Marketing & Vertrieb

E-Commerce

Kundenloyalität als Erfolgsfaktor im E-Business

Im Zeitalter der globalen Transparenz beschafft sich der Konsument die gewünschten Infor­mationen über Anbieter, Produkte und Preise im Internet gleich selbst – wann immer er will. Bestehende Kunden zu binden und neue Kunden zu überzeugen, wird schwieriger.
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Kundenloyalität erhält durch die elektronische Preistransparenz eine ganz neue Bedeutung. Heute braucht es andere Wechselbarrieren als Rabatte oder Prämien. Denn der Kunde von jetzt kauft situativ und über verschiedene Kanäle. Welche Probleme tauchen heute klassischerweise auf, wenn es um die Kundenorientierung in einem kanalvielfältigen Markt geht?

  1. Die Strategien und Massnahmen zur Steigerung des Umsatzes und zur Kostensenkung fokussieren mehrheitlich auf die klassische Optimierung der Wertschöpfungskette wie zum Beispiel bessere Einkaufsbedingungen, günstigere Ressourcen, erhöhte Investments in Marketingmassnahmen oder Kürzungen von Mitarbeiterleistungen.
  2. Unternehmen haben zu wenig wertvolle und relevante Informationen über ihre bestehenden Kunden, da das entsprechende Know-how respektive die Informationen oder Tools für entsprechende Auswertungen fehlen.
  3. Unternehmen wissen nicht, wo sie heute am Markt stehen und haben kein definiertes Vorgehenskonzept, um ihre Kunden langfristig an sich zu binden.

Heute gehören die Ladenöffnungszeiten und Rabattcoupons der Vergangenheit an. Smartphones und Tablets werden jederzeit zum mobilen Portemonnaie, der Kunde informiert sich im Internet und kauft dann im Laden – oder umgekehrt. Oder er sucht sich Informationen in den sozialen Netzwerken wie Facebook, Pinterest & Co. Die grosse Kunst im E-Business ist es, den Kunden dann abzuholen, wenn er gerade empfänglich ist und dort, wo er sich gerade aufhält. Und das Wichtigste ist, dass er dabei noch ein gutes Gefühl hat. Und zwar vor, während und nach dem Kauf. Er vertraut dem Unternehmen und ist bereit – trotz aller Freiheiten – genau hier einzukaufen.

Kundenloyalität ist Chefsache

Dieses Gefühl kann dem Kunden nur vermittelt werden, wenn es im Unternehmen von oben nach unten gelebt wird. Wenn eine Strategie vorhanden ist. Wenn die richtige Technologie eingesetzt wird. Und wenn alle Mitarbeiter permanent mit den notwendigen Informationen und Hilfsmitteln ausgestattet und geschult sind. So wird der Kunde in allen Unternehmenskanälen gemäss seinen Erwartungen bedient – und im besten Fall sogar positiv überrascht. Was sich in den tendenziell oberflächlichen Märkten sehr nachhaltig auf die Kundenloyalität auswirkt.

Die E-Commerce-Maturität

Loyale, treue Kunden bilden eine solide Basis für den geschäftlichen Erfolg. Sie vertrauen dem Unternehmen, weil sie sich angesprochen und abgeholt fühlen. Dies zu erreichen ist harte Arbeit auf allen Unternehmensebenen. Laufend kommen weitere digitale Geschäftsmodelle dazu, die berücksichtigt werden müssen. Altes muss hinterfragt werden, neue Geschäftsfelder öffnen sich. Woran soll man sich also orientieren? Worin soll man investieren, um möglichst viel Potenzial auszuschöpfen?

Das Maturitätsdiagramm (siehe oben) dient als Wegweiser. Es wächst über acht wichtige Levels. Um auf den nächsten
Level zu kommen und diesen auf- oder aus­zubauen gilt es, den darunterliegenden möglichst gut zu beherrschen. Die ersten drei Levels bilden eine solide Basis, auf welcher das E-Commerce-Business auf­gebaut werden kann. Die höheren Ebenen sind schwieriger zu erreichen, da die Komplexität und die Abhängigkeiten zu den unteren Ebenen zunimmt. Je weiter nach oben man als Unternehmen kommt, umso mehr hebt man sich auch von der Konkurrenz ab – und das kann den entscheidenden Vorteil gegenüber den Mitbewerbern garantieren.

Level 1: Organisation, Mitarbeiter, Partner

  • E-Commerce ist kein einzeln zu betrachtender Bereich und schon gar nicht als Abteilung innerhalb des Marketings zu verstehen.
  • Der E-Commerce-Leiter/-Manager ist kein Spezialist, sondern eine unternehmerisch denkende Person mit entsprechenden operativen Zielen.
  • E-Commerce ist kein klassisches IT-Thema, sondern verlangt Partner und Dienstleister, welche unternehmerisch mitdenken und sich entsprechend einbringen.

Level 2: Systeme, Architektur

  • E-Commerce ist nicht gleichzusetzen mit Onlineshop. Der Shop ist lediglich als ein Element im Ganzen, ein digitaler Kanal, zu verstehen.
  • Ganzheitlicher E-Commerce kann nicht von einem System alleine erbracht werden. Vielmehr gilt es die entsprechenden Systeme miteinander zu integrieren.
  • Die Lösungsarchitektur ist nicht mit der initialen Installation abgeschlossen. Diese muss so flexibel ausgelegt werden, dass zukünftige Bedürfnisse und neue Systeme Platz darin finden.

Level 3: Produkte, Informationen

  • Die Informationen sind das wichtigste
    Gut. «Content is King.» Ohne digitale In­formationen wird sich E-Commerce weder professionell umsetzen noch entwickeln lassen.
  • Informationen können nicht nur an einem Ort verwaltet werden. Viel entscheidender ist es, die Informationen so zu strukturieren, dass diese auch in verschiedenen Systemen genutzt werden können.
  • Datenqualität bedeutet nicht, möglichst alle Daten zu sammeln. Daten müssen aussagekräftig genug sein, um Prozesse zu automatisieren.

Level 4: Prozesse, Betriebsabläufe

  • Prozesse bleiben nicht stabil. Eine ganzheitliche Betrachtung erfordert, alle Prozesse der Wertschöpfungskette zu überprüfen und wo notwendig anzupassen. Kunden spüren umgehend, wenn ein Prozess nicht auf ihre Bedürfnisse abgestimmt wurde.
  • Nicht optimierte Prozesse verursachen mitunter hohe Kosten. Medienbrüche müssen reduziert werden und Prozesse auf die Bedürfnisse von Mitarbeitenden optimiert sein.
  • E-Commerce ist kein Nebenprojekt. Wer E-Commerce-Prozesse nicht von Beginn weg integriert, läuft Gefahr, mit der Zeit ein operatives «Parallelunternehmen» zu entwickeln.

Level 5: Kanäle, Marketing

  • Onlinemarketing ist kein Selbstläufer. Das Onlinemarketing muss im Marketingplan entsprechend eingebettet sein.
  • Onlinemarketing lässt sich nicht nebenbei erledigen. Für das Bearbeiten der digitalen Kanäle sind Spezialisten gefragt, welche die einzelnen Kanäle gut verstehen.
  • Ohne Onlinemarketing kein E-Commerce-Erfolg. Wer es versteht, personalisierte Angebote an den richtigen Kunden zu bringen, steigert seinen Umsatz.

Level 6: Verkauf, Vertrieb

  • Ganzheitliches E-Commerce kanalisiert den stationären Handel nicht. Viel­mehr gilt es, die Vorteile beider Vertriebswege zu kombinieren. Hier liegt viel Umsatzpotenzial verborgen.
  • Nicht nur das Angebot alleine ist kaufentscheidend. Hohe Aufmerksamkeit gilt es der Verfügbarkeit und Lieferzeit zu widmen.
  • Nicht alle Kunden wissen, was sie wollen oder wollen primär «nur» kaufen. Viele Kunden wollen sich informieren, inspirieren und vergleichen. Dies erlaubt erst Cross- und Upselling.

Level 7: Kundenausrichtung und Service

  • Nicht der einzelne Kauf ist entscheidend. Erst wenn das Kaufverhalten verstanden und entsprechend darauf reagiert werden kann, steigert sich die Loyalität erheblich.
  • Empfehlungen können nicht zufällig sein. Wer es versteht, zielgruppengerechte und personalisierte Informationen zur Verfügung zu stellen, erhöht die Conversion-Rate.
  • Die Digitalisierung ermöglicht es, neue integrierte Service- und Loyalty-Programme zu realisieren.

Level 8: Stetig lernende Organisation

  • Stillstand gibt es nicht. Stetiges Messen und Optimieren der E-Commerce-Ausrichtung ist unabdingbar. Ausserdem gilt es die bestehenden Auswertungs-Tools mit den richtigen Leistungskennzahlen zu erweitern.
  • Nutzen von Spezialwissen ist zeitlich beschränkt. Der schnelle technologische Wandel verlangt permanente Weiterentwicklung oder die Integration entsprechender Spezialisten.
  • Wer denkt, dass sein Unternehmen nicht von der Digitalisierung betroffen ist, der irrt. Die Digitalisierung bringt marktübergreifende Veränderungen in allen Branchen mit sich. Wer es schafft, sich fortlaufend anzupassen, gewinnt langfristig.

Fazit

Customer is King. Die Orientierung am Kunden und die Nutzung der digitalen Möglichkeiten ermöglichen einen Vorsprung gegenüber der Konkurrenz und haben eine direkte Auswirkung auf den Unternehmenserfolg. Die relevante und richtige Information ist das Mass aller Dinge. Diese Informationen können nur gewonnen werden, wenn die internen Prozesse rigoros angepasst werden. Und nur wer den digitalen Puls ständig spürt, kann Gegenwart und Zukunft des E-Commerce mitgestalten. In diesem Kontext werden Informationsqualität und Kundenservice zu einem strategischen Vermögenswert in wettbewerbsintensiven Märkten.

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