Marketing & Vertrieb

Return on Investment

Wie Marketing und Verkauf ihre Budgets wirkungsvoll einsetzen

Unternehmen können die Absatzwirkung am Markt steigern, indem sie ihre Verkaufs- und Marketinggelder optimal verteilen: Auf der Basis von Fakten und dem Wissen über die Wirkung der einzelnen Massnahmen und Instrumente auf den Umsatz auch untereinander. Wie das funktioniert, zeigt dieser Beitrag.
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Unternehmen müssen anspruchsvolle Wachstumsziele erreichen, und das in aller Regel ohne mehr investieren zu können. Die Ausgaben für Verkauf und Marketing sind ein beträchtlicher Teil der Gesamtkosten. Dadurch stehen diese Abteilungen unter einem enormen Druck, dass den grossen Ausgaben auch die erwarteten Erträge folgen.

Leider fehlt jedoch häufig das fakten- und zahlen­basierte Verständnis über die Wirkungszusammenhänge der einzelnen Massnahmen und Instrumente im Verkauf und Marketing. Das heisst, die wenigsten wissen, inwiefern zum Beispiel eine Erweiterung des Verkaufsteams, eine neue Produktverpackung oder zusätzliche Werbeinserate den Umsatz tatsächlich beeinflussen. Dieses fehlende Verständnis führt zu unproduktiven und emotions­geladenen Diskussionen und vor allem falschen Entscheiden über die (Um-)Verteilung von Ressourcen und über Investitionsvorhaben.

Ganzheitlich ansetzen

Als logische Konsequenz tritt die erhoffte Wirkung auf Umsatz und Wachstum nicht im erwarteten Ausmass ein beziehungsweise man weiss nicht, welche Massnahme sich nun gelohnt hat, und welche man sich besser gespart hätte. Hinzu kommt, dass in vielen Unternehmen der Verkauf und das Marketing ihre Massnahmenportfolios getrennt voneinander optimieren und somit das Risiko für Fehlentscheidungen zusätzlich erhöht ist.

Die Erfahrung zeigt, dass ein ganzheit­licher (über die Abteilungsgrenzen hinweg) und faktenbasierter Ansatz, bei welchem Verkauf und Marketing eng zusammenarbeiten, in deutlich besseren Ergebnissen resultiert. Folgende Schlüsselfragen müssen zur Etablierung eines solchen Ansatzes beantwortet werden

  • Wie können wir bei unseren Zielkunden den Informations-, Kauf- und Nutzungsprozess – die Customer Journey – im gewollten Sinne beeinflussen?
  • Welche Stellhebel im Verkauf und Marketing sind dafür relevant?
  • Welchen Beitrag zur Zielerreichung leistet jedes einzelne unserer Verkaufs- und Marketinginstrumente/-massnahmen?
  • Wie sollen wir unsere Verkaufs- und Marketingressourcen (um-)verteilen, um in Zukunft am meisten zu profitieren bzw. den grössten Return zu erhalten?

Die Ausgangslage

Eine von Abegglen Management Consultants durchgeführte europaweite Studie zeigt, dass bei über der Hälfte aller Unternehmen die Ressourcenverteilung getrennt innerhalb Verkauf und Marketing durchgeführt und die Energie für «Budget-Verteilkämpfe» verschwendet wird. Beide Abteilungen optimieren ihre Ressourcenzuteilung ausschliesslich auf der Basis von abteilungsspezifischen Kennzahlen. Bei fast 40 Prozent der befragten Unternehmen kommt es zudem vor, dass das Budget des Vorjahres mehr oder weniger unverändert auch für das nächste Jahr fortgeschrieben wird – ohne das damit bisher Erreichte oder nicht Erreichte kritisch zu prüfen. Hinzu kommt, dass den Unternehmen oft gar nicht klar ist, welche Aktivitäten und Instrumente wie stark zur Erreichung der Wachstumsziele beitragen, sprich welchen Effekt sie haben. Entscheidungen werden daher im Bauch und aufgrund von Erfahrungen gefällt – nicht immer der beste Ratgeber.

Das Vorgehen

Ein Ansatz, um diese Situation zu ändern und Licht ins Dunkel zu bringen, stellt das von Abegglen entwickelte Romsi-Mo­dell dar (siehe Abbildung 1). Dabei steht Romsi für Return on Marketing and Sales Investment.

Das Modell besteht aus sechs verschiedenen Elementen (dunkelblaue Kästchen in Abbildung 1), die jeweils – richtig und systematisch ausgestaltet – eine Steigerung des Romsi mit sich bringen. Dabei ist wichtig, dass dieses Modell keine Universalanleitung darstellt. Denn die konkrete Ausgestaltung der einzelnen Elemente hängt stark von der Unternehmensstrategie, dem jeweiligen Markt oder den spezifischen Customer Journeys ab. Aber das Modell liefert konkrete Anhaltspunkte, worauf innerhalb der verschiedenen Elemente geachtet werden muss, um den Romsi zu steigern.

1. Strukturierte Übersicht

Nachfolgend sind diese Elemente, ihre Erfolgsfaktoren und einzelne Good Practice-Beispiele beschrieben. Im Bereich 1 «Strukturierte Übersicht» geht es zunächst darum, eine Übersicht über alle Verkaufs- und Marketingaktivitäten im gesamten Unternehmen und die jeweils aufgewendeten Ressourcen zu erhalten. Heute haben dies lediglich 57 Prozent aller befragten Unternehmen. Dabei ist wichtig, dass eine gemeinsame Transparenz von Verkauf und Marketing über effektiv alle ressourcenverbrauchenden Aktivitäten / Instrumente erreicht wird – zum Beispiel auch die Entwicklung einer neuen Produktverpackung oder die Vollkosten eines Verkäufers. Dies kreiert oft den ersten Aha-Effekt, da erkannt wird, dass die Anzahl der eingesetzten Massnahmen und Instrumente – und der Ressourcenaufwand – weit grösser ist als angenommen. Viele Massnahmen fliegen unerkannt einfach «unter dem Radar».

Sehr nahe am Idealzustand ist bereits ein untersuchtes Unternehmen, das Geräte im Bereich Gebäudereinigung herstellt: Sämtliche Aktivitäten und deren Finanzzahlen sind in einem System pro Kostenstelle, pro Verkaufsregion und pro Produktgruppe erfasst. Dadurch ist nicht nur eine strukturierte Gesamtübersicht gegeben, sondern es ist auch immer in Echtzeit ersichtlich, wie viel vom Budget bereits ausgegeben, verplant oder noch realloziierbar ist. So ist zum einen stets der aktuelle Implementierungsstand und zum anderen die vorhandene Flexibilität ersichtlich, um kurzfristig auf aktuelle Marktnotwendigkeiten zu reagieren.

2. Systematische Ressourcenallokation

Im Bereich 2 «Systematische Ressourcenallokation» geht es um die Frage, wie die zur Verfügung stehenden Ressourcen systematisch und auf Fakten basiert auf die verschiedenen Aktivitäten verteilt werden, sodass im Endeffekt die grösste Wirkung am Markt erzielt wird.

Dabei ist wichtig, dass dieser Ressourcenentscheid auf Markt- und Kundenerkenntnissen bzw. auf dem bewussten Entscheid, auf was fokussiert werden soll, aufbaut (siehe linker Teil in Abbildung 2). Auch hier ist die enge Zusammenarbeit von Verkauf und Marketing unabdingbar, klingt zwar selbstverständlich, wird aber heute in über der Hälfte der befragten Unternehmen noch nicht praktiziert. Idealerweise werden zudem zusätzliche Unternehmensbereiche wie zum Beispiel Finance in diesen Prozess eingebunden. Insgesamt ist auch bei diesem Prozess das Pareto-Prinzip zu berücksichtigen. Das heisst, es sollten nur diejenigen Massnahmen und Instrumente detailliert geplant werden, die insgesamt für 80 Prozent der Kosten verantwortlich sind. Um die Beschaffung der Fakten, die für die systematische Ressourcenallokation notwendig sind, geht es in den Bereichen 3 und 4 für einzelne Verkaufs- und Marketingaktivitäten und in den Bereichen 5 und 6 für das gesamte Aktivitäten-Portfolio.

3. Messung einzelner Aktivitäten

Bei der richtigen Ausgestaltung der einzelnen Aktivitäten ist zunächst wichtig, dass die Wirkung von jedem einzelnen Verkaufs- und Marketinginstrument auf die Zielsegmente eruiert und dokumentiert wird (Bereich 3). Dies ist heute bei lediglich 13 Prozent der befragten Unternehmen der Fall. Dabei muss sowohl der Effekt auf den Umsatz als auch auf die Kosten mit einbezogen werden.

Dies führt unter anderem zur wertvollen Erkenntnis, wie sich der Umsatz voraussichtlich verändert, wenn die Ausgaben für das ein oder andere Instrument verändert werden.

Die Berechnungen und Aufstellung verschiedener Szenarien basieren auf Messungen /Erhebungen, auf Verkaufs- und Marketingreports sowie auf Inputs und Einschätzungen von Schlüsselpersonen im Unternehmen, die in verschiedenen Workshops und Arbeitsmeetings herausgeschält werden. Die Top-Performer kennen dabei nicht ‹nur› die Wirkung der einzelnen Massnahmen auf den Umsatz, sondern sie wissen auch, wo sich die einzelnen Massnahmen auf der Investitions-Wirkungskurve befinden (siehe Abbildung 3).

Ein Unternehmen im Gesundheitsbereich zum Beispiel weiss aufgrund der Auswertung bisheriger Massnahmen relativ genau, ob sich der Wirkungsgrad einzelner Massnahmen noch verstärkt oder bereits wieder abnimmt, wenn noch mehr Ressourcen aufgewendet werden. Offensichtlich wird es am Beispiel einer Plakataktion: Ein einziges Plakat in der ganzen Schweiz zeigt praktisch keine Wirkung (Abbildung 3, ganz unten links auf der Kurve). Jede Plakatstelle innerhalb der ganzen Schweiz mit dem eigenen Plakat bestücken, hat zwar sicher eine Wirkung, diese ist jedoch im Verhältnis zu den Kosten sehr gering (Abbildung 3, ganz oben rechts auf der Kurve).

4. Optimierung einzelner Aktivitäten

Wichtig ist, dass dann diesem wertvollen Erkenntnisgewinn auch die entsprechenden Konsequenzen folgen und die einzelnen Verkaufs- und Marketingaktivitäten angepasst und somit optimiert werden (Bereich 4). In der Realität ist es jedoch so, dass über die Hälfte der Unternehmen dies nicht systematisch tun und nur acht Prozent der befragten Unternehmen die dafür notwendige Informationsbasis aufweisen.

5. Kenntnis über Synergien

Um den Romsi zu maximieren, greift es jedoch zu kurz, «nur» die einzelnen Aktivitäten zu optimieren. Da sich die verschiedenen Verkaufs- und Marketinginstrumente gegenseitig beeinflussen und sich gegenseitig verstärken oder auch behindern können, müssen auch diese Wirkungszusammenhänge berücksichtigt werden. Nur 35 Prozentz der befragten Unternehmen praktizieren dies bereits.

Daher gilt es, im Bereich 5 des Romsi-Modells Kenntnisse über diese Wirkungszusammenhänge bzw. die vorhandenen Synergien zu gewinnen. Auch hier wird man im Idealzustand um systematisch durchgeführte Markttests und Szenarienberechnungen nicht herumkommen. Allerdings können hier mittels eines «Market Impact Board» (siehe Abbildung 4), bereits relativ einfach, sehr gute Erkenntnisse gewonnen werden.

Ein «Market Impact Board» entsteht, wenn a.) die zu erreichenden Ziele und die entsprechenden Verkaufs- und Marketingaktivitäten auf einem genügend grossen Whiteboard verteilt aufgelistet werden. Anschliessend b.) mittels Pfeilen gekennzeichnet wird, welche Punkte sich gegenseitig beeinflussen. Und am Schluss c.) überlegt wird, wie dieser Einfluss aussieht und wie stark er ist. Auch wenn aus dieser Übung lediglich eine qualitative, subjektive Einschätzung entsteht, können bereits wertvolle Erkenntnisse über die zukünftige Ausgestaltung des gesamten Aktivitäten-Portfolios gewonnen werden.

Wenn diese «rein» qualitative Einschätzung nicht ausreicht, dann kann man sich ein Beispiel an einem FMCG-Unternehmen nehmen: Dort wird ganz bewusst ein Bündel verschiedener Massnahmen und Instrumente ausgewählt. Mit diesen werden Markttests durchgeführt, bei denen jeweils immer nur eine Massnahme verändert wird. Die gemessenen Veränderungen in der Wirkung sind die Basis für die zukünftige Ausgestaltung des Massnahmenportfolios.

6. Optimierung Aktivitäten-Portfolio

Selbstverständlich gilt auch bei der Portfoliobetrachtung, dass alle Erkenntnisse nichts wert sind, wenn sie nicht in konkrete Verbesserungsmassnahmen münden. Daher ist der Bereich 6 der konsequenten Optimierung des Aktivitäten-Portfolios gewidmet. Dieser Bereich reicht von relativ einfacher Optimierung, wenn zum Beispiel nur noch bestimmte Aktivitätenbündel gemeinsam eingesetzt werden, bis hin zu komplexer Optimierung, wo das optimale Aktivitäten-Portfolio in einem Simulationstool systematisch eruiert und umgesetzt wird. Allerdings sind lediglich fünf Prozent der befragten Unternehmen auf dieser Entwicklungsstufe angelangt.

Das Resultat

Als Resultat kann es am Ende zu einer radikalen Änderung der Verkaufs- und Marketingausgaben kommen. Zum Beispiel werden auf der einen Seite die Ausgaben für Produktverpackungen und Direct Mailings erhöht und auf der anderen Seite die Anzahl von Aussendienstbesuchen bei kleinen und weniger profitablen Kundensegmenten reduziert. Zusätzlich vergrössert man zum Beispiel die Verkaufsmannschaft, aber verringert die Werbeintensität innerhalb des hochprofitablen Kundensegments. Dabei ist wichtig, dass diese Veränderungen gemeinsam durch Verkauf und Marketing erarbeitet und beschlossen werden.

Wenn der Romsi wie beschrieben systematisch angegangen wird, dann kommt man von einer Giesskannen-Bearbeitung mit Streuverlust hin zu einer punkt- und strahlgenauen Marktbearbeitung.

Porträt