Marketing & Vertrieb

Kundenbefragung

Mit fokussierenden Fragen vom Kunden lernen

Fokussierende Fragen ergänzen klassische Kundenbefragungen nicht nur, sie können diese oft sogar ersetzen. Mithilfe fokussierender Fragen werden nämlich die erfolgskritischen Kundenwünsche in Echtzeit ermittelt. Alles was es dazu braucht: die richtige Fragetechnik – und ein wenig Mut.
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Fokus heisst Brennpunkt. Fokussierende Fragen können die wahren Beweggründe des Kunden am schnellsten auf den Punkt bringen: unmittelbar, ungefiltert und bisweilen schonungslos. Sie eignen sich in der Neukunden-Akquise ebenso wie im Bestandskundenkontakt. Sie können mündlich oder auch schriftlich gestellt werden – und zwar von jedem im Unternehmen. Ihr grösster Vorteil im Vergleich zu klassischen Kundenbefragungen: Sie helfen, schnell den Kern der Sache zu treffen, um danach prompt reagieren zu können.

Im Neukunden-Gespräch

Wer nicht täglich neu in Erfahrung bringt, was die Kunden wirklich wollen, produziert rasch am Markt vorbei. Denn die Vorstellungen der Kunden ändern sich laufend. Und: Kunden warten heute nicht mehr, bis Unternehmen umständlich in die Gänge kommen. Sie ziehen dann einfach von dannen. Und im Web erzählen sie der ganzen Welt, warum sie dies tun.

Fragen statt sagen: eine uralte Weisheit im Vertrieb. Wer allerdings Verkäufer zu Terminen begleitet, kann den Eindruck gewinnen, wenig sei davon bekannt. Anstatt sich mit klugen Fragen in die Lebens- oder Arbeitssituation des Kunden zu versetzen, wird dieser mit Produktmerkmalen bombardiert. Nur: Wer durch einen Argumente-Beschuss versucht, sozusagen per Schrotflinten-Taktik einen Zufallstreffer zu landen, wird versagen. Denn diesem Verkäufer fehlt neben dem Einfühlungsvermögen für seinen Gesprächspartner auch die Intuition, um an dessen kaum wahrnehmbaren Wimpernschlag zu erkennen, wann er einen Treffer gelandet hat.

Mit fokussierenden Fragen hingegen kann das Kundenmanagement ins Schwarze treffen. In den einzelnen Verkaufsphasen klingen diese in etwa so:

  • Was ist in Ihrem Geschäft denn das brennendste Problem?
  • Worauf legen Sie bei Ihrer Lieferantenauswahl denn den grössten Wert?
  • Was ist denn auf Ihrer Prioritätenliste der wichtigste Punkt?
  • Wenn Sie an uns denken, was kommt Ihnen dann als Erstes in den Sinn?
  • Welchen Teil unseres Angebots finden Sie denn zu teuer?
  • Was ist bei einer Entscheidung denn für Sie das vorrangigste Kriterium?

Nach solchen Fragen machen Sie unbedingt eine ausführliche Pause. Lassen Sie Ihrem Gesprächspartner Zeit, in seinem Oberstübchen Klarheit zu schaffen. Beantworten Sie Ihre Frage auch dann nicht selbst, wenn das etwas dauert. Allenfalls können Sie fragenderweise Antwortmöglichkeiten anbieten.

Im Bestandskunden-Gespräch

Auch im Bestandsgeschäft sind fokussierende Fragen sehr wertvoll. So kann etwa am Ende eines Telefonats, sofern der Gesprächspartner keinen Zeitdruck hat, immer eine der folgenden Fragen stehen. Diese wird am besten eingeleitet mit: Ach übrigens

  • Was ist für Sie eigentlich der wichtigste Grund, bei uns zu kaufen?
  • Was wäre für Sie das Vorrangigste, das wir schnellstmöglich ändern oder verbessern sollten?
  • Auf was könnten Sie bei uns am wenigsten verzichten?
  • Wenn es eine Sache gibt, die Sie bei uns in der Vergangenheit ganz besonders gestört hat, was war da das Störendste für Sie?
  • Wenn es eine Sache gibt, für die Sie uns garantiert weiterempfehlen können, was wäre da das Empfehlenswerteste für Sie?

Zugegeben, es erfordert hie und da ein wenig Mut, solche Fragen zu stellen. Doch der Lerngewinn ist gewaltig. Welche Antwort auch immer Sie erhalten: Hören Sie wohlwollend hin, bedanken Sie sich und wertschätzen Sie die Offenheit Ihres Gesprächspartners. Denn Sie erfahren etwas über Ihre kaufentscheidenden Pluspunkte oder über Ihre grössten Schwachstellen – aus Sicht des Kunden betrachtet, und die allein zählt.

Wenn der Chef fragt

Wer sich daran gewöhnt, fokussierende Fragen zu stellen, macht seine Kunden zu Innovationstreibern des Unternehmens. Deshalb mein besonderer Tipp: Lassen Sie die Führungsmannschaft solche Aktionen machen. Wenn die grossen Chefs anrufen, dann zeigt dies Wertschätzung auf ganz besondere Weise. Und Kunden-Feedback erreicht genau die Person, die auch tatsächlich etwas verändern kann. Wenn nämlich Kunden bei Mitarbeitern Vorschläge machen oder Kritik äussern, kommt dies eher selten ganz oben an. So empfehle ich den Oberen eine der folgenden Fragen:

  • Wenn Sie an meiner Stelle wären, was würden Sie als Erstes verändern?
  • Wenn Sie hier das Sagen hätten, was würden Sie schnellstens verbessern?
  • Wenn Sie hier den Chefposten hätten, was gingen Sie am eiligsten an?

So entdecken Sie vielleicht das alles entscheidende Detail, das dem Wettbewerber bisher verborgen blieb. Und Sie werden schnell. Denn treffsicher lässt sich konkreter Handlungsbedarf an den erfolgskritischsten Stellen erkennen, um dann sofort reagieren zu können. So löst man nicht nur die Probleme Einzelner, sondern wappnet sich gegen die Unzufriedenheit vieler Kunden. Das Ergebnis: Loyalität wird gestärkt und Kundenschwund wird vorgebeugt. Dabei kann es sogar gelingen, dass bereits absprungwillige Kunden gerettet werden.

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