Marketing & Vertrieb

Content-Marketing (Teil 3 von 3)

Mit zielgruppengenauen Medien mitten in den Kopf

Die Medienauswahl ist gross. Soll auf bezahlte Werbung (Paid Media) gesetzt werden? Mit eigenen Medien (Owned Media) in den Dialog mit Kunden getreten werden? Oder soll darauf gewettet werden, dass anregende Geschichten aufgenommen und gebührenlos weitererzählt werden (Earned Media)? Dass Medienmixturen funktionieren, zeigt dieser Beitrag.
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Im Dezember 1968 wurde in der Schweiz die millionste Fernsehempfangsbewilligung gelöst und in den frühen Morgenstunden des 21. Juli 1969 verfolgte rund eine Million Menschen die Live-Übertragung der ersten Mondlandung im Fern­sehen. Die Medienwelt in den 1970er-Jahren war denkbar einfach. Gerade mal zehn TV-Sender konnten in der Schweiz auf Knopfdruck empfangen werden. Als Schweizer schaute man TV DRS. Deutschsprachige Alternativen? ZDF, ARD, ORF. Basta. Wer damals im Fernsehen kam, war ein Star, und wer damals auf Teu­fel komm raus ins Fernsehen kommen wollte, musste sich mindestens eine Geschichte in der Grössenordnung des Spionageskandals um Brigadier Jean-Louisjeanmaire einfallen lassen, um ins begehrte Visier von TV DRS zu gelangen (Bemerkung am Rande: heute genügen ein paar harmlose Nacktfotos).

Medienmix-Optionen

Kein anderer Vergleich zeigt die Tragweite der aktuellen Medienexplosion besser auf als derjenige der TV-Kanäle. Wo in den 1970er-Jahren noch vier deutschsprachige Sender um die Gunst der Zuschauer buhlten, sind es heute weit über 100 (solche, die ausschliesslich übers Internet verbreitet werden nicht mal mitgezählt). Viel Testosteron im Blut? DMAX! Kinder zu Hause? KiKA! Die Bibel neben dem Bett? bibel.tv! Red Bull im Kühlschrank? Red Bull TV! Die Liste ist beliebig verlängerbar. Heute gibts für alles und jeden bestimmt etwas. Doch die Wahl wird zu­nehmend zur Qual, oder wie formulierte es eine Teilnehmerin in einer Gruppendiskussion für die jüngste Studie der Publisuisse über die Medien der Zukunft 2020 so treffend: «Es gibt viel zu viele Kanäle, und manche Dinge muss man ja gar nicht so genau wissen. Trotzdem ist da dieser Zwang, ständig die neuesten Informationen zu haben. Ich stelle mir gerade vor, wie es wäre, wenn alle Informationsmedien sich nur noch alle zwei Tage aktualisieren würden. Ich wäre super entlastet!». Womit ich beim Punkt bin: Wer heute Content verbreiten will, tut gut daran, sich intensiv mit den Medien auseinanderzusetzen. Denn davon gibt es zunehmend wie Sand am Meer, die Frage ist nur, welche a) überhaupt noch rezipiert werden und b), welche sich für ihre Ziele wirklich eignen.

Für Bekanntheit und Umsatz: Paid Media

Wer Bekanntheit aufbauen will, braucht Paid Media zwingend als Lokomotive. Mit der Werbung in glaubwürdigen Medienkanälen wie zum Beispiel die Sender von SRF oder den Schweizer Tageszeitungen werden die notwendigen Reichweiten erzielt. Der Ausbau der Bekanntheit kann mit der Präsenz auf Owned-Media-Kanälen zusätzlich gestützt werden. Damit wird die Reichweite und die Viralität erhöht. Likes, Posts und Mund-zu-Mund-Empfehlungen über Earned Media erhöhen die Glaubwürdigkeit. Paid Media ist auch das wichtigste Instrument für die Ankurbelung des Verkaufs. Hier bietet sich nicht nur effizientes Suchmaschinenmarketing an, sondern auch Kanäle wie zum Beispiel TV, Dialogmarketing, gezielte Aussenwerbung, Affiliate- und Onlinemarketing sowie Instore-Programme. Dazu können auch Owned-Media-Kanäle kombiniert werden, um die Kundenbeziehung zu festigen und Sonderangebote zu lancieren. Nachweisbar den grössten Einfluss auf Kaufentscheide haben Earned-Media-Kanäle mit Mund-zu-Mund-Empfehlungen. Über die sogenannten Word-of-Mouth-Aktionen (WOM) kann aktiv mitgesteuert und mitgehört werden, um neue Bedürfnisse zu erkennen und Angebote zu optimieren.

Für das Image: Earned Media

Das Image wird aufgebaut, indem über einen Owned-Media-Inhalt ein echter Mehrwert angeboten und die bestehenden Kunden gepflegt werden. Der Aufbau einer Community braucht viel Zeit, lohnt sich aber, weil sich zufriedene Kunden positiv auf den glaubwürdigsten Imagekanal, die Earned Media auswirken. Mit Paid Media hat ein Unternehmen die volle Kontrolle über ihre Inhalte und kann den Imageaufbau über die passenden Medien unterstützen. Am meisten profitiert das Image, wenn zufriedene Kunden über Earned Media wie Likes, Posts, Bewertungsplattformen und Kommentare po­sitiv über das Unternehmen sprechen. Achtung, es können auch negative Kommentare entstehen! «Mithören» ist darum ein Muss. Bei Bedarf kann konstruktiv darauf reagiert werden.

Für Dialog, Wissen, Forschung oder Kundenservice: Owned Media

Owned Media war bis vor Kurzem noch nahezu undenkbar und es gab nur sehr wenige Un­ternehmen, die sich dafür entschieden haben, über eigene Medien ihre Kunden zu erreichen. Knackige Beispiele für den Einsatz von Owned Media sind beispielsweise die Coop-Zeitung, das Migros-Magazin oder die Webplattform Migipedia. Owned Media setzt allerdings starke Geschichten voraus und die technischen Möglichkeiten, die Geschichten über Print- und elektronische Medien wirksam zu verbreiten. Das digitale Zeitalter hat dafür Tür und Tor geöffnet. Immer mehr Unternehmen kommunizieren heute über die eigenen Medien direkt mit ihren Kunden. Und sie tun es mit zunehmendem Erfolg.

Die Swisscom hat mit der «supportcommunity.swisscom.ch» eine Webplattform mit der Idee «Kunden helfen Kunden» aufgebaut und pflegt damit einen vorbildlichen Kundenservice. Die Migros betreibt mit der Webplattform «Migipedia» aktiv Markt­forschung und Co-Creation, indem sie Kundinnen und Kunden um ihre Meinung bittet und dazu einlädt, Produkte zu testen und weiterzuentwickeln, um die Migros noch besser zu machen. MacDonalds tritt über die Webplattform «askmcdo.ch» in den offenen Dialog mit ihren Kunden, um Wissen zu vermitteln und aus Kundenreaktionen zu lernen. Und die BKW nutzt mit einem eigenen Magazin «www.bkw.ch/kundenmagazine.html» die Chance, das viel diskutierte Thema Energie mit persönlichen, relevanten und interessant erzählten Geschichten auf breiter Ebene nachvollziehbar zu machen und sich als starke Marke ins Gespräch zu bringen. Doch Owned Media ist nicht nur Grossunternehmen vorbehalten, auch die kleinen setzen darauf. Ein erfrischendes Beispiel dafür gibts im deutschen Sachsenland, wo die in der vierten Generation tätige Kelterei Walthers unter «walthers.de» munter über ihre Obstsäfte bloggt, Saftfreunde über Facebook und Twitter vernetzt und mit der «Saftpresse» eine eigene Zeitung herausgibt, die regelmässig via Läden und Sächsische Zeitung den Weg zu vielen Lesern findet.

Der langen Rede kurzer Sinn: Auf Owned Media zu setzen lohnt sich überall dort, wo das Unternehmen entweder den Dialog fördern, Wissen aufbauen, Marktforschung und Co-Creation betreiben oder ganz einfach einen ausgezeichneten Kundenservice anbieten will. Owned Media sollte aber immer mit Paid- und Earned Media kombiniert werden. Nur so kann das ganze Synergiepotenzial voll ausgeschäpft werden.

Mut zur Lücke

Das Erzählen von fesselnden Geschichten ist eine alte Disziplin. Sie hat mit Content Marketing lediglich einen neuen Namen erhalten. Neu hingegen ist, dass uns dafür mehr Medienkanäle denn je zur Verfügung stehen. Der Umgang mit diesen Kanälen wie beispielsweise Facebook, Twitter, Blogs & Co. ist für alle neu. Für Grossunternehmen und KMU. Doch gerade die kleinen und mittelgrossen Unternehmen sollten den Mut zur Lücke haben, klein beginnen und daraus lernen. Tun sie es heute, sind sie morgen fit. Es zu tun, macht Sinn, ganz einfach deshalb, weil sich die Kunden für ihre Markenumwelt interessieren. Wer Kunden heute daran teilhaben lässt, wird morgen viel Loyalität ernten.

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