafür zu sorgen, dass diese «sprudeln».


Die Quellen der Motivation

In ihrer Selbstbestimmungstheorie, zwischen 1985 und dem Jahr 2000 entwickelt, definieren die beiden amerikanischen Psychologieprofessoren und Motivationswissenschaftler Edward Deci und Richard Ryan drei grundlegende, kulturübergreifend geltende, psychologische Grundbedürfnisse. Von diesen drei Quellen der Motivation sowie deren Grad der Erfüllung hängt es ab, wie sehr wir intrinsisch, also «von innen heraus», motiviert sind. Ein wesentlicher Bestandteil der von der Autorin entwickelten «Happy-Sales-Philosophie» ist es, jeden Tag etwas für das eigene Glücksgefühl zu tun. Denn wir haben es zum grössten Teil selbst in der Hand, wie glücklich und motiviert wir uns fühlen. Die drei Grundbedürfnisse der Selbstbestimmungstheorie sind:

Selbstbestimmtes Handeln und Autonomie
Es geht darum, wie frei wir unser per­sönliches und berufliches Leben gestalten können. Sehen wir einen Sinn in unserem Tun? Auf Englisch und in der aktuellen (Selbst-)Managementliteratur bezeichnet als «Purpose». Ein trendiges Thema, nicht nur in der Selbstführung, sondern auch in der Wirtschaft. Wo es früher im Unternehmen darum ging,Profit zu erzielen, hat heute der übergeordnete Unternehmenszweck eine mindestens gleichwertige Bedeutung, um Unternehmer, Mitarbeiter und Kunden glücklich zu machen. Zurück zum individuellen, persönlichen Sinn. Was ist Ihr persönlicher Antrieb? Wie erbringen Sie Ihre Leistung und nach welchen Werten leben Sie? Wie wichtig es ist, bei der Motivationsquelle «Auto­nomie» in die Tiefe zu gehen, zeigen uns ganz deutlich die persönlichen Einschränkungen, die der Gesetzgeber zur Bekämpfung der Pandemie angeordnet hat. Kontakt- und Reisebeschränkungen bedeuten natürlich einen grossen Eingriff in unsere Selbstbestimmtheit. Und gleichzeitig hat die breite Akzeptanz des Homeoffice zu einer grösseren Freiheit der persönlichen Zeitplanung geführt. Einige von uns sind dabei sicherlich an ihre Grenzen geraten. Was zugleich ein schönes Beispiel für die zweite Motivationsquelle ist.

Kompetenz und Selbstwirksamkeit
Hier ist die entscheidende Frage, wie kompetent wir uns in unserem täglichen Handeln erleben. Die Psychologen verwenden dazu oftmals den Begriff der «Selbstwirksamkeit». Denn ich mag noch so viel Wissen und Erfahrung haben, das alles nützt mir nichts, wenn ich sie nicht auch erfolgreich anwenden kann. In meiner Kernkompetenz, dem Vertrieb, haben das gerade Aussendienstmit­arbeiter dieses Jahr durch die Besuchs­beschränkungen bei ihren Kunden drastisch erfahren müssen. Zum Thema Kompetenz gehört aber auch, Wege zu finden, wie ich diese Kompetenz trotzdem zur Geltung bringen kann. Im Falle meiner Aussendienstkunden wird in der Kundenbetreuung aktuell wieder mehr Wert auf das Telefon und neuerdings auf Web­meetings mit dem Kunden gelegt. Ein Tipp in Sachen Selbstwirksamkeit: Im Alltag fallen uns die eigenen Erfolge, die aus unserer Kompetenz resultieren, oft gar nicht auf. Wir halten sie für selbstverständlich. Machen Sie sich daher tagtäglich bewusst, was Ihnen heute alles geglückt ist, und damit meine ich ganz bewusst nicht, was Ihnen scheinbar geschenkt wurde, sondern wozu Sie selbstbestimmt und aktiv beigetragen haben.

Soziale Bindung und Zwischenmenschliches
Zusammen geht es immer einfacher. Und macht auch mehr Spass als alleine. Die dritte Motivationsquelle ist für viele die am leichtesten begreifbare. Dabei kommt es nicht auf die Vielzahl der Freunde und Bekannten, sondern eher auf die Qualität der Kontakte an. Wie gut wir uns in un­serem sozialen Umfeld eingebunden fühlen, ist ein wesentlicher Indikator dafür, wie widerstandsfähig wir sind. Das zeigen eindrücklich aktuelle Ergebnisse der Resilienzforschung. Priorisieren Sie zwischenmenschliche Kontakte mindestens genauso stark wie Ihre sonstigen To-dos. Und statt flink eine E-Mail oder Whatsapp zu schreiben, lieber mal zum Telefonhörer greifen oder noch besser ein gemeinsames Treffen – soweit es die Regeln zulassen und sinnvoll ist – mit Kunden, Kollegen, Freunden und Familie vereinbaren. 

Neue Chancen identifizieren

Es gab 2020 gravierende Umbrüche und Einflussnahmen durch Covid-19. Jetzt ist ein bewusster Perspektivwechsel ratsam und dabei vor allem auf die positiven Seiten zu schauen, indem Sie sich folgende Fragen beantworten:

  • Was hat sich überraschend positiv entwickelt?
  • Was durften Sie lernen?
  • Wovon können Sie auch 2021 und in den Folgejahren profitieren?

Dazu ist eine Übung hilfreich. Malen Sie drei Wassergläser auf ein Blatt Papier und beschriften Sie diese entsprechend den drei Grundbedürfnissen Autonomie, Kompetenz und Soziale Bindung. Im zweiten Schritt zeichnen Sie für sich Ihren indi­viduellen Sollzustand ein. Im dritten Schritt markieren Sie mit einer anderen Farbe Ihren Istzustand. Jetzt geht es an die Analyse mit folgenden zwei Fragen:

  • Wo ergibt sich eine positive Abweichung zwischen Soll und Ist? Aus welcher Quelle können Sie richtig viel Energie und Antrieb schöpfen?
  • Welche Motivationsquelle weist leider eine negative Abweichung, also ein Motivationsdefizit, auf? Warum ist das so? Und wie können Sie diese demotivierenden Ursachen beseitigen?

Durch die einfache Visualisierung mit den drei «Motivationsbehältern» und der nachfolgenden Analyse wissen Sie recht schnell, worüber Sie sich freuen können und wo Sie in Sachen Motivation angreifen sollten. Um zu neuer Motivation zu finden, gilt es zu identifizieren, was die drei Motivationsquellen zum Sprudeln bringt. Was ist beispielsweise beizubehalten? 

  • Sollen die sozialen Beziehungen weiterhin eine wichtige Zutat sein? Dann könnte ein Ziel sein, auch weiterhin einmal wöchentlich Freunde zu treffen.
  • Haben Sie Handlungsbedarf beim The­ma Kompetenz entdeckt? Dann machen Sie doch die Weiterbildung, die Sie sich schon so lange vornehmen.
  • Möchten Sie beruflich den sinnbringenden Tätigketen mehr Raum geben? Dann identifizieren Sie diesen Anteil Ihres Berufes und denken Sie über mögliche Umgestaltungen in Ihrem Arbeitsumfeld nach. Das schärft Ihr Bewusstsein für die wirklich wichtigen Dinge und lässt Sie motivierter handeln. Ganz nebenbei entwickeln Sie auch noch mehr Gelassenheit für unliebsame Tätigkeiten. 
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