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Karriere

Der Weg an die Spitze führt oft nicht am Grossunternehmen vorbei

Karrierestart im Grossbetrieb und die Kulmination in einer verantwortungsvollen Position in einem KMU – so sieht manch eine Berufslaufbahn von Führungskräften in der Schweiz aus. Seit einigen Jahren zeichnet sich jedoch eine Tendenz weg vom Grossunternehmen hin zu KMU ab.
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Jahr für Jahr bestätigt sich der gleiche Trend. Die beliebtesten Arbeitgeber bei Hochschulabsolventen in der Schweiz zählen normalerweise auch zu den grössten. Bei den Wirtschaftswissenschaftlern rangiert gemäss einer jährlichen Erhebung des Employer-Branding-Unternehmens Universum der Lebensmittelmulti Nestlé und bei den Ingenieurwissenschaften der Technologiekonzern ABB zuoberst auf der Rangliste. Auf den nächsten Plätzen folgen Google, Credit Suisse und Swatch Group bei den Ökonomen sowie Siemens, SBB und Stadler Rail bei den Ingenieuren. Bei den Naturwissenschaftlern finden sich regelmässig noch Novartis und Roche auf den Spitzenrängen. Diese Resultate unterscheiden sich nur marginal von jenen anderer Studien, die jährlich zum Thema durchgeführt werden.

Was verbirgt sich hinter der Beliebtheit der Grossunternehmen bei Hochschulabsolventen? Zum einen ist es sicher die Reputation des Unternehmens und dessen «Brand», der es für junge Spezialisten attraktiv macht, sich bei diesen Grosskonzernen zu bewerben. Denn je besser die Reputation eines Unternehmens ist, desto mehr profitiert auch der Mitarbeitende davon, indem er weniger Erklärungsbedarf hat, wenn er die Karriereleiter eine Stufe hinaufklettern und das Unternehmen wechseln möchte. Da Nestlé, Novartis oder ABB und Co. erfolgreiche Grosskonzerne sind, attestiert man den Mitarbeitenden solcher Unternehmen automatisch auch, dass sie mit Fähigkeiten ausgestattet sind, die zum Unternehmenserfolg beitragen. Wären sie in einem wenig bekannten KMU angestellt, wäre nicht nur der Erklärungsbedarf über den Erfolgsausweis dieses Unternehmens höher, sondern auch jener über die eigenen Kompetenzen.

Ein weiterer Vorteil, den ein Grosskonzern bieten kann, ist die sogenannte «Best Practice». Ein Unternehmen, das nach einer «Best Practice» vorgeht, setzt Verfahren, technische Systeme und Geschäftsprozesse ein, die es im Idealfall zum Musterbetrieb für andere Unternehmen werden lässt. Diese «Best Practice»-Kenntnisse lassen sich am ehesten in einem grossen Unternehmen mit komplexem Umfeld und ebenso komplexen Strukturen aneignen. Solche Konzerne haben auch meist mehr finanzielle Möglichkeiten und personelle Ressourcen für den Aufbau von «Best-Practice»-Strukturen als KMU, die gezwungen sind, ihre Kräfte zu bündeln und fokussiert auf ein Ziel hinzuarbeiten. Trotzdem sind genau diese Fähigkeiten auch in einem KMU ein gefragtes Asset.

Vorteil Internationalität

Verschiedene Faktoren sind dafür verantwortlich, dass sich in den letzten Jahren eine verstärkte Tendenz weg vom Grossunternehmen hin zu KMU abzuzeichnen begann. Eines vorweg: Noch immer planen die meisten jungen Hochschulabsolventen ihren Karrierestart in einem Grosskonzern. Aber immer öfter streben diese Führungskräfte nach der ersten Karrierehälfte eine Veränderung an und suchen sich den Weg in ein Umfeld, das weniger von hierarchischen Strukturen und mehr von Unternehmertum gekennzeichnet ist.

Dabei spielt sicher die Tatsache eine Rolle, dass heutzutage die meisten KMU ebenso international ausgerichtet sind wie ihre grossen Pendants. Der Begriff «Born Global» für Unternehmen, die, kaum gegründet, schon auf dem internationalen Markt tätig sind, zeugt von dieser Tatsache. Solche Unternehmen benötigen Führungskräfte mit Fähigkeiten, die sie am ehesten in Grossunternehmen finden. Es handelt sich dabei um Führungskräfte mit internationaler Erfahrung, guter Ausbildung, fachlicher Tiefe und Know-how in Best-Practice-Prozessen. Diese sind in der Lage, professionelle Managementwerkzeuge einzuführen und ein KMU auf eine neue Stufe zu bringen. Oftmals erhoffen sich die neuen starken Personen in KMU ihrerseits vom Wechsel mehr Freiheit und Einflussnahme sowie eine breitere funktionale Verantwortung im Sinne einer Beteiligung am Unternehmen oder einer ganzen Übernahme.

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