Marketing & Vertrieb

Zielgruppenfokussierung im B2B

Wie Kundenstellvertreter helfen den Verkauf zu verbessern

Personas sind fiktive Stellvertreter einer Kundengruppe, die deren charakteristische Eigenschaften, Erwartungshaltungen und Vorgehensweisen in sich vereinen. Sie ersetzen das Zielgruppengemenge eines Unternehmens durch quasi-menschliche Figuren, in die man sich gut hineindenken kann.
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Weshalb Personas so nützlich sind? Ohne Empathie mangelt es uns an Kreativität. So helfen Personas zum Beispiel Mitarbeitern, die nur indirekt mit Kunden zu tun haben, den Menschen hinter der Bestellnummer oder dem Aktenzeichen zu sehen. Und dort, wo nur noch mit Algorithmen gearbeitet wird, werden Datenpakete auf einmal lebendig.

Im B2B sitzt meist ein Buying-Team am Verhandlungstisch. Und der wahre Entscheider ist oft nicht mal dabei. Doch in jedem Fall kaufen Menschen von Menschen. Unternehmen können keine Angebote einholen, keine Anbieter listen und keine Aufträge vergeben. Und sie können auch keine Verträge schliessen. Am Ende der Prozesskette sitzt immer ein Mensch. Und dieser Mensch hat – wie alle anderen auch – Emotionen, Launen, Bedürfnisse, Wünsche und Träume.

In ihrer Funktion als Entscheider haben Ansprechpartner nicht nur die Unternehmensinteressen im Kopf. Jeder verfolgt zugleich eigene Ziele. So geht es bei einem Votum immer auch um Macht, Prestige, Ruhm, Ehre und zu ergatternde Boni – und um die eigene Karriere natürlich auch. «Bei uns wird im Kundeninteresse gehandelt», ist oft zu hören. Das ist schlichtweg Blödsinn. Und bar jeden gesunden Menschenverstands. Eigeninteressen schlagen Kundeninteressen.

Elemente einer Buyer-Persona

Aus all diesen Gründen ist es höchst sinnvoll, sich auch im B2B mit Buyer-Personas auseinanderzusetzen. Folgende sieben Faktoren determinieren ein solches Profil:

  • Name und Foto: Wie sieht ein typischer Vertreter aus der betrachteten Berufsgruppe aus? Wie heisst er oder sie? Wie lautet die Berufsbezeichnung? Und welche Position bekleidet er/sie im Unternehmen?
  • Hintergrundinformationen: Hier geht es um Alter, Geschlecht, Wohnort und Arbeitsstelle, den beruflichen Werdegang, die familiären Verhältnisse, die Einkommenssituation, Hobbys und andere Interessen.
  • Statements: Zitieren Sie wörtliche Aussagen, die für diesen Kundentyp typisch sein könnten. Oder listen Sie Schlagworte auf, die seine Werte, Standpunkte, Ansichten und Einstellungen widerspiegeln.
  • Stellung im Unternehmen: Welche Projekt- oder Führungsverantwortung hat diese Persona? Wo ist sie im Organigramm verortet? Welche beruflichen Ziele verfolgt sie? Was treibt sie an? Was brächte ihre Karriere ins Straucheln? Welchen tatsächlichen Einfluss hat diese Persona im Unternehmen?
  • Erwartungen / Ziele: Welche Anforderungen hat diese Persona an einen Geschäftspartner? Was möchte sie mit dem Kauf eines Produktes beziehungsweise mit der Entscheidung für einen Anbieter erreichen? Welche Probleme will sie lösen? Welchen Nutzen will sie erzielen? Welche Gefühle könnten im Spiel sein? Welche Ängste könnte die Persona haben? Und was könnte sie ganz besonders überzeugen?
  • Kaufprozess: Wie entscheidet diese Persona? Welche Customer Journey geht sie? Wie informiert sie sich? Wer hat auf sie Einfluss? Welchen Stellenwert haben offline und online? Was sind für sie die wichtigsten Touchpoints? Welche Fakten sowie Argumente werden benötigt?
  • Ideale Lösung: Wie sähe eine ideale Produkt- oder Servicelösung aus dem Blickwinkel einer solchen Persona aus? Von welchen Interessen wird sie geleitet? Und im Rahmen welchen Emotions- und Motivsystems trifft diese Persona ihre Entscheidungen?

Vor allem bei der letzten Frage helfen die limbischen Typen, die der Neuromarketing-Profi Hans-Georg Häusel entwickelt hat, weiter.

Die limbischen Typen

In seinem Bestseller «Brain View» schreibt Häusel dazu: «Der Geschäftsführer prüft, ob die neue Maschine die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens steigert, hier hat eindeutig das Dominanz-System das Sagen. Der Einkaufsleiter möchte den günstigsten Preis und das beste Preis-Leistungs-Verhältnis. Das ist der Bereich Disziplin / Kontrolle.

Der Produktionsleiter ist am sicheren sowie reibungslosen Funktionieren der Maschine interessiert und wünscht sich eine gleichbleibende Qualität seiner Produkte. Hier führt das Balance-System die Regie. Der Leiter der Forschung und Entwicklung dagegen achtet auf die mit der Maschine verbundene Innovation und auf die neuen Möglichkeiten. Man ahnt: Dieser Wunsch ist vom Stimulanz-System getrieben.»

Wird nun für die einzelnen Akteure im Buying-Team ein Persona-Steckbrief nach den sieben Schritten erstellt, kann sich jeder, der auf der Anbieterseite für diesen Kunden tätig ist, ein klares Bild von ihm machen.

Und dieses geht über die Informationen, die üblicherweise in einer Datenbank gespeichert sind, weit hinaus. Denn nun tritt der Mensch hinter seiner Funktion hervor. Und alle dessen Motive werden dann im Verkaufsgespräch ganz gezielt angesprochen.


Unterschiedlich argumentieren

Beim dominanzgetriebenen Performer, der auf Vorsprung aus ist, klingen die Argumente zum Beispiel so: «Das verschafft Ihnen einen uneinholbaren Wettbewerbsvorteil.» Oder so: «Ich kann Ihnen dafür ein Exklusivrecht einräumen.»

Den zahlengetriebenen Controller, für den wirklich nur die Wirtschaftlichkeit zählt, überzeugt man so: «Das amortisiert sich in genau 3,45 Monaten.» Oder so: «Wir haben das bis ins kleinste Detail für Sie durchgerechnet, sehen Sie hier.» Und dem sicherheitsgetriebenen Balance-Typen lässt sich zum Beispiel dies sagen: «Bei diesem Rundum-sorglos-Paket brauchen Sie sich um nichts mehr zu kümmern.» Oder das: «Dieses Produkt hat sich in der Praxis bestens bewährt. 90 Prozent unserer Kunden nutzen es inzwischen seit vielen Jahren.»

Werden einem Typen die falschen Argumente zugeordnet, verpuffen diese nicht nur wirkungslos, sie können sogar ein Nein provozieren. Wenn man etwa einen Stimulanz-Typen mit Kleinkram nervt, zieht sich dieser zurück. Für ihn gibt es schönere Dinge im Leben als Excel-Tabellen. Ihm ist am besten der Rücken freizuhalten.

In Workshops entwickeln

Ein Workshop, bei dem man sich wie die Profiler bei der Kriminalpolizei mit detektivischem Gespür an das Kreieren von Personas macht, bringt über den Nutzen hinaus richtig viel Spass. Mitmachen sollten vor allem solche Mitarbeiter, die tagtäglich in Kontakt mit den jeweiligen Kunden sind. Wenn möglich, können auch typische Vertreter aus dieser Kundengruppe befragt werden, um das Charakteristische an ihren Einstellungen, Bedürfnissen, Anforderungen und Vorgehensweisen zu ermitteln.

Die erarbeiteten Steckbriefe werden idealerweise an eine Bürowand oder auf Pappfiguren gepinnt, um so mit beinahe echten Menschen kommunizieren zu können. Auf diese Weise wird auch unterstützt, dass alle dasselbe Bild von einer Zielperson vor Augen haben, wenn sie an Kundenprojekten arbeiten. Und immer wieder kann man sich gemeinsam fragen, was die Persona wohl von einer Sache hält und wie sie sich auf ihrer Kundenreise durch die Unternehmenslandschaft an den einzelnen Touchpoints gerade fühlt: enttäuscht, okay oder begeistert?

Beispiel: Einkäufer-Personas

Im Rahmen eines Grossgruppenworkshops hat die Autorin einmal eine komplette Vertriebsmannschaft Einkäufer-Personas entwickeln lassen. Und siehe da: Der Standardeinkäufer alten Schlags, der seine Lieferanten ausquetscht wie eine Zitrone, wurde von einer Vielzahl an Persönlichkeiten abgelöst. Da gab es die junge Einkäufergeneration, die ihre Vorauswahl nahezu komplett über Webrecherchen trifft. Und neben den paar wenigen ausschliesslich Bonusfixierten gab es auch diejenigen, die partnerschaftlich und serviceinteressiert agierten. Ab diesem Moment hatte das typische Verkäufermantra, alle Einkäufer entschieden immer nur über den Billigpreis, seinen Zauber verloren. Aus ehemals reinen Preisgesprächen wurden nun Problemlösungs-, Service- und Nutzengespräche. Und der bislang spärliche Online-Content für Informationssuchende wurde erheblich erweitert.

Porträt