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Beziehungsmarketing

Wie man «Influencer» findet und für sich gewinnt

Influencer sind Multiplikatoren und Meinungsführer; sie stehen im Zentrum ihres eigenen Netzwerks und sind rege mit anderen vernetzt. Sie stärken die Reputation eines Anbieters, verhelfen Produkten, Marken und Services zum schnellen Durchbruch und sichern so den Erfolg. Die Frage ist, wie sie sich finden, bekehren und aktivieren lassen.
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Influencer sind Menschen, die ein hohes Ansehen geniessen, die einen Expertenstatus besitzen oder im Rampenlicht stehen - und aus all diesen Gründen eine Leitfunktion haben: Eliten, Autoritäten, Experten, Wissenschaftler, angesehene Politiker, Lobbyisten, Mentoren, Unternehmerpersönlichkeiten, Journalisten, PR-Leute, Investoren, Analysten, Promis, angesagte Stars und Sternchen, bekannte Sportler, Trendsetter, Vordenker und Macher.

Positiver Einfluss

Wenn Influencer eine Nachricht streuen, dann erzeugt das

1. Reichweite, denn sie sind bekannt und kennen die ‹richtigen› Leute.

2. Relevanz, denn sie geben nur Passendes an ihr soziales Netz weiter.

3. Reputation, denn sie umgeben sich nur mit dem Besonderen.

4. Resultate, denn ihre Fürsprache führt Entscheidungen herbei.

Dazu ist nicht unbedingt ein hoher Status erforderlich, sondern vielmehr zählt, inwieweit eine Person Nachrichten an eine grössere Anzahl von Mitmenschen weiterreichen und hierbei meinungsbeeinflussend wirken kann. Im lokalen Umfeld kommen als Influencer also auch Pfarrer, Lehrer, Klassensprecher, Friseure, Vereinsvorsitzende, Skilehrer, Fitness-Trainer, Hotelportiers, Barkeeper, Sekretä­rinnen, Ärzte, Taxifahrer, Fahrlehrer und so weiter infrage. Ein Grossteil des «Influencing» wird nach wie vor Offline passieren. Doch Online holt auf.

Denn der hohe Vernetzungsgrad und die rasante Schnelligkeit des Internets machen das digitale «Influencing» beson­ders interessant. Als Beeinflusser kommen hier vor allem Foren-Moderatoren, A-Blogger, Facebooker mit vielen echten Freunden und Fans, Google+er mit umfangreichen Circles sowie Twitterer mit wertigen Followern infrage. Solche Menschen können die öffentliche Meinung stark prägen und Anbietern, die sie schätzen, schnell zum Erfolg verhelfen.

Betrachtet man Influencer genauer, so stehen grundsätzlich zwei Typen zur Wahl: Multiplikatoren und Meinungsführer.

Typ 1: der beziehungsstarke Multiplikator (Hub)

Die beziehungsstarken Multiplikatoren sind vor allem an Menschen interessiert, kennen Gott und die Welt und lieben die Abwechslung. Sie haben Kontakte zu ganz unterschiedlichen Kreisen und können sie alle zusammenführen. Empfehlenswerte Informationen werden sich dank ihrer Hilfe wie ein Lauffeuer verbreiten und gleichzeitig in verschiedenen «Szenen» Fuss fassen. Multiplikatoren erzielen somit «Breite» und schnelle «Hypes».

Die im Internet aktiven Multiplikatoren senden eine Vielfalt von Links in die virtuelle Welt hinaus. Es sind also die, die in hoher Zahl Inhalte weiterleiten, Interessantes teilen, Meldungen retweeten, liken und plussen, Kommentare schreiben, Bewertungen abgeben, an Umfragen teilnehmen, Videos hochladen, einbetten und voten. Es sind die, die für Mitmach-Aktionen offen sind und bei Einführungskampagnen gerne als Produkttester zur Verfügung stehen.

Sind sie Fan einer Marke, dann verbreiten sie deren News auf allen ihnen zur Verfügung stehenden Kanälen wie wild. Sie sind begeisterungsfähig, kreativ, kommunikativ und extrem gut vernetzt. Ihre Motivation: Sie wollen Spass, auf ihre Weise die Welt mitgestalten, ihrem Netzwerk als Tippgeber dienen – und sich auch ein wenig wichtig fühlen dabei. Diejenigen, die dabei virtuos in selbst gemachten Videos auftreten, können es sogar bis zur Internet-Berühmtheit bringen.

Typ 2: der einflussnehmende Meinungsführer (Authority)

Einflussnehmende Meinungsführer sind vor allem an Informationen interessiert. Sie haben Detailwissen auf spezifischen Fachgebieten und beraten andere gern. In ihrem Umfeld werden sie als Experte hoch geschätzt. Sie sorgen für Vertrauen, Komplexitätsreduktion und auch für Zeitersparnis. Man hängt an ihren Lippen und folgt ihren spezifischen Hinweisen nahezu blind.

Meinungsführer erzielen somit «Tiefe» und können als effiziente Empfehler fungieren. Sie wissen um ihre Macht und sind anspruchsvoll. Sie pflegen ihre Reputation und wollen umworben werden. Nie lassen sie sich für Minderwertiges vor den Karren spannen. Was von ihnen für gut befunden wird, hat Hand und Fuss. Ihr Einfluss ist daher hoch. So können sie ihrem Favoriten schnell zum Durchbruch verhelfen.

Die im Web aktiven Meinungsführer erhalten eine Vielzahl von Links von den unterschiedlichsten Seiten, weil deren Botschaften weiterverbreitet werden. Als Reichweitenführer und Meinungsmacher haben sie sich einen relevanten Platz in ihrer Onlinegemeinde gesichert. Ihr Einfluss ist gross, da sie es auch zu einiger Medienpräsenz bringen und in der Presse oft als Zitategeber fungieren. Vor allem die sogenannten A-Blogger, deren Einträge von Tausenden täglich gelesen werden, haben in diesem Zusammenhang einen sehr hohen Stellenwert.

«Sie sind die Trüffelschweine, die täglich das Beste aus den Weiten des Webs ausgraben und ihren Lesern das Suchen ersparen. Zu jedem Thema gibt es vielleicht ein Dutzend dieser Reichweiten-Aggregatoren. Zu dem Personenkreis zählen häufig Journalisten, Analysten und Investoren. Sie sind leicht zu finden, denn Twitter ist ihr Wohnzimmer und das eigene Blog gehört zu ihrer Grundausstattung», schreibt Mark Pohlmann, geschäftsführender Gesellschafter der Agentur Mavens, in einem Beitrag für den «Leitfaden WOM».

Influencer-Marketing ist sowohl im B2B- als auch im B2C-Geschäft von wachsender Bedeutung. Entscheidend ist, die richtigen Leute zu finden und dann für sich zu gewinnen. Im Wesentlichen ist das nach wie vor Handarbeit. Spezialisierte Dienstleister können mit passenden Internet-Monitoring-Programmen unterstützen. Hierzu wird rückwirkend analysiert, wer im Social Web öfters über bestimmte Themen spricht und welchen Einfluss er damit hat.

Doch wer sind die Influencer für ein bestimmtes Produkt oder eine bestimmte Zielgruppe? Auf die Liste der relevanten Multiplikatoren und Meinungsführer gehören vor allem die, die Kontakte oder Kunden haben, an denen Sie interessiert sind, die Ihrer Sache zugeneigt sind, die sich für Sie mächtig ins Zeug legen können – und dies auch wollen. Fragen Sie sich dabei in etwa wie folgt:

› Wer in meinem Umfeld redet gern – über sich und andere?

› Auf wen in meinem Umfeld hören andere, weil deren Meinung zählt?

› Wer ist gut vernetzt und kennt viele Leute?

Wie und wo man passende Influencer sucht? Durchforsten Sie dazu Ihre eigenen Adressdateien sowie Xing, Foren, Fach-Communities, Facebook-Gruppen und andere relevante Networks.

Um die Suche zu beschleunigen, lässt sich auch eine Anzeige schalten, die beispielsweise so lauten kann: «Die inter­nationale Word of Mouth Marketing Agentur Buzzer sucht 500 Handwerker, die Lust haben, den Bosch Akkubohrschrauber Bosch GSR 10,8-2-LI Profes­sional in ihrem Arbeitsalltag zu testen. Gefragt sind vor allem Schreiner, Messebauer sowie Fachleute aus den Bereichen Küchenbau, Innenausbau und Elektro­installation. Die ausgewählten Hand­werker können das Gerät kostenfrei ausprobieren und geben danach ihr Feedback dazu. Als Tester bewerben kann man sich unter … .» Eine weitere Möglichkeit: Erkundigen Sie sich in Ihrer Umgebung: «Wen kennst du, der jede Menge Leute kennt und zu der und der Zielgruppe gute Kontakte pflegt?» oder: «Wen würden Sie in Sachen … als massgeblichen Experten am ehesten zu Rate ziehen?» Im Jugendmarketing fragt man zum Beispiel so: «Wer ist der absolut coolste Typ, den du kennst?»

Für eine dezidierte Online-Recherche erstellen Sie am besten eine Liste mit passenden Schlagwörtern, die Sie dann googeln. Analysieren Sie die Inhalte der Experten, die Sie gefunden haben, dabei ganz genau. «Je werblicher diese sind, desto wahrscheinlicher ist es, dass Sie auf einen Scheinriesen hereingefallen sind», sagt der Reputationsexperte Klaus Eck. Solche Leute sind Egomanen und Traumtänzer, aber keine Multiplikatoren.

Sind die passenden Personen gefunden, ist deren Bedeutung wie nachfolgend zu analysieren:

› Reichweite: Mit wie viel Personen kann der potenzielle Influencer Kontakt aufnehmen?

› Neutralität: Inwieweit hat er ein glaubwürdiges Interesse am Promoten einer Botschaft?

› Frequenzhäufigkeit: Wie oft hat er die Möglichkeit, andere in ihrer Entscheidung zu beeinflussen?

› Expertise: Wie hoch ist sein fachliches Urteilsvermögen, die entsprechende Sache zu promoten?

› Überzeugungskraft: Wie stark bewirkt sein Zuspruch eine tatsächliche Entscheidung Dritter.

› Engagement: Mit wie viel Herzblut wird er bei der Sache sein?

› Finanzierbarkeit: Wird sein Engagement etwas kosten? Und wenn ja, was und wie viel?

Am besten vergeben Sie gewichtete Punkte für die einzelnen Aspekte. Dann bringen Sie die näher beleuchteten Individuen in ein Ranking. Gehen Sie dabei auch einen Schritt vor und einen zurück. Das heisst, Sie untersuchen:

› wen diese Person beeinflusst und ob das Ihre Wunschkontakte sind

› und von wem diese Person selbst beeinflusst wird.

Anschliessend versuchen Sie, so viele Informationen wie möglich über diese Personen und ihre Vorlieben zu finden. Eine perfekte Vorbereitung ist alles! Denn Influencing hat auch ganz viel mit Ego zu tun.

Nun kommt die entscheidende Frage: Wann und wie spricht man die auserwählten Personen am besten an? Hierbei sind eine Reihe kritischer Aspekte zu beachten: Exklusivität, Diskretion, Diplomatie, Kommunikationstalent, Timing, Geduld. Der passende Mix daraus entscheidet darüber, ob Ihr potenzieller Influencer sich geehrt oder aber ausgenutzt fühlt und ob demzufolge eine Zusammenarbeit klappt oder nicht. Beginnen Sie deshalb immer mit Geben. Wer immer nur nimmt, den mag man nicht.

Haben Sie überhaupt etwas, mit dem sich der Influencer schmücken kann? Gut! Dann geht es nun darum, die Botschaft und alles, was dazugehört, ansprechend aufzubereiten und zwecks Weiterleitung in passender Weise zu servieren. Dabei muss die Motivation des Influencers auch während der Aktion hochgehalten werden. Es braucht also Zuspruch, Anerkennung, Dank und Feedback darüber, wie sich die Sache entwickelt.

Und was motiviert einen Influencer genau? Das ist von Mensch zu Mensch verschieden, hat aber selten ausschliesslich mit Geld zu tun. Vor allem geht es um Ansehen, um Hilfsbereitschaft, um Vorteilnahme und andere gute Gefühle. Dabei gibt es – auch wenn man nicht pauschalieren sollte – doch einen Trend: Männer nutzen Influencing nicht selten dazu, Dominanz auszudrücken und ihren Status zu stärken.

Und Frauen? Sie sichern über Influencing vor allem soziale Bindungen und/oder wollen entgegenkommend sein. Auf einen Nenner gebracht: Ganz grundsätzlich geht es darum, «jemand» zu sein oder etwas beizutragen. «

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