Marketing & Vertrieb

Kommunikation

Mitarbeitende an unternehmerisches Denken heranführen

Noch nie gab es so viele Interaktionspunkte wie heute, um Kunden zum Immer-Wieder-Kaufen und aktiven Weiterempfehlen zu bewegen. Um diese Potenziale auszuschöpfen, müssen die Mitarbeitenden vom standardisierten «Müssen» ins kundenfokussierte «Wollen» gebracht werden. Dies ist auf dreierlei Wegen möglich, wie dieser Beitrag zeigt.
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Was eine Marketingstrategie wirklich taugt, entscheidet sich an den Touchpoints eines Unternehmens. Touchpoints entstehen überall da, wo ein (potenzieller) Kunde mit den Mitarbeitern, Produkten, Services und Marken eines Anbieters in Berührung kommt. Dies geschieht

  • in direkter Form (Verkäuferbesuch, Newsletter, Anzeige, Website, Verpackung, Messestand, Hotline, Rechnung, Reklamation etc.) oder
  • in indirekter Form (Meinungsportal, User-Forum, Testbericht, Blog, Presseartikel, Mundpropaganda, Tweet, Weiterempfehlung etc.).

An jedem Touchpoint kann es zu positiven wie auch negativen Erlebnissen kommen, die eine Kundenbeziehung stärken oder zermürben beziehungsweise eine Marke kräftigen oder bröckeln lassen. Manche Berührungspunkte sind dabei kritischer als andere. Und oft sind es Kleinigkeiten, die schliesslich ganz grosse Katastrophen bewirken. Jedes Detail kann hierbei Zünglein an der Waage sein.

Deshalb muss an jedem einzelnen Touchpoint überlegt werden, wie man die Interaktion mit den Kunden besser gestalten, ihr Leben vereinfachen und ihren Nutzen vergrössern kann. Oder wie man sie emotional berühren, ihr Dasein versüssen, ihnen Zeit schenken und sie immer wieder neu überraschen und begeistern kann. Hierbei kommt es nicht nur auf das Wissen um Kundenbedürfnisse sowie Ideenreichtum und adäquate Rahmenbedingungen an, sondern auch auf das «Wollen» der Mitarbeitenden. Denn «Muss-Gesichter», die wie Aufziehpuppen ihre vorgegebenen Standards abarbeiten, mögen Kunden gar nicht gern.

Mitarbeitende involvieren

Wer unternehmerisch handelnde Mitarbeitende will, muss diese an unternehmerisches Denken heranführen. Touchpoint-Optimierungen sollten deshalb im Wesentlichen von den Mitarbeitenden selbst erarbeitet werden. Deren «Wollen» erreicht man immer dann am besten, wenn sie freiwillig sagen, sie könnten sich vorstellen, etwas in Zukunft so und so zu machen. Begeisterung für die Sache wird auf diesem Weg gleich mitgeliefert. Und wichtiger noch: Die geplanten Massnahmen werden dann auch engagiert umgesetzt. Denn sie wurden nicht von oberster Stelle vordiktiert, sondern in Eigenregie entwickelt. So entsteht schliesslich der «Mein-Baby-Effekt». Und sein Baby lässt man bekanntlich nicht im Stich.

Um die Mitarbeitenden interaktiv zu involvieren und deren unbändige Kreativität zu nutzen, gibt es im Touchpoint-Management drei mögliche Vorgehensweisen:

  • Ein Customer-Touchpoint-Projekt
  • Das sukzessive Arbeiten an einzelnen Touchpoints
  • Eine Touchpoint-Grossgruppenveranstaltung

Customer-Touchpoint-Projekte werden nach den üblichen Projektmanagement-Regeln aufgesetzt. Wie das sukzessive Arbeiten an einzelnen Touchpoints im Rahmen eines Meetings aussehen kann und wie eine Touchpoint Grossgruppenveranstaltung abläuft, das steht hier.

In Meetings integrieren

Wenn Sie die Touchpoint-Optimierung als festen Tagesordnungspunkt in Ihren Meeting-Ablauf einbauen, ermöglicht das kontinuierliche Verbesserungen in kürzester Zeit. Bestimmen Sie dazu ein erstes Meeting und einen ersten Touchpoint, mit dem es losgehen soll. Am Ende des Meetings entscheiden Sie, welcher Touchpoint beim jeweils nächsten Mal an die Reihe kommt. So können sich alle gut darauf vorbereiten.

Legen Sie einen Zeitraum fest, den Sie maximal für die Bearbeitung dieses Punktes ansetzen wollen, damit sich Diskussionen nicht endlos in die Länge ziehen: zum Beispiel 30 Minuten. Dann gehts weiter wie folgt:

  • 5 Minuten: Beschreibung eines nicht länger tragbaren Istzustandes, am besten via Storytelling: Dabei wird etwa über eine Reklamation berichtet, die ein Kunde an einem bestimmten Touchpoint hatte, welche Probleme das brachte und welche Konsequenzen das nach sich zog.
  • 5 Minuten: Sammlung von Ideen, wie man diesen Punkt optimieren und damit Ärger in Zukunft vermeiden kann. Hier brauchen wir zunächst Quantität. Deshalb sollen die Teilnehmer in dieser Phase still und leise arbeiten, damit jeder seine Ideen unbeeinflusst in Worte fassen kann. Diese werden auf Kärtchen notiert und an eine passende Wand gepinnt.
  • 10 Minuten: Jeder, der ein Kärtchen geschrieben hat, erläutert seine Idee kurz und knapp. Anschliessend erfolgt eine Kurzdiskussion.
  • 5 Minuten: Mehrheitsentscheid für die favorisierte Idee. Der Chef – er ist Moderator dieses Prozesses, damit die Teilnehmer inhaltlich arbeiten können – hat dabei nie das erste, sondern immer das letzte Wort. Warum? Damit die ‹Weisheit der vielen› genutzt werden kann. Denn das ‹Machtwort› des Chefs lässt wertvolle Initiativen und dringend benötigte Kreativität oft einfach versanden. Natürlich hat der Chef, wenn vereinbart, ein Vetorecht. Davon sollte er allerdings nur ganz ausnahmsweise Gebrauch machen. Sonst erzieht er sich lauter Mündel, die meinungslos an seinen Lippen hängen und auf Anweisungen warten.
  • 5 Minuten: To-do-Plan erstellen, also: Wer macht was mit wem bis wann. Dazu gehört auch ein Folgetermin, um zu besprechen, wie sich die Sache entwickelt, ob weiter feinjustiert werden muss und welche Ergebnisse erzielt worden sind.

30 Minuten sind nicht viel, und dennoch lässt sich bei konzentriertem Arbeiten und mit etwas Übung in dieser Zeit sehr viel erreichen. Wichtig dabei ist die Erzielung schneller Erfolge.

Grossgruppenevent: Variante 1

Bei einer Touchpoint-Grossgruppenveranstaltung können an einem einzigen Tag zwischen 50 und 100 Mitarbeitende zu unterschiedlichen Touchpoint-Themen konkrete Konzepte entwickeln. Am Vormittag steht dabei ein etwa dreistündiger Impulsvortrag auf dem Programm, der bereits all die Aspekte integriert, die dann am Nachmittag weiter vertieft werden sollen.

Hierzu wird ein externer Experte benötigt, der sich als Advokat des Kunden versteht, der neue Sichtweisen beleuchtet, kundenpsychologische Hintergründe darlegt, Beispiele erzählt, vor Abgründen und Irrwegen warnt und auch unangenehme Wahrheiten zur Sprache bringt. Das ist eine Rolle, die nur ein Aussenstehender einnehmen kann. Querdenken ist ja in aller Regel dringend vonnöten und offiziell auch erwünscht, aber für Unternehmensinterne meist viel zu gefährlich. Denn es kann Karrieren bedrohen. Deshalb sollten Unternehmen sich unbedingt den Luxus eines externen Querdenker-Experten leisten, der klipp und klar seine Meinung sagt.

Am Nachmittag werden die Teilnehmer in Arbeitsgruppen zusammengeführt. Diese bestehen idealerweise aus fünf bis sieben Teilnehmern – abteilungsübergreifend zusammengesetzt und auf gleicher Hierarchie-Ebene angesiedelt. Sind mehrere Hierarchie-Ebenen anwesend, arbeiten die Top-Führungskräfte in einer eigenen Arbeitsgruppe. Denn Hierarchie bremst den Arbeitsfluss einer Gruppe Gleichrangiger, anstatt ihn zu fördern. Auf jedem Tisch liegen Arbeitsmaterialien sowie eine bereits vorbereitete Aufgabenstellung: eine konkrete Touchpoint-Thematik, zu der die Gruppe gemeinsam ein unternehmerisches Konzept erstellt. Die erarbeiteten Ergebnisse werden schliesslich von einem jeweiligen Gruppensprecher im Plenum präsentiert. Erste Umsetzungsentscheidungen werden sofort durch Mehrheitsentscheid getroffen. Der Chef hat dabei nie das erste, sondern höchstens das letzte Wort. Komplexe Themen werden zeitnah im Anschluss an die Veranstaltung weiterbearbeitet und zügig entschieden.

Grossgruppenevent: Variante 2

Als zweite Variante bietet sich eine Grossgruppenveranstaltung an, die formal einem sogenannten BarCamp ähnelt. Auch dabei gibt es einen Impulsvortrag am Vormittag, der bereits eine Reihe interaktiver Elemente enthält. Darauf aufbauend schlagen die Teilnehmer am Nachmittag Themen vor, an denen sie arbeiten wollen. Die einzelnen Arbeitsgruppen entstehen, indem die Teilnehmer sich selbst dem von ihnen favorisierten Thema zuordnen. Gibt es grosses Interesse zu einem bestimmten Punkt, können auch zwei oder drei Gruppen am gleichen Thema arbeiten. Die Ergebnisse werden in jedem Fall verschieden sein, was gut ist, weil man dann in der Folge auf mehrere Varianten zurückgreifen kann.

Die anschliessende Ergebnispräsentation kann in Form einer Vernissage erfolgen. Dies geschieht meist mithilfe von Pinnwänden, kann aber auch als Powerpoint-Präsentation, per Video oder Schauspiel dokumentiert werden. Das Schauspiel ist übrigens eine sehr interessante Variante. So stellt man etwa einen Kunden dar, der eine eilige Bestellung hat. Und dieser Kunde beobachtet nun (kopfschüttelnd), wie sein Auftrag zwischen den Abteilungen hin- und hergeschoben wird, wie es Verzögerungen gibt, wer alles mitredet, nachfragt, ablehnt, gegenzeichnet. Der Kunde sieht auch, wie lustlos das alles passiert – und dass er das alles bezahlen muss. So dürfte das Auditorium einiges zum Nachdenken haben.

Ein abschliessender Tipp für beide Varianten: Stellen Sie sicher, dass tatsächlich entscheidungsfähige Konzepte erarbeitet werden und treffen Sie konkrete Entscheidungen bereits während der Veranstaltung. Ich habe schon Workshops erlebt, da hat sich die Geschäftsleitung das letzte Wort vorbehalten und alles wurde auf später vertagt. Oder es musste der Instanzenweg eingehalten werden. Und am Ende passierte dann – nichts.

Fazit

Immer noch gibt es Manager, die glauben, an den Rändern ihrer Organisation gäbe es kein intelligentes Leben. Dort werden Mitarbeitende ungefragt von oben herab mit den unsinnigsten Ausführungsbestimmungen konfrontiert und Kunden mit den (bl)ödesten Produkten und Services drangsaliert. Hohe Flopraten, massive Kundenfluktuation und herbe Reputationsschäden sind die Folge.

Nicht so in dem Touchpoint Management, um das es in diesem Beitrag geht. Denn hier werden vor allem die aktiviert, die am besten wissen, was Kunden wirklich wollen, und welche Rahmenbedingungen es dazu braucht: Solche Mitarbeiter, die tagtäglich ganz nah an den Kunden und Prozessen sind. Meetings und Grossgruppenevents, in denen man sich gegenseitig befruchten kann, sind ein ausserordentlich adäquates Mittel, um diesen Wissensschatz zu heben. Meine Erfahrungen zeigen ausserdem: Immer ist die Geschäftsleitung hellauf begeistert von Ideenreichtum und eingebrachtem Engagement der Mitarbeiter, wenn man Letztere endlich unternehmerisch mitmachen lässt. Weitere Infos zum Touchpoint Management finden Sie unter: www.touchpoint-management.de

Porträt