Die Aufwendungen für Messebesuche und -ausstellungen gehen in die Milliarden und machen deutlich: Messen spielen im Marketing-Mix der Unternehmen auch im Internet-Zeitalter eine grosse Rolle. Er lässt aber auch erahnen, welch hohe Kosten den Unternehmen durch ihre Messeteilnahmen entstehen. Deshalb fragten sich die ausstellenden Unternehmen immer wieder: Wie können wir die Kosten-Nutzen-Relation unserer Messeauftritte verbessern?
Besonders drängend stellt sich diese Frage für Hersteller erklärungsbedürftiger Industriegüter sowie für Industriedienstleister. Denn sie kämpfen beim Präsentieren ihrer Produkte und Leistungen auf Messen mit dem Problem, dass sie – anders als die Hersteller von Gebrauchsgütern – nicht selbstverständlich davon ausgehen können: Nutzen und Mehrwert unserer Produkte erschliessen sich den Besuchern von selbst. Er muss ihnen vielmehr in der Regel erklärt werden.
Standpersonal gefordert
Ein weiteres Problem ist, dass die Hersteller von erklärungsbedürftigen Gütern – wie Computer- und Fertigungsanlagen – ihre eigentlichen Produkte auf Messen oft gar nicht präsentieren können. Beispielsweise, weil
- diese zu gross sind oder
- es sich bei ihnen stets um massgeschneiderte Problemlösungen handelt oder
- diese nur Komponenten komplexerer Anlagen sind.
Aus diesen Besonderheiten resultieren ganz spezielle Anforderungen an das Standpersonal, denn: Wenn das Produkt nicht für sich spricht, dann müssen die Standmitarbeiterinnen und -mitarbeiter sozusagen für das Produkt sprechen. Ihre Aufgabe ist es dann, den Besucherinnen und Besuchern die Kompetenz ihres Unternehmens und den Nutzen seiner Produkte und Leistungen so bildhaft wie möglich vor Augen zu führen, dass diese zur Überzeugung gelangen: «Diese Leistung könnte mir einen Nutzen bieten.» Oder im Idealfall: «Diese Leistung muss ich unbedingt haben.» Dies ist vielen Standmitarbeitenden meist nicht ausreichend bewusst.
Mentale Barrieren
Die Praxis zeigt: Selbst erfahrene Verkäuferinnen und Verkäufer agieren auf dem für sie ungewohnten Terrain oft recht hilflos. Eine Ursache hierfür ist: Investitionsgüterverkaufende haben im Arbeitsalltag, wenn sie die Kunden besuchen, meist einen Termin. Sie kennen zudem den Namen und die Funktion der Person, mit der sie ein Treffen vereinbart haben. Und zumeist können sie auch den Bedarf ihres Gesprächspartners beziehungsweise seines Unternehmens einschätzen – beispielsweise aufgrund der Vorgeschichte des Kunden oder der Vorgespräche. Also können sie sich auf die Gespräche gezielt vorbereiten.
Anders ist dies auf Messen. Hier müssen die Verkäufer auf Fremde zugehen. Sie müssen sich nach dem Bedarf von Personen erkundigen, von denen sie oft nicht einmal wissen,
- warum sie den Messestand aufgesucht haben und
- ob sie überhaupt Interesse an einem Gespräch haben.
Deshalb kämpfen sogar erfahrene Vertriebsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter an Messen oft mit ähnlichen mentalen Barrieren wie bei der telefonischen Kaltakquisition. Dies gilt in hohem Masse dann, wenn sie nicht wissen, wie sie auf einer Messe, wo viele Gespräche «en passant» geführt werden – wie zum Beispiel bei einem Stehempfang – , Kunden ansprechen sollen und sie unsicher sind, diese nach ihrem Bedarf zu fragen, ohne dabei aufdringlich zu wirken. Dieses Thema wird in den Messetrainings meist viel zu wenig erörtert.