Das Web 2.0 wird gemeinhin als «Mitmachweb» bezeichnet. Zwar war das Internet schon immer offen für jedermann, doch mit dem Aufkommen der zahlreichen Social-Media-Dienste ist das Veröffentlichen und Teilen von Bildern, Informationen, Tondokumenten und Filmen so einfach geworden, dass es auch für eine breite Anwendergruppe attraktiv ist. Zudem ist es für jedermann potenziell möglich, die eigenen Inhalte einer breiten Öffentlichkeit mitzuteilen. Auch weil Arbeit und Freizeit heute oft fliessend ineinander übergehen, sind Unternehmen gut beraten, sich mit der Präsenz ihrer Mitarbeiter auf Social-Media-Plattformen auseinanderzusetzen.
Multiplikatoren
Viele Unternehmen haben die Chancen von Social Media erkannt – etwa für den direkten Dialog mit Kunden, für das Marketing oder das Recruiting. Das Kommunikationspotenzial ist immens: Expertenwissen kann Diskussionen im Internet bereichern, die Interaktion mit Kunden und potenziellen Kunden ist direkt, das Feedback unmittelbar, Trends können frühzeitig erkannt, auf Kritik kann rasch reagiert werden. Nicht zuletzt ist das Kontaktnetz der Angestellten – beispielsweise bei der Gewinnung neuer, qualifizierter Mitarbeiter – äusserst hilfreich und wertvoll. Publizieren Mitarbeitende eine Stellenausschreibung zum Beispiel auf ihrem persönlichen Xing-Account, erreicht das Unternehmen dadurch oft viele, hoch qualifizierte Arbeitnehmer, die über klassische Job-Portale nicht erreicht werden können. Auch die Reputation eines Mitarbeiters, der sich online in einem Blog oder Forum einen Namen als Experte auf einem bestimmten Gebiet erarbeitet hat, strahlt auf das Unternehmen zurück. Auf diese Weise können sich Mitarbeiter zu glaubwürdigen Multiplikatoren für das Unternehmen entwickeln.
Neue Spielregeln
Soziale Netze haben die Spielregeln der Unternehmenskommunikation verändert. Während früher eine «one voice policy» vorherrschend war, sind heute «many voices» die Realität. Nicht mehr eine einzelne Abteilung oder ein externer Dienstleister ist allein für die Kommunikation verantwortlich, vielmehr sind mittlerweile alle Mitarbeitenden implizit involviert. Das gilt insbesondere dann, wenn das Online-Profil des Mitarbeiters mit dem Unternehmen in Verbindung gebracht werden kann, wie es auf Business-Netzwerken wie Xing der Fall ist. Doch auch bei vermeintlich privaten Accounts auf Kurznachrichtendiensten oder Freundesnetzwerken ist die Verbindung zum Arbeitgeber oft herstellbar. Gerade in den neuen Medien ist nicht mehr leicht zwischen einer offiziellen Verlautbarung und einem privaten Statement zu trennen. Äusserungen zum Unternehmen oder zur Branche haben dadurch eine höhere Relevanz und Tragweite. Mit wenigen Klicks ist ein unbedachter Beitrag über den unmöglichen Geschäftspartner, das schlechte Arbeitsklima oder den inkompetenten Abteilungsleiter auf einer Social-Media-Plattform veröffentlicht und kann kaum mehr zurückgenommen werden.
Gefahren und Potenziale
Um die Chancen der neuen Medien für das Unternehmen zu nutzen und Fallgruben zu umgehen, ist es wichtig, intern Richtlinien zu erstellen, die den Umgang der Mitarbeiter mit den neuen Medien regeln. Vor wenigen Jahren bestanden solche Richtlinien nicht selten in einem vollständigen Verbot der Nutzung von Social Media. So durften Angestellte des Bundes lange Zeit keine sozialen Netzwerke während der Arbeitszeit nutzen und der Zugang zu diesen Diensten wurde komplett blockiert. Mittlerweile hat aber vielerorts ein Umdenken eingesetzt. Auch beim Bund sind die Dienste nicht mehr gesperrt, denn letztlich kann ein Arbeitgeber ohnehin nicht verhindern, dass die Arbeitnehmer soziale Netze nutzen. Wenn sie dies nicht während der Arbeitszeit auf den privaten Smartphones tun, so zweifellos in ihrer Freizeit. Dass die Arbeitnehmer auf Social-Media-Kanälen aktiv sind, ist heutzutage die Regel. Daher ist eine proaktive Herangehensweise angezeigt und in vielen Unternehmen mittlerweile Standard.
Die diversen Möglichkeiten der neuen Medien sind mit ein Grund, dass viele Firmen in ihrem Engagement im Web 2.0 grosse Chancen und Potenziale sehen. Wenn sich die Angestellten im Social Web als Mitarbeiter eines Unternehmens zu Wort melden, geben sie der Firma ein Gesicht und können so zu einem positiven Image beitragen. Aber: Wie stellen Unternehmen sicher, dass alle an einem Strang ziehen und im Sinne des Unternehmens handeln und kommunizieren? Wie können die Risiken dieser neuen Form einer dezentralen Unternehmenskommunikation minimiert werden? Umfassende und praxisgerechte Social-Media-Guidelines stellen hier eine wertvolle Orientierungshilfe dar. Dies geschieht mit Vorteil nicht durch Verbote oder Restriktionen, sondern durch Handlungsempfehlungen und Hilfestellungen.