Auf Messen treffen Unternehmen ihre Kunden, präsentieren ihre Produkte und Dienstleistungen. Es ist eine Chance, sich nachhaltig im Bewusstsein des Kunden einzuprägen und Alleinstellungsmerkmale gegenüber den Mittbewerbern zu präsentieren. Messen spielen zur Schaffung von physischen sowie mit allen Sinnen erlebbaren Markenerfahrungen eine wichtige Rolle. Diesen Vorteil kann (bisher) auch die digitale Welt nicht ausräumen. Die Digitalisierung kann heute noch nicht alle Sinne bedienen, aber sie kann einen Beitrag dazu leisten, dass das Zusammentreffen von Anbietern und ihren Kunden effizienter organisiert wird. Vor allem geht es darum, während und nach einer Messe die Instrumente der Digitalisierung gezielt einzusetzen. Digitale Tools gilt es zum Beispiel für die Erleichterung und Aufwertung der Live-Erlebnisse zu nutzen.
Markenwelt erlebbar machen
Wie Unternehmen die Digitalisierung für ihren Messeauftritt nutzen können, zeigt das Beispiel der V-Zug AG. Das Ziel der Haushaltsgeräte-Herstellerin war, ihren Messestand auf der Baumesse «Swissbau 2016» in Basel als ein digitales Erlebnis zu gestalten, das die Unternehmenswerte auf moderne Art präsentiert. «Auf diese Weise wollten wir die Besucher des Standes durch unsere Markenwelt führen sowie ihnen Kenntnisse über V-Zug vermitteln, die sie noch nicht hatten», sagt Philipp Hofmann, Leiter Global Marketing Services.
Auch deshalb legten die Verantwortlichen des Projekts den Fokus auf eine neue persönliche «Onboarding»-Strategie. Mit «Onboarding» bezeichnet man hier das Vorgehen, damit die Menschen auf ein Produkt einsteigen und dieses benützen. So hiessen am prominent aufgestellten Messestand speziell geschulte Hostessen die Besucher willkommen. Sie übergaben ihnen gebrandete V-Zug-Kopfhörer sowie das dazugehörende iPad und erklärten ihnen die Funktionsweise auf verständliche Weise.
Die Idee zu dem digitalen Vorhaben reifte im Vorfeld der Messeplanung. Es fanden hierzu mehrere Gespräche mit dem Beratungs- und Technologieunternehmen «iTrust AG» statt, zu dem bereits seit längerem eine Geschäftsbeziehung bestand. Beide Firmen waren sich einig, etwas Neuartiges zu realisieren, das den Messebesuchern lange in Erinnerung bleibt.
Technologische Helfer
In der Folge entwickelte «iTrust» – basierend auf der Plattform «iTrust Insight» – für V-Zug eine eigene Applikation namens «V-Zug-Messeerlebnis». Diese App erkennt, wo ein Mensch steht, und spielt im richtigen Moment multimediale Inhalte ab. Sie erscheint grafisch aufbereitet im V-Zug-Kleid. Zudem setzten die Unternehmen auf die kontaktlose Technologie «Beacon». «Diese kleinen Bluetooth-Sender erleben in den USA derzeit einen Hype. Sie sind speziell für Ausstellungen geeignet», sagt René Müller, Senior Digital Innovation Consultant bei «iTrust». «‹Beacons› senden permanent wie ein Leuchtturm – daher der Name. In Kombination mit einer App wird eine Aktivität ausgelöst. So sind standortbasierte Interaktionen möglich, sprich: In geschlossenen Räumen kann eine genaue Ortung von Menschen und Geräten stattfinden und mit digitalen Elementen gekoppelt werden. Ganz ohne komplizierte Menüführung.»
In der Erlebniswelt
Der Besuch des Messestandes von V-Zug lief wie folgt ab: Ausgerüstet mit iPad und Kopfhörer ging der Gast von Station zu Station. Diese erzählten Geschichten zu Design, Qualität, Ressourcenschonung etc. Der Besucher schritt dabei an mehreren unsichtbaren Sendern vorbei, die an sogenannten «Wandersteinen» platziert waren. Neu war der Effekt, dass dadurch auf dem Tablet jedes Mal automatisch – und nicht wie bisher per Berührung – ein Video gestartet wurde. Abgeschlossen wurde die Erlebniswelt mit einem Wettbewerb und einem Selfie mittels iPad. Da der Teilnehmer zuvor seine E-Mail-Adresse angegeben hatte, bekam er das Bild direkt zugestellt. Auf diese Weise konnte V-Zug ihre CRM-Daten anreichern und erreichte eine Profilschärfung.
Das Projekt verlief in sicheren Bahnen. Trotzdem ergaben sich einige Schwierigkeiten: Beispielsweise waren bei ersten Tests die «Beacon»-Signale nicht konstant, und die vorbeigehenden Personen wurden nicht im gewünschten Radius erkannt. Eine Fehlerbehebung und eine längere Testphase folgten. Müller: «Wir lasen etliche Forschungsberichte, konfigurierten die Sender und kreierten eine weitere eigene Applikation, um herauszufinden, an welchem Ort die Signale wie stark sind.»
Die Besucher des Messestandes reagierten positiv. Primär lobten sie, dass sich dieser Stand bezüglich Aufmachung und Innovationsgeist deutlich vom Durchschnitt abhob. Aufgrund des Erfolges wird V-Zug ihren Auftritt vermutlich auch auf kleinere Messen adaptieren und in eigene Ausstellungen integrieren.