Marketing & Vertrieb

Kommunikation

Es kommt vor allem auf das richtige Mass an

Zu viel Kommunikation kann sehr schädlich sein, zu wenig allerdings auch. Das gilt sowohl für den Markteintritt wie auch die Nachfolgeregelung. Entscheidend für den Erfolg sind eine gute Vorbereitung, das richtige Timing und die zielgruppengerechte Ansprache.
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Im Schweizer Mittelland wurde unlängst ein mittelständisches Traditionsunternehmen verkauft. Die Kommunikation darüber war nicht mittelmässig, sie war inexistent. Hätte nicht der Chefredaktor der regionalen Zeitung Wind davon bekommen, weshalb er den schweigsamen CEO zu Worte bat, wäre wohl nichts kommuniziert worden. Falsch oder richtig? – Die Antwort geben Behörden, Markt und Mitarbeiter. Sie waren und sind noch heute enttäuscht, verärgert und verunsichert. Denn hier wurde eine Todsünde begangen. Vermeintliche Diskretion verwandelte sich schnurstracks in pure Dummheit. So weit muss es nicht kommen. Zerschlagenes Porzellan lässt sich zwar kitten, die Risse bleiben aber für jeden sichtbar. Immenser Schaden ist entstanden, der vermeidbar gewesen wäre – mit geschickter Kommunikation.

Markt geht vor Familie

Familiengesellschaften, und dazu gehören die meisten KMU, hängen ihre Taten nicht gerne an die grosse Glocke. Das brauchen sie auch nicht. Weniger, dafür regelmässig informieren ist mehr, als sich andauernd prahlerisch in Szene zu setzen. Es ist wie bei einem feinen Wein. Wahrer Geniesser ist, wer es versteht, in kleinen Schlückchen die spezielle Note der Reben zu spüren. Damit das besser gelingt, gehört der edle Tropfen rechtzeitig geöffnet, allenfalls dekantiert und in der richtigen Temperatur sanft ins richtige Glas gegossen. Timing, passende Vorbereitung und mundgerechtes Servieren sind auch die matchentscheidenden Elemente der Unternehmenskommunikation. Das zeigt sich insbesondere bei entscheidenden Ereignissen. Wir picken die Nachfolge und den Markteintritt heraus.

Morgen ist gestern

Stellen Sie sich vor, Sie möchten Ihr Geschäft verkaufen – und niemand reagiert auf Ihre Offerte. Rüsten Sie sich also für die Zukunft, gerade wenn es nicht mehr die Ihre ist. Aber die Früchte Ihrer langjährigen Arbeit, das Arbeiten bis in die Morgenstunden, Frust, Angst, Triumphe, Freude und Ihre persönliche Genugtuung über das Erreichte – das alles ist Ihr Leben. Also schreiten Sie zur Ernte. Damit Sie dabei eine schöne Flasche Champagner entkorken können, braucht es Vorarbeit. Übernehmen Ihre Kinder, haben Sie Glück gehabt. Darauf können Sie nicht bauen. Also heisst es, rechtzeitig offen über die Stärken Ihres Unternehmens zu kommunizieren. Nur wer weiss, wie es um Sie steht, was Sie weshalb investiert haben, welche Entwicklungen Sie noch in der Pipeline haben, wie Sie Ihren Markt gepflegt haben, der kann sich echt für Ihren Betrieb interessieren.

Mehr als Steuern und Vorsorge

Was heisst das nun im Klartext? Nicht nur treuhänderische, steuerliche und vorsorgetechnische Aspekte müssen im Lot sein, auch die Kommunikation ist ein Erfolgsfaktor in der Nachfolgeregelung. Glaubhafte, ehrliche, nachvollziehbare Kommunikation ist der Transmissionsriemen, der die treuhänderischen, steuerlichen und vorsorgetechnischen Komponenten erst richtig verknüpft, mit Leben erfüllt und Ihr Unternehmen zu einem echten und geschätzten Objekt der Begierde macht. Wer ein Unternehmerleben lang regelmässig und offen kommuniziert hat, den nimmt man jetzt wahr, dessen Unternehmen kennt man. Wie die Erfahrung zeigt, hat das nicht selten einen positiven Effekt auf den Verkaufspreis. Wenn Sie nun auf diese Weise systematisch und regelmässig kommunizieren, ist es wichtig, die ganze Klaviatur zu beherrschen. Nutzen Sie die klassischen Mittel von Prospekten, Broschüren, PR und Internet. Ergänzen Sie sie nach Bedarf mit Social Media.

Den Mutigen gehört die Welt

Was für Nachfolgesuchende gilt, trifft natürlich für weiterhin aktive UnternehmerInnen ebenfalls zu. Nur wenn ein Unternehmen greifbar, be-greifbar ist, kommen Interesse, Verständnis und Interaktion zustande. Angst vor zu viel Offenheit ist ein schlechter Ratgeber, trotzdem ist Vorsicht die Mutter der Porzellankiste. Das richtige Mass macht es aus.

Fast noch reizvoller als die Nachfolgeregelung ist der Start oder Markteintritt eines Unternehmens. Das war vor fünf Jahren auch bei einem im deutschen Gesundheitsmarkt sehr erfolgreichen Betrieb der Fall, der in der Schweiz eine Tochtergesellschaft gründete. Das deutsche Unternehmen – vor rund 20 Jahren vom Gründer als Student aus der Taufe gehoben – hatte sich zum innovativen Anbieter von Klinik-Informationssystemen und peripheren Zusatzlösungen wie Arznei­mittelsicherheits-Analysen, Bettenplanung, Überbrückungssystemen bei Updates von Grundelementen sowie Leistungssteuerung und -abrechnung entwickelt. Nun galt es, den konservativen, auf persönlichen «Seilschaften» basierenden helvetischen Markt zu erobern.

Ausschlaggebende Elemente

Dem Firmengründer kam es einmal zugut, dass er als Freizeit-Marathonläufer gewohnt ist, mit Ausdauer ans Werk zu gehen. Zum Zweiten hörte er auf den Rat des erfahrenen Kommunikationsberaters. Umgesetzt wurde folgendes Konzept:

  • Fundament: Die Schweiz kennt zwei, manchmal drei Sprachen und viele andere Ausdrücke, als sie in Deutschland Usus sind. So ist eben eine «Entlassung» im Schweizer Spital keineswegs ein arbeitsrechtliches Thema, sondern lediglich der «Austritt» aus der stationären Behandlung. Auch laufen Entscheidungsprozesse weitaus dezentraler ab als ennet des Rheins. All das musste erst mal verkraftet und aufgearbeitet werden, um ernst genommen zu werden. Weiter wurden akribisch die Zielgruppen und deren Bedürfnisse bestimmt. Die Chancen waren gross, die neue Spitalfinanzierung mit den Swiss DRG zeichnete sich ab.
  • Inhalte: Das deutsche Produkt zeichnete sich über etliche Vorteile aus. Dazu gehörten der skalierbare, modular und bedürfnisgerechte Auf- und Ausbau der Software-Lösungen, die Integrierbarkeit und Vernetzung mit bereits bestehenden Systemen – nicht jedes Spital wirft ja gleich alles über Bord, sondern will sich durch eine sog. «best of breed»-Strategie auch mehrere Lieferanten-Optionen offenhalten, um nicht in einseitige Abhängigkeiten zu gelangen.
  • Vertrauen: Der Schweizer Spitalmarkt, wo in der Informationstechnik jährlich an die vier Milliarden Franken für Investitionen und laufende Betriebskosten ausgegeben werden, ist hart und entsprechend rege umkämpft. Also galt es, das deutsche Unternehmen qualifiziert zu positionieren. Das gelang, indem Referatsmöglichkeiten und spezielle Präsentationsplattformen an wichtigen Events und Kongressen vermittelt wurden und ein jährlich stattfindender Rundtisch initiiert wurde, an dem erstklassige Namen aus der Schweizer Gesundheitsszene teilnehmen. Die mitmachenden Opinion Leaders dokumentieren mit ihrer Anwesenheit und schrittweisen Verbundenheit mit dem IT-Anbieter dessen Kompetenz und Anerkennung. Im gleichen Ausmass, wie sie dem Unternehmen Wertschätzung entgegenbringen, steigt dessen Bekanntheitsgrad am Markt. Vermehrte Offert­­­an­fragen waren die logische Konsequenz.
  • Erfolge: Marathonläufer habens möglicherweise etwas leichter. Sie geben nicht so schnell auf und sind imstande, auch nach 42 Kilometern noch einen fulminanten Schlussspurt hinzulegen. In diesem Fall gelang es jedenfalls, durch konsequentes Durchziehen der gewählten Kommunikationsstrategie die grösste Privatklinik-Gruppe als Kundin zu gewinnen und in etlichen renommierten Spitälern IT-Lösungen zu installieren. Nach fünf Jahren ist der Markteintritt sehr gut geglückt.

Fundierte Marktkenntnisse

Zum Fundament des Erfolgs zählen aus langjähriger Erfahrung verschiedene Elemente: An oberster Stelle steht die Ausdauer des in den Markt investierenden Unternehmers, denn die Früchte reifen langsam und hängen hoch. Nur wer Nachhaltigkeit schafft, kann sie ernten.

Zweitens geht überhaupt nichts ohne fundierte Kenntnisse des Markts. Das ist an sich eine Binsenwahrheit, wird aber anhand kreativer Werbe- und Gestaltungsideen nicht selten vernachlässigt. Dabei ist die exakte Kenntnis der Welt und die sorgfältige Auswahl der Ansprache der relevanten Zielgruppen absolut matchentscheidend.

Drittens sind die Vernetzungen mit wichtigen Opinion Leaders, das Gewinnen ihres Vertrauens, ausschlaggebend, dass überhaupt Offert­anfragen entstehen und Einladungen zu Präsentationen erfolgen.

Es geht – insbesondere in komplexen B2B-Märkten – um weit mehr als farbige Bilder und markige Slogans. Es geht um Qualität, Ehrlichkeit und Nachhaltigkeit.

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