In «Scrum»-Projekten sind Retrospektiven ein integraler Bestandteil der Arbeit. Sie dienen dazu, den vorangegangenen Sprint zu analysieren, um sowohl aus Fehlern als auch aus positiven Geschehnissen zu lernen. Dadurch sollen die Teamarbeit kontinuierlich verbessert und der Projekterfolg sichergestellt werden. Eine auf Feedback von Kunden, Vorgesetzten und Kollegen ausgelegte Retrospektive bietet darüber hinaus die Chance, daraus einen Nutzen für die eigene persönliche Weiterentwicklung zu ziehen.
Prozessrahmen definieren
Besonders wertvoll ist das Feedback von Personen aus dem direkten Arbeitsumfeld, denn selbst erfahrenen Führungskräften fällt es oft schwer, ihren Mitarbeitenden konstruktive Rückmeldungen zu geben, wenn sie nicht unmittelbar mit ihnen zusammenarbeiten. Feedbackgespräche im Projektteam bergen jedoch auch einige Hürden, die es zu überwinden gilt: Manche Kollegen möchten nicht als «Besserwisser» wahrgenommen werden und trauen sich daher nicht, offen auf Schwächen und Stärken anderer hinzuweisen. Andere wiederum äussern Kritik und sind dann überrascht, wenn es negative Reaktionen gibt.
Der Feedback-Prozess ist insbesondere in Teams herausfordernd, die eine sehr heterogene Struktur aufweisen: beispielsweise, wenn Mitarbeiter des Kunden zum Team gehören oder auch in Projektteams, die aus Mitarbeitern mehrerer organisatorischer Einheiten zusammengestellt sind. Hier bestehen oft Hemmungen, die den offenen und ehrlichen Austausch behindern. Und wenn sowohl der Bedarf als auch der Wunsch nach Feedback vorhanden ist, fehlt es oftmals an Wissen, wie man es richtig macht und welche Regeln beim Feedback sinnvoll sind.
Die nachfolgend erläuterte Methode hilft Teammitgliedern dabei, sich fair und konstruktiv Feedback zu geben, indem sie einen Rahmen dafür definiert. Entwickelt wurde dieses Vorgehen für die Retrospektive von Projektteams, in denen Softwareentwickler, Vorgesetzte und Mitar-beitende des Kunden zusammenarbeiten, die jeweils über einen sehr unterschiedlichen Erfahrungsschatz verfügen. Ein Team also, dessen Zusammenstellung ein direktes und offenes Feedback – sowie den konstruktiven Umgang damit – spürbar erschwert.
Ablaufplan
Folgende acht Schritte helfen, eine Retrospektive so zu gestalten, dass es dennoch relativ leicht möglich ist, ein offenes – und vor allem für alle wertvolles – Feedback zu geben. Dabei stellen der vorgesehene Ablauf sowie die speziellen Fragestellungen sicher, dass sich die Teilnehmer tatsächlich konstruktives Feedback geben und Wertschätzung füreinander zeigen. Natürlich kann auch der «Scrum»-Master als Teammitglied aktiv an der Retrospektive teilnehmen – in diesem Fall muss jedoch ein externer Moderator die Feedback-Runde leiten.
Schritt 1: Vorbereitung
Benötigt werden: Ein namentlich gekennzeichnetes und mit den entsprechenden Fragen / Bereichen vorbereitetes Blatt für jeden Teilnehmer, idealerweise im DIN-A2-Format, ein ausreichend grosser Tisch, Filzstifte.
Schritt 2: Einstimmung – Abstand zum Tagesgeschäft schaffen
Eine kleine Übung zum Einstieg sollte den Teamkollegen ein «anderes», entspanntes Setting ermöglichen und Abstand zum Tagesgeschäft schaffen. Beispiele für mögliche Aufgaben:
- Jeder soll etwas von sich erzählen, was die anderen noch nicht wissen.
Oder:
- Jeder erzählt eine Wahrheit und eine Lüge über sich – das Team schätzt, was gelogen ist.
Zeitrahmen: zirka 15 Minuten.