Marketing & Vertrieb

E-Commerce: Fallbeispiel PerfectHair.ch

Mit Innovation und neuen Medien zum Erfolg im E-Business

Was 2007 mit einer Vision begann, ist heute eine etablierte KMU mit 30 Festangestellten. Innovatives, öko­nomisches Denken, neue Formen der Distribution, der konsequente Einsatz von neuen Medien und eine bedingungslose Fokussierung sind die Erfolgsgaranten der PerfectHair AG.
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Die Idee, eine Marktnische im professionellen Coiffeurmarkt auszunützen, entwickelte sich beim langjährigen Investmentbanker Diego Sagarra während seiner Besuche in den Vereinigten Staaten. Der Coiffeurmarkt, in dem sich sein Vater – Pascal Sagarra – seit über 40 Jahren in der Ostschweiz einen guten Namen gemacht hat, gestaltete sich in Nordamerika komplett anders. Der Verkauf von professionellen Haarprodukten war dort bereits auch in spezifischen Stores und sogar in Warenhäusern möglich. Anders in der Schweiz. Professionelle Haarpflegeprodukte durften ausschliesslich von ausgebildeten Coiffeuren angeboten werden, die diese Produkte auch im Service anwendeten.

Neue Möglichkeiten

Dass damit ein gutes Geschäft gemacht werden kann, zeigten die Zahlen des Coiffeursalons in Winterthur. Von alleine verkaufen sich die verhältnismässig hochpreisigen Artikel allerdings nicht. Ohne die nötige Verkaufshaltung, basierend auf einer kompetenten Beratung und die konsequente Ausrichtung auf die Erfüllung der Kundenbedürfnisse darf nicht mit guten Verkaufszahlen gerechnet werden.

Vor der Jahrtausendwende zeichneten sich gleichzeitig substanzielle Veränderungen der klassischen Strukturen im Handel ab: Die rasante Verbreitung des Internets und die galoppierende Entwicklung der neuen Medien eröffneten plötzlich völlig neue Distributions- und Kommunikationsmöglichkeiten von Produkten und Dienstleistungen: E-Commerce und Online-Marketing.

Erste E-Commerce-Schritte

Vor diesem Hintergrund machte PerfectHair.ch sich anfangs 2007 daran, einen Online-Shop für den Verkauf professioneller Markenhaarprodukte aufzusetzen. Das Ziel bestand dabei in einer Anfangsphase darin, die Kosten auf einem absoluten Minimum zu halten, um so die Geschäftsidee vorerst eines Praxistests zu unterziehen. Die Wahl fiel entsprechend auf eine Open-Source-Lösung. Wenige Monate später war PerfectHair.ch mit einem überschaubaren Sortiment an Markenhaarprodukten online.

Bevor es allerdings so weit war, mussten die Lieferanten, die mit Pascal Sagarra bereits eine langjährige, erfolgreiche Kundenbeziehung pflegten, davon überzeugt werden, dass die Dienstleistungsqualität – und dabei insbesondere die Beratungsqualität – auch mit E-Commerce aufrechterhalten oder sogar noch intensiviert werden kann. Die Skepsis war anfänglich verständlicherweise gross, funktionierte das Herstellermarketing im professionellen Coiffeurbereich bis dato in erster Linie über das Account Management beim Coiffeur. POS-Material, Sampling, Schulungen und Kundenanlässe waren die bis dahin präferierten Kommunikationsmassnahmen der Hersteller für den professionellen Bereich. E-Commerce und insbesondere Online-Marketing existierten im Wortschatz der Hersteller noch kaum.

Online-Kommunikation

Die Aussicht auf eine substanzielle Absatzsteigerung, die mit der zeitlichen und örtlichen Unabhängigkeit der Kaufhandlung – dem wohl grössten Vorteil des E-Commerce – potenziell einhergehen kann, vermochte die Hersteller davon zu überzeugen, einen ersten Gehversuch zu wagen. Die Shoplösung von PerfectHair.ch war online, es konnte rund um die Uhr eingekauft werden. Nur, davon hatte (noch) niemand Kenntnis…

Dass der Kunde dort am effizientesten angesprochen wird, wo die mentale Distanz zur (Kauf-)Handlung am kleinsten ist, ist eine Binsenwahrheit. Entsprechend wurden die Kommunikationsanstrengungen von PerfectHair.ch von allem Anfang an so konsequent wie nur möglich auf Online-Kommunikation fokussiert. Der Medienbruch soll wenn immer möglich und sinnvoll vermieden werden. Sämtliche Online-Kommunikationsmassnahmen wurden, wenn nicht erfolgreich angewendet, so zumindest getestet.

Der mit Abstand grösste Vorteil der Online-Kommunikation im Vergleich zu klassischen Methoden ist die weitgehende Messbarkeit der Kommunikationsmassnahmen. So konnte schnell evaluiert werden, welche Massnahmen wie erfolgreich sind und wie die Mittel zu allozieren sind, um eine maximale Kommunikationseffizienz zu erreichen. Heute werden maximale Kosten pro Neukunde definiert, die es mit einer Kommunikationsmassnahme nicht zu überschreiten gilt.

Unique Selling Propositions

So wurden die Kunden auf das neue Angebot aufmerksam gemacht, die Umsätze stiegen und stiegen. Während in den Anfangsmonaten noch vom bestehenden Geschäft von Pascal Sagarra in Winterthur aus operiert wurde, kaufte PerfectHair.ch bald den ersten Salon in Winterthur, wo neben dem Angebot der klassischen Coiffeurdienstleistungen im Keller die Büros von PerfectHair.ch beheimatet waren und der gesamte Online-Handel gesteuert wurde. Das Lager wuchs, bald wurden erste Mitarbeiter rein für die Administration eingestellt, um den Ansturm zu bewältigen. Als das Lager zu explodieren drohte, wurden nahe Büros zugemietet.

Nach der Gründung der Aktiengesellschaft im 2008 mussten der gesamte Online-Handel sowie die Administration desselben aufgrund von Platzmangel ausgegliedert werden. In Wallisellen wurden attraktive Büroflächen gefunden und Ende 2010 bezogen. 2011 folgte dann die Eröffnung des zweiten PerfectHair.ch-Shops an bester Lage in Zürich, in dem neben den klassischen Coiffeurdienstleistungen neu auch professionelle Kosmetikdienstleistungen angeboten werden. Des Weiteren wurde das Sortiment substanziell ausgebaut. Neu führt PerfectHair.ch nicht nur Markenhaarprodukte, sondern auch exklusive Parfums, Hautpflegeprodukte, Kosmetika und Nagellacke.

PerfectHair.ch differenziert sich heute in erster Linie über vier Unique Selling Propositions: PerfectHair.ch führt in der Schweiz das grösste Angebot an Markenhaarprodukten zu sehr attraktiven Preisen und liefert aufgrund des grossen Lagers überaus schnell. Ein nach wie vor wesentlicher Beitrag zum Erfolg leistet die professionelle Beratungsdienstleistung. Jede und jeder kann sich sowohl on- wie auch offline auf der Basis der individuellen Haarkoordinaten von geschultem Personal beraten lassen.

Entwicklungen und Ausblick

E-Commerce und Online-Marketing unterliegen – wie so viele der neuen Medien – einem steten Wandel. Plattformen und Netzwerke entstehen und verschwinden ebenso schnell wieder. Folgende generellen Trends lassen sich im E-Commerce und im Online-Marketing ausmachen:

Authentizität

Authentizität ist nicht nur im E-Commerce und der Online-Kommunikation entscheidend, sondern auch in den klassischen Handelsstrukturen. Weil im E-Commerce aber nicht von einer Verkaufsperson individuell auf den einzelnen Kunden eingegangen werden kann, ist Authentizität im elektronischen Handel noch viel wichtiger. Dem Kunden sollen einerseits die wirklich relevanten Inhalte aufgezeigt werden, damit er schnell und sicher ans Ziel kommt. Gleichzeitig muss er – ohne die Interaktion mit einem Menschen – Vertrauen zum Anbieter aufbauen. Dies kann beispielsweise mit einer einfachen, aufgeräumten Ästhetik erreicht werden.

Einen entscheidenden Einfluss üben darüber hinaus die Ladezeiten auf das Kundenverhalten aus: Fast is better than slow. Einen wesentlichen Beitrag zur Glaubwürdigkeit leisten auch echte Kundenmeinungen, die vor allem in Social Communities eingeholt werden können. Die Präsentation und Interak­tion in sozialen Netzwerken wie Facebook, Twitter oder Pinterest und dabei vor allem auch das Zulassen kritischer Votanten gehörten heute zum Standardverhalten eines jeden erfolgreichen E-Unternehmers. Anderen Benutzern wird erfahrungsgemäss immer mehr geglaubt als den Hochglanzprospekten der Anbieter.

Benutzerführung

Innerhalb von Sekundenbruchteilen entscheidet heute ein Kunde, ob er auf einer Website zum Ziel kommt oder nicht. Die Konkurrenz ist nur einen Klick entfernt. Von entsprechend grosser Bedeutung ist eine optimale Nutzerführung. Der Kunde muss sich einfach orientieren können. Der «Call to Action» soll ohne kognitive Überforderung erfolgen. Dem Kunden muss – teilweise unterbewusst – die Kaufhandlung so einfach wie möglich gemacht werden. Einfache, kleine Schritte im Kaufprozess und dazugehörige Belohnungen nach erfolgreich absolvierten Etappen sind Beispiele dafür. So kann mit relativ einfachen Mitteln eine Kaufhandlung stimuliert werden.

Der Kunde muss sich im Kaufprozess sicher fühlen, sieht er sich doch mit einem virtuellen Anbieter konfrontiert. Diese Sicherheit kann mit einer Minimierung des Risikos erreicht werden. Mit einer professionellen Nachkaufbetreuung, wie Rückgaberechten, Kundenhotlines und gut platzierten Kontaktmöglichkeiten, wird dem Kunden dieses Gefühl der Sicherheit vermittelt. Der Kauf soll letztlich so einfach wie möglich gestaltet sein, damit der kognitive Aufwand des Käufers auf ein Minimum reduziert wird.

Mobilität

Internet und allgemein neue Medien werden immer weniger am PC im Büro oder zu Hause konsumiert, sondern je länger desto mehr mobil auf Tablets und Smartphones. Diese Entwicklung gilt auch für den E-Commerce. Entsprechend müssen also tabletoptimierte Versionen und Apps programmiert werden, die für die mobile Nutzung ausgelegt sind. PerfectHair.ch lanciert in Kürze eine App für iPhone und Android mit sämtlichen Commerce-Funktionen.

Fazit

E-Commerce und Online-Marketing bieten fantastische neue Möglichkeiten des Handels, sowohl hinsichtlich des Waren- wie auch hinsichtlich des Informationsflusses. Dieser Umstand macht eine attraktive Gestaltung der Marketing-Mix-Elemente Place und Promotion möglich. Gleichzeitig werden damit die Margen optimiert. Die dadurch gewonnenen Preisvorteile können an den Kunden weitergegeben werden, womit sich das Marketing-Mix-Element Price ebenfalls attraktiv ausgestalten lässt. Price, Place und Promotion machen aber nur drei von vier Elementen des klassischen Marketingmix aus.

Für den Erfolg ist ebenso entscheidend, Produkte zu führen, die möglichst beliebt und gleichzeitig schwierig zu erhalten sind. Ob ein Kunde allerdings zufrieden ist und wieder kauft, hängt letztlich vor allem vom Service ab. Die Kundenerwartungen müssen zwingend – unter Berücksichtigung ökonomischer Gesichtspunkte – übererfüllt werden. Nur so ist letztlich eine Differenzierung gegenüber der Konkurrenz und somit ein nachhaltiger Geschäftserfolg möglich.