Marketing & Vertrieb

Markenführung

Die 5 Erfolgsfaktoren für B2B-Marken

Globaler Wettbewerb, abnehmende Innovationsvorsprünge und zunehmende Transparenz auf Kundenseite: Wie lassen sich im aktuellen Umfeld von KMU eigene Leistungen langfristig erfolgreich vermarkten? Welche Erfolgsfaktoren gibt es, um die eigene Marke als geschäftsrelevantes Werkzeug in der B2B-Welt einzusetzen?
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Immer mehr in der B2B-Welt tätige, ingenieur­getriebene KMU beginnen, sich mit Markenbildung und -führung auseinanderzusetzen. Das ist eine wunderbare Entwicklung, denn diese Branchen haben das vielleicht grösste Potenzial und die besten Voraussetzungen hierfür. Noch wird Markenbildung aber häufig als nettes Nice-to-have angesehen. Der Tenor bei den Verantwortlichen: «Das müssen wir tun, weil unser Inhaber das so möchte oder unser Chef es bei einem befreundeten Unternehmer gesehen hat.» Frei nach dem Motto: «Eine CI haben wir ja schon, jetzt brauchen wir nur noch eine schöne Marke.»

Management des guten Rufs

Das Ergebnis einer solch oberflächlichen Herangehensweise sind Anzeigen und Broschüren, die Spitzenleistungen akribisch genau und kompliziert erklären und dabei Kunden eher verwirren, statt ihnen Sicherheit und Orientierung zu geben. Gehören Sie auch zu den unzähligen Unternehmen, die sich die Markenkernwerte Qualität, Kundenorientierung und Innovation verpasst haben? Was ein Muss in Ihrer Branche ist, reicht bei Weitem nicht aus für die Verbesserung Ihres guten Rufs und die Profilierung oder Abgrenzung Ihrer eigenen Marke. Dabei ist der Nutzen einer glaubwürdigen, attraktiven und differenzierten Marke viel mehr als «nice to have».

Wenn ich B2B-Unternehmen die Frage stelle, zu wie viel Prozent sich Kunden auf der Basis von Wissen und zu wie viel Prozent auf der Basis von Glauben für einen Kauf entscheiden, bin ich immer wieder überrascht. Denn selbst in einer Industrie, in der klare, scheinbar objektive Entscheidungsprozesse vorhanden sind, ist die Antwort nicht selten 30/70. Nur 30 Prozent der Kaufentscheidung basiert also auf dem Wissen, die optimale Leistung zum angemessenen Preis gekauft zu haben.

Zu rund 70 Prozent entscheidet sich der Kunde aber auf der Basis von Intuition, Glauben oder Vorurteilen, die er gegenüber einem bestimmten Lieferanten bzw. dessen Produkt oder Service hat. Wenn sich Unternehmen dann die Frage stellen, wie viel Prozent ihrer täglichen Aktivitäten sie der Wissensvermittlung und wie viel dem Aufbau positiver Vorurteile, also dem Management des guten Rufs widmen, ist das Verhältnis häufig genau umgekehrt.

Wenn Sie ein KMU im B2B-Geschäft sind und den guten Ruf Ihrer Marke aktiv managen wollen, sollten Sie folgende grundlegenden Erfolgsfaktoren beherzigen:

1. Machen Sie überlegene, technisch komplexe Spitzenleistungen erlebbar.

In der Regel sind die Angebote, Errungenschaften und Besonderheiten von B2B-Marken hochkomplex und in ihren faktischen Details häufig selbst für Fachleute schwer verständlich. Starke B2B-Marken schaffen es, ihre Besonderheiten und ihren Nutzen nicht nur faktisch komplex zu vermitteln, sondern sinnlich erlebbar und in einfach verständlichen Botschaften spürbar werden zu lassen. Eine echte Herausforderung, die Vorzeigemarken wie Festo, ein international tätiges Unternehmen mit rund 100 Mitarbeitenden in der Schweiz, beeindruckend meistern. Um die filigranen Bewegungen seiner Pneumatik-Steuerungen zu demonstrieren, lässt Festo riesige künstliche Quallen oder Delfine durch Messehallen fliegen. Das verstehen nicht nur Mit­arbeiter und Kunden, sondern auch Medien, die über Festo regelmässig zur besten Sendezeit in den Nachrichten oder auf Online-Portalen berichten.

2. Je kleiner das Budget, desto dichter der Stil.

KMU verfügen selten über die nötigen Budgets, um für grosse werbliche Aufmerksamkeit zu sorgen. Das müssen sie in der Regel auch nicht. Trotzdem: Sie wollen von den jeweils relevanten Zielgruppen in der eigenen Branche auf internationaler Ebene wahrgenommen werden. Und sie wollen ihre Spitzenleistungen wertvoll vermarkten. Daher zählt jeder Kontakt mit einem bestehenden oder potenziellen Kunden, Mitbewerber oder Geschäftspartner.

Deshalb müssen Sie dafür sorgen, immer und überall sofort erkannt zu werden. Jede von Ihnen abgegebene Botschaft, die Ihnen nicht zugeschrieben wird, kostet effektiv Budget, das Sie meistens nicht haben. Stellen Sie sich die Frage, anhand welcher Farbe, welches Symbols, welches Bildes, welcher Form oder welchem sonstigen Stilmittel Ihre Marke eindeutig erkannt werden soll. Lassen Sie sich zum Beispiel von Toblerone inspirieren, der unverkennbaren Schweizer Schokolade in Dreiecksform. Die Marke geniesst nicht zuletzt dank ihrer visuellen Verbindung zu den Alpen globale Bekanntheit.

Haben Sie Ihr Markenelement gefunden, setzen Sie es ohne Kompromisse in all Ihren Markenkontaktpunkten ein: vom Fahrzeug bis zum Internet, von der Arbeitskleidung bis zum Messestand, vom Angebotsschreiben bis zum Werbegeschenk. Im Übrigen unterstellen Kunden den Produkten einer Marke dann eine besonders gute Qualität, wenn sie besonders Konsequent im Einsatz ihrer Wiedererkennungsmerkmale ist.

3. Fördern Sie den Stolz durch erbrachte Spitzenleistungen.

Wie entsteht eigentlich Stolz? Vor allem durch die bewusste Anerkennung und das bewusste Wahrnehmen erbrachter Spitzenleistungen. Stellen Sie sich einen Olympiawettbewerb ohne Siegerehrung vor. Wie oft geben Sie Ihren Mitarbeitern eigentlich positive Rückmeldungen von Kunden weiter? Wie oft dringen diese bis in die Produktion durch und verebben nicht schon bei den Vertriebsmitarbeitern? Besonders technologiegetriebene KMU aus der B2B-Welt blicken oft stark in die Zukunft und nehmen bereits erbrachte Spitzenleistungen kaum wahr.

Das Problem dabei ist: Ihr guter Ruf ist nicht das Ergebnis möglicher Leistungen in der Zukunft, sondern von bereits erbrachten Spitzenleistungen. Ohne Vergangenheit haben Marken keine Zukunft und Mitarbeiter keinen Stolz. Wie relevant das ist, zeigen neuste Untersuchungen zum Thema Stolz und Arbeitsmotivation. Wissenschaftliche Studien belegen, dass der Stolz auf die eigene Marke zu einem überdurchschnittlichen Arbeitseinsatz führt. Das weiss auch Peter Barandun, CEO von Electrolux Schweiz, dem Gewinner des Swiss Arbeitgeber Award 2011. Er sagt: «Die beste Grundlage für einen nachhaltigen Erfolg sind Mitarbeitende, die sich so stark mit der Firma identifizieren, als ob es die eigene wäre.»

4. Produzieren Sie Ihre Leistung zweimal: In der Fabrik und auch im Kopf des Kunden.

Diese Herausforderung gehört zu den grössten. Und sie gelingt nur mit einer stringenten Markenstrategie und einer Verdichtung aller Spitzenleistungen in wenige, glaubwürdige Werte, in eine eindeutige und verständliche Positionierung, die von Mitarbeitern gelebt und von Kunden gespeichert wird.

Die Vorzeigemarke Hilti hat diese Positionierung in einem strategisch geplanten Prozess erarbeitet. Aus diesem ist nicht nur der Claim «Hilti. Mehr Leistung. Mehr Zuverlässigkeit» hervorgegangen. Hiltis Selbstverständnis ist vielmehr in jedem Markenkontaktpunkt, vom Produkt bis zum Vertriebsmitarbeiter für den Kunden spürbar. Wenn also Ihre Kunden Ihre Marke in unterschiedlichsten Situationen immer wieder ähnlich erleben, geben Sie ihnen damit Orientierung – und erfüllen so die Kernaufgabe einer Marke. Auf Komplexität und zu viele fachliche Details kann auf der ersten Wahrnehmungsebene getrost verzichtet werden.

5. Führen Sie das Qualitätsstreben von Produktion und Vertrieb auch in der Markenführung fort.

Unternehmen setzen enorm viel Kraft in die hohe Qualität von Produktion, Produkten und Vertrieb. Doch dieses Qualitätsstreben wird oft nicht konsequent bis zum Kunden durchgehalten. Die Folge: Die Markenerlebnisse an unterschiedlichen Markenkontaktpunkten sind von minderer Qualität. Welchen Eindruck hinterlässt ein Hightech-Produkt, das in einem zerfledderten Karton angeliefert oder in einem veralteten Besprechungsraum vorgestellt wird? Ergo: Auch die Kontaktpunkte müssen einem Qualitätsmanagement unterzogen werden, bis sie das passende Markenerlebnis ermöglichen. Wie solches Markenmanagement in Bestform aussieht, kann zum Beispiel im Flagship Store der Marke Freitag in Zürich beobachtet werden. Die weltweit bekannten Kult-Taschen aus recyklierten LKW-Planen werden – abgestimmt auf das Produkt – in einem Turm aus 19 ausgedienten Transportcontainern verkauft, die ausschliesslich mit wiederverwertbaren Materialien ausgestattet worden sind.

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