Marketing & Vertrieb

Trendforschung

Die sieben Megatrends im Verkauf

Für die Verantwortlichen in Marketing und Vertrieb ist der gesellschaftliche Wandel ein Dauerthema. Denn ihre Verkaufsstrategien können nur erfolgreich sein, wenn sie wissen, wie die Zielgruppen ticken. Megatrends können Aufschluss darüber geben, mit welchen Entwicklungen zu rechnen ist.
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Wir unterliegen einem steten Wandel, alles ist immer und zu jeder Zeit in Bewegung. Unternehmer und Führungskräfte sind diesem Wandel gleich mehrfach ausgesetzt: private, individuelle Veränderungen, konjunkturelle Hoch- und Tief-Phasen sowie strukturelle Wechsel im Unternehmen sind nur drei exemplarische Beispiele.

Für Unternehmen gilt es besonders, gesellschaftlichen Veränderungen, die auf das (Kauf-)Verhalten der Kunden Einfluss nehmen, zu begegnen. Wenn der Verkauf sich wandelt, ist jede Führungskraft aufs Neue gefragt, auf diesen Wandel nicht nur zu reagieren, sondern seine Hintergründe zu verstehen, die Auswirkungen zu nutzen und die Erkenntnisse praktisch in die Vertriebsstruktur einzubinden.

Schlussendlich sind Veränderungen im Verkauf immer erst einmal Veränderungen und Entwicklungen der «modernen Zeit», die Menschen betreffen, die ihnen bevorstehen und sie beschäftigen. Mit welchen Trends sind Menschen in den nächsten Jahren konfrontiert? Aufschluss darüber geben Trendforschungen, die gemeinsam sogenannte «Mega-Trends» ausmachen. Stellen wir uns diesen Mega-Trends und den damit verbundenen Menschen, sensibilisieren wir unseren Verkauf, indem wir ihn organisieren und anpassen, dann eilen wir mindestens so manchem Wettbewerber voraus.

1. Neue Medien

Dass sich der Verkauf als solcher im Kontext der neuen Medien neu ausrichten muss, wird vielerorts beschrieben und ist in progressiven Kreisen unumstritten. In diesem Fall geht es nicht um mögliche Distributionskanäle oder Kommunikationsinstrumente, die sich immer mehr auf elektronische Medien und ins Internet verlagern, sondern um die Art und Weise, wie der Mensch als Kunde im neuen Zeitalter tickt.

Insbesondere verändern die digitalen Medien althergebrachte Lerngewohnheiten und das Wissensmanagement. Die Menschen wissen vordergründig mehr. Vieles muss ihnen der Verkäufer oft nicht mehr erklären. Er muss dafür lernen, die Anwendungen, den praktischen Nutzen in den Vordergrund zu setzen, denn alles andere weiss der Kunde vielfach schon. Darum braucht er einen, der ihm hilft, im «Dschungel» der Informationsflut den Durchblick zu gewinnen.

Social Media fördert eine neue Art von Lernkultur: Neugier und Erforschen ersetzen Zuhören und Auswendiglernen. Das prägt nicht nur den Verkäufer: Der Kunde will erleben und nicht zuhören. Er will ausprobieren und nicht warten. Die Leidenschaft muss ihn packen, sonst ist er in wenigen Sekunden weg.

2. Urbanisierung

Städte werden wieder attraktiver und lebensnäher. In Städte gehören Menschen. Urbanes Leben ist zu einer Art Lebens- und Kulturform avanciert. Das nicht zuletzt deshalb, weil Städte lebenswerter und in vielerlei Hinsicht «grüner» ge­worden sind. Menschen entwickeln heute ein neues Verhältnis und Bewusstsein zur Stadt als wiederentdeckten Lebensraum. Der Verkauf muss «städtischer» werden, will er diese urbanen Menschen ansprechen.

Ein «städtischer Verkauf» kann heissen, dass das, was der Kunde kauft, Rücksicht auf seinen Lebensstil nimmt. Er braucht Dinge, die zu seinem Leben passen: Nicht mehr nur einfach Bedürfnisse, sondern gezielt Produkte und Dienstleistungen, die zu seinem urbanen Leben gehören. Städte geben Trends vor, der Verkauf darf diese übernehmen – in der Produktgestaltung und vor allem in der Argumentation. Wenn ein urbaner Lebensstil «offen, schnell, beweglich, grün» ist, dann gehören diese Argumente auch in das Vokabular des nutzenformulierenden Vertriebs.

Abgesehen davon muss jeder Verkäufer dies auch selbst und glaubhaft abbilden können, denn: «Ein Beispiel zu geben, ist nicht die wichtigste Art, wie man andere beeinflusst. Sondern es ist die einzige.» (Albert Schweitzer, Nobelpreisträger).

3. Beziehung

Die neuen Medien waren und sind es, die Beziehungen zu anderen und das Netzwerken neu definier(t)en. Dazu kommt, dass zunehmend nicht mehr nur Menschen miteinander über das Internet in Beziehung treten, sondern ebenso auch Produkte und Dienstleistungen. Die technologische Entwicklung macht aus vermeintlichen Einzelkämpfern Facebook-Gruppen und schafft so eine Kultur der Offenheit und der Transparenz. Möglichst viele Erfahrungen sollen möglichst schnell möglichst vielen Menschen zugänglich gemacht werden.

Ein Unternehmen muss lernen, mit den Kunden über den medialen Dialog in eine neue Form der Beziehung zu treten. Wer eine Beziehung hat, kauft. Kundenbeziehungs-Management ist nicht nur eine solide, teure CRM-Software, sondern eine Denkhaltung. Durch einen ständigen Dialog «spüren» sich die beiden Partner schneller, konkreter, individueller und omnipräsenter. Niemand wartet heute auf den Quartals-Newsletter mit den Angeboten. Jeder will jetzt und hier ein angepasstes, bestenfalls individuelles An-
gebot. Ganz abgesehen davon: Je mehr über virtuelle Medien kommuniziert wird, desto eher bleibt eine persönliche Beziehung beim anderen haften, weil sie schnell eine Tiefe erreicht, die sonst kein Medium bieten kann.

4. Ökologisierung

Umweltschutz per se ist keine neue Erfindung. Im Gegensatz verband sich früher ein alternativer Lebensstil doch oft mit entsprechender Garderobe und Image. Nicht so heute: Ökologie kommt im stylischen Anzug daher. Es ist modern und chic, grün zu sein, hochästhetisch mit Kult und gezeigter Moderne. Umweltfreundliche Autos sahen (einzelne Geschmäcker ausgeschlossen) unschön aus. Anschliessend sollten sie sich möglichst unauffällig zeigen.

Heute darf und soll anhand modernster Ästhetik der neuzeitliche, ökologische Geist seh-, erleb- und spürbar sein. Wer verkaufen will, muss ökologisch denken und handeln. Ob Führungskraft oder Verkäufer: Hip ist nicht mehr die grosse, schwere Limousine, sondern das Carsharing-Auto, das innovative Elektrofahrzeug, Fahrrad oder öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen. Produkte und Dienstleistungen, die von sich behaupten, modern zu sein, müssen auch Nachhaltigkeit bieten.

Anders als noch vor einigen Jahren steht Nachhaltigkeit heute als zentrales Argument nicht mehr im Nebensatz («schont dabei noch Ihre Umwelt»), sondern im Vordergrund («Hier bewegen Sie sich nachhaltig und verantwortungsvoll»). Der Trend, gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen, trifft ebenso die Schiene der Ökologisierung. Unternehmen finanzieren heute einen Wanderweg, einen Spielplatz oder eine kulturelle Veranstaltung nicht einfach als gewöhnlicher Sponsor, sondern aus Überzeugung, hier einen Mehrwert für die Gesellschaft zu schaffen.

5. Individualisierung

Menschen haben heute nicht nur den Anspruch, frei zu sein, sie haben praktisch in allen Lebensbereichen mehr Freiheiten als noch vor wenigen Jahren. Individualisierung gehört inzwischen selbstredend zum Leben, jeder will einzigartig sein und möchte das kundtun. Für Unternehmen sowie deren Verkäufer heisst das, dass kein Kunde wie der andere behandelt werden möchte. Er will individuell beraten werden, mit Dienstleistungen, die explizit auf ihn zugeschnitten sind. Das Bedürfnis, einzigartig und wichtig zu sein, ist nicht gänzlich neu. Es spielt heute aber eine zentrale Rolle, wenn sich ein Kunde für einen Anbieter entscheidet.

Die Kehrseite ist freilich: Je mehr Frei­heiten bestehen, desto grösser ist der Entscheidungsdruck. Genau aus diesem Grund brauchen die Kunden wiederum Entscheidungshilfen vom Verkäufer, die ihnen durch gezielte Fragen, eine nutzenorientierte Beratung sowie wirkungsvolle Argumentation unterstützend an die Hand gibt. Der Verkäufer kennt den Kunden,  den Markt und das Angebot so gut wie kein anderer, und er kann ehrlich gemeinte Ideen und wertvolle Grundlagen bieten.

6. Generation

«Y» kommt von «why». Die Generation, die alles infrage stellt, sich ein «A» nicht für ein «B» vormachen lässt. Die Hierarchien überhaupt nicht liebt und bei der Verbindlichkeiten ihre gewohnten und erwarteten Freiheiten einschränken. Auch wenn die Generation Y schneller und scheinbar unverbindlicher wirkt, ist sie nicht weniger engagiert. Sie setzt einfach andere Werte, gerade im Berufsleben. Status, Prestige und Karriere haben einem ausgeglichenen Weltbild, Zeit für die Familie und Selbstverwirklichung Platz gemacht – und das nicht erst im Alter.

Die Generation Y vertritt hohe Ansprüche, oft aber auch gepaart mit hohem Wissen und Ausbildungsstand. Diese Generation, die um die Jahrtausendwende im Jugendalter war, beginnt immer stärker in Entscheiderfunktionen tätig zu werden. Als Konsumenten sind sie es indes schon lange. Diesen Leuten etwas zu erzählen, das sie bereits wissen, langweilt sie. Abgesehen davon kommt heute niemand mit einem Kaufwunsch, ohne sich nicht vorher schon via Internet oder soziale Medien informiert zu haben. Wer heute erfolgreich verkaufen will, muss überzeugen, dabei dem Gegenüber die Wahl lassen und ihm vor allem auf Augenhöhe begegnen.

7. Silver Generation

Die weltweit steigende Lebenserwartung hat zur Folge, dass wir nicht nur älter werden, sondern auch anders altern. Wir bleiben länger aktiv und gesund. Das bringt ein neues, viel positiveres Senioren-Rollenbild hervor. Die «neuen Alten» nehmen aktiv am Gesellschaftsleben teil, übernehmen nochmals wichtige Aufgaben anstatt einfach in den Ruhestand zu treten. Demografisch betrachtet stellen sie schon bald die grösste Gruppe an Generationenvertretern.

Daraus abgeleitet muss der Verkauf sein Zielpublikum ebenfalls genau anpeilen. Senioren sind keine Senioren im althergebrachten Sinn mehr, sondern eine relevante Käufergruppe. Nicht nur eine zahlenmässig grosse, sondern vor allem mächtige Zielgruppe, deren Kaufkraft zum Teil sehr hoch ist. Sie wollen gerade auch von jüngeren Verkäufern ernst genommen und nicht als «Alte» mit etwas eingeschränkter Aufmerksamkeit abgetan werden, sondern vor allem Respekt und Achtung erfahren.

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