Wenn Unternehmen ihre Produkte über Mittler wie Fach- und Grosshändler, Handwerker und Verarbeiter vertreiben, dann ist der wechselseitige Frust oft vorprogrammiert – denn die Partner haben meist unterschiedliche Erwartungen aneinander. Die Hersteller erwarten von ihren Vertriebspartnern einen aktiven und professionellen Verkauf ihrer Produkte. Und diese? Sie erwarten von den Herstellern primär eine tatkräftige Unterstützung beim Abverkauf – zum Beispiel in Form zusätzlicher Rabatte und Werbekostenzuschüsse. Entsprechend ist die Zusammenarbeit. Oft mündet sie in einem endlosen Hickhack um Sonderkonditionen für einzelne Aufträge und zusätzliche Gelder für Abverkaufsaktionen.
Zu wenig Partnerschaft
Solche Prozesse beobachtet man in der Zusammenarbeit von Unternehmen und ihren Vertriebspartnern immer wieder. Auch aus folgendem Grund: Die Vertriebspartner sind selbstständige Unternehmer mit eigenen Interessen. Also kann der Hersteller sie schwerer steuern als eigene Mitarbeiter. Hieraus resultieren immer wieder Konflikte.
Häufig werden die Konflikte nach dem Gesetz des Stärkeren «gelöst». Der stärkere Partner diktiert also dem anderen seine Bedingungen. Verfügt der Hersteller zum Beispiel über eine starke Marke, die die Fachhändler oder Handwerker führen müssen, weil Kunden danach fragen, dann sitzt der Hersteller meist am längeren Hebel. Umgekehrt kann der Vertriebspartner ein «Platzhirsch» sein, der den Markt in einem Segment oder einer Region so stark dominiert, dass er dem Hersteller vorgeben kann: «Ich vertreibe deine Produkte nur, wenn ...»
Der schwächere Partner leidet stets unter der Knute des stärkeren – auch emotional. Also versucht er die Situation zu ändern – zum Beispiel, indem er als Händler parallel eine Beziehung zu anderen Lieferanten aufbaut. Oder er führt die Produkte des Herstellers zwar formal, damit er zu seinen Kunden sagen kann «Ja, ich kann Ihnen auch Gasbrenner (Fenster, Pumpen oder ...) des Herstellers x liefern». Im persönlichen Kontakt schwärmt er den Kunden aber so lange von den Produkten des Konkurrenzanbieters vor, bis diese das Wettbewerbsprodukt kaufen.
Ähnlich verhält es sich, wenn der Vertriebspartner der stärkere Partner ist, der die Bedingungen diktiert. Dann versucht der Hersteller, seine Abhängigkeit von diesem «Partner» zu mindern – zum Beispiel, indem er parallel andere Vertriebspartner aufbaut. In beiden Fällen gehen die synergetischen Effekte einer gemeinsamen Kunden- und Marktbearbeitung verloren. Das Heben weiterer Umsatz- und Ertragspotenziale bleibt für beide Partner aus.
An einem Strang ziehen
Dieses Ziel können die Partner nur erreichen, wenn sie gemeinsam überlegen, wie sie durch ein Bündeln ihrer Stärken und Kompetenzen ihren Markt so bearbeiten können, dass beide davon profitieren. Das setzt ein Umdenken der Beteiligten voraus. Die Marktpartner müssen sich bewusst sein, dass ihr gemeinsames Ziel lautet, wirtschaftlich so erfolgreich wie möglich zu sein. Das wird in den Gesprächen zwar oft verkündet. Es fehlen aber meist die gemeinsamen Erfolg versprechenden Taten.
Noch immer gilt: Die Gespräche zwischen den (Gebiets-)Verkaufsleitern der Hersteller und den Händlern und Verar-
beitern drehen sich meist primär um Produkte, Reklamationen und Lieferkonditionen. Der sogenannte Verkaufsleiter mutiert zum «Troubleshooter». Die zentrale Ursache hierfür: Viele Verkaufsleiter haben noch nicht verinnerlicht, dass sie gemäss der Maxime «Mache deine Kunden erfolgreich, dann bist auch du erfolgreich» faktisch Betriebs- sowie Vertriebsberater der Vertriebspartner sind und ihnen im Vertriebsalltag aktiv zur Seite stehen müssen – insbesondere wenn diese wie viele Handwerker keine Verkaufs- und Marketingausbildung haben.