1) Die Messbarkeit
Bevor überhaupt darüber nachgedacht werden kann, welche Messgrössen geeignet sein können, um die Leistung des Marketings zu beurteilen, muss organisatorische Klarheit geschaffen werden: Was genau ist «das» Marketing im Unternehmen? Welche Verantwortlichkeiten werden im Marketing wahrgenommen? Handelt es sich bei «dem» Marketing um eine Werbeabteilung, eine konzeptionelle Einheit, ist die Unternehmenskommunikation hier auch angesiedelt, werden Seminare veranstaltet?
Es gibt keine einzig richtige Antwort auf die Frage, wie eine Marketingabteilung gestaltet sein muss. Was aber sehr wohl gewährleistet sein muss, ist, dass sämtliche Verantwortlichkeiten in der Abteilung geklärt sind. Diese mangelnde Verantwortungsklarheit ist einer der Hauptgründe, die dafür verantwortlich sind, dass sich das Marketing immer wieder dem Vorwurf der mangelhaften Leistung ausgesetzt sieht. Es ist dabei originäre Aufgabe der Unternehmensführung, diese Klarheit zu schaffen. Wohlgemerkt, es geht hier nicht um die Beschreibung einzelner Tätigkeiten, denn diese sind aktivitäts- und nicht resultatorientiert, sondern um die Vereinbarung von regelhaft zu erzielenden Resultaten. Wofür ist das Marketing also im Detail verantwortlich?
Ist diese Frage geklärt, kann über die Messgrössen nachgedacht werden, an Hand derer die Wahrnehmung dieser vereinbarten Verantwortlichkeiten beurteilt werden kann. Spätestens in dieser Phase wird der Widerstand marketingseitig erfahrungsgemäss zunehmen. Schliesslich sei man, so wird gern entgegnet, ja eine kreative Einheit, und Kreativität habe auch damit zu tun, dass sich manches der Messbarkeit entziehe. Dieser Schluss ist allerdings nicht zulässig. Hier folgen zwei Beispiele aus unserer Beratungspraxis für erfolgreich implementierte Messgrössen im Marketing:
Beispiel 1: Mode
Ein bekanntes Modeunternehmen verfügt über ein produktbezogenes Marketing, dessen wesentliche Aufgabe es ist, die Trends für die richtigen Produkte zu entdecken und mit dem Design zusammen Produkte zu entwickeln, die am Markt bestmöglichen Absatz finden. Das Unternehmen wirbt nicht am Markt. Gemessen wird die Leistung des Produktmarketings, das auch die Verkaufspreise vorschlägt, letztlich an der Akzeptanz der Produkte durch den Kunden. Das gleiche Unternehmen verfügt auch über ein verkaufspunktbezogenes Marketing, das die durch externe Partner bewirtschafteten Verkaufsflächen mit dem richtigen Ladenbau und verkaufsfördernden Massnahmen unterstützt. Gemessen wird die Leistung des verkaufspunktbezogenen Marketings u. a. an der steigenden Frequenz am POS, der Wirkung einzelner Warenträger, usw.
Sind diese Messgrössen eindeutig und schnittstellenfrei? Nein, das sind sie nicht, aber sie helfen massgeblich dabei, die Verantwortung zu definieren und die Wahrnehmung der Verantwortung zu messen. Die Leistung kann jährlich, monatlich und wenn es sein muss auch wöchentlich gemessen werden.
Beispiel 2: Grosshandel
Die Marketingabteilung eines Grosshandelsunternehmens war in der Vergangenheit vorwiegend damit befasst, Werbekostenzuschüsse von der Industrie einzuwerben – eine monetär messbare Aktivität – und Seminare für die belieferten Einzelhändler durchzuführen – ein ruhiges Leben. Innerhalb eines Vertriebsstrategie-Projektes wurde dem Marketing plötzlich eine neue Verantwortung zuteil, es musste nämlich dafür Sorge tragen, dass das Unternehmen am Markt treffender positioniert wurde. Eine neue Markenstärke sollte dazu führen, dass die Kundenwahrnehmung des Unternehmens treffender erfolgte, die Kundenbindung stieg und die ungewollte Kundenfluktuation sank.
Unterliegen diese Messgrössen allein der Verantwortung im Marketing? Nein, auch der Vertrieb hat hier seinen Anteil. Dennoch ist die Messung der Marketingleistung auf Basis dieser Grössen Kundenwahrnehmung, Kundenbindung, Kundenfluktuation ausgezeichnet möglich. Das Unternehmen hat es inzwischen mehrfach hintereinander im Rahmen eines durch ein unabhängiges Institut durchgeführten Wettbewerbs auf einen der ersten drei Ränge in der Kundenpräferenz geschafft.
Um Messgrössen für die Marketingleistung zu finden, muss man mitunter kreativ sein und vor allem auch Ambivalenz zulassen, denn selten werden Messgrössen gefunden, die schnittstellenfrei sind. Das ist aber meist sogar ein Vorteil, denn dann beginnt endlich einmal der schnittstellenübergreifende Dialog über erfolgversprechende Massnahmen.