ICT & Technik

Fertigungstechniken

Wie Unternehmen 3D-Druck nutzbar machen können

Pasta, Waffen oder ganze Häuser. Mit 3D-Druck lässt sich anscheinend fast alles realisieren. Welche Techniken dabei Anwendung finden und wie Unternehmen mit 3D-Druck damit Entwicklungsprozesse antreiben können, zeigt dieser Beitrag.
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Mit dem Smartphone wird auf der Rundreise in Florenz die Statue des Davids gescannt. Dann wird sie zu Hause in Kunststoff ausgedruckt. Ein ganz besonderes Souvenir aus den Ferien. Etwas, das noch vor einigen Jahren unmöglich erschien, ist heute bereits machbar. Was hier als  eine «neue» technische Revolution daherkommt, begann bereits in den 1980er-Jahren. Die Technik hielt jedoch im Consumer-Bereich erst in den letzten Jahren Einzug. Erst nach dem Auslaufen von Patenten und mit der Verfügbarkeit freier Software. Die Hersteller für 3D-Drucker und 3D-Produktionsanlagen waren an der Börse plötzlich sehr gefragt. Der erste Hype scheint jetzt aber vorbei. Die Aktienkurse hatten offenbar mehr von der hohen Medienpräsenz des 3D-Druck profitiert, als von neuen bahnbrechenden Innovationen.

3D-Drucker sind heute auch für wenig Geld zu erhalten. Mit etwas technischem Geschick und entsprechender Zeit lässt sich ein Drucker aus einem Bausatz für wenige Hundert Franken realisieren. Diese Drucker funktionieren mit der sogenannten FDM-Technik. Eine Technik, bei welcher die Modelle aus dünnen «Würmchen» aus Kunststoff Schicht für Schicht aufgebaut werden (siehe Bild).

Die Bedienerfreundlichkeit und Präzision dieser kostengünstigen Geräte lässt oftmals noch zu wünschen übrig. So muss der Hobbyanwender für die Additive Fertigung doch einiges an Kenntnis und Zeit mitbringen, um mit den 3D-Daten umgehen zu können. Auch die Nacharbeit der noch sehr rauen Oberfläche ist je nach Anspruch mit einem weiteren Aufwand verbunden. Und die präziseren sowie bedienerfreundlicheren Geräte kosten schnell mehrere Tausend Franken.

Unterschiedliche Technik

Diese Geräte werden in der Industrie heutzutage für Design- oder Funktionsmuster eingesetzt und gehören fast schon zur Standardausrüstung eines Ingenieur- oder Architekturbüros. Offenbar ist es einfacher, über Dinge zu diskutieren, welche sich auch wirklich berühren und in der Gruppe herumreichen lassen. Die virtuelle Realität, bei welcher der Nutzer eine Art Helm mit einem eingebauten Bildschirm trägt, konnte sich bisher noch nicht wirklich durchsetzen.

Eine weitere additive Fertigungstechnik ist das selektive Lasersintern SLS. Anders als beim FDM-Verfahren werden hier dünne Schichten Pulver mittels Laserstrahl verschmolzen. Das Verfahren ist nicht nur wesentlich präziser, sondern es lassen sich auch Metalle verarbeiten – das eröffnet natürlich ein ganz anderes Einsatzspektrum.

Dies spiegelt sich auch in den Kosten der Geräte wider. Eine Industrieanlage, welche mittels SLS-Verfahren aus Pulver Metall- oder Kunststoffteile fertigen kann, kostet schnell mehrere Hunderttausend Franken. Natürlich wirkt sich der Preisunterschied auch in der Präzision der gefertigten Teile und in der Produktivität der Anlage aus.

Was möglich ist

«Theoretisch lässt sich eigentlich alles drucken», sagt Dr. Dieter Woschitz, Head of Institute von der Inspire AG. Alles was sich verflüssigen lässt, könne gedruckt werden. So liessen sich auch lebende Zellen drucken, irgendwann auch ein lebendes Herz, meint Woschitz. Der Schlüssel zum Erfolg hierfür liege in den Prozessen. Wenn es gelänge, die jeweiligen Werkstoffe schnell genug auszuhärten – bevor sie wegfliessen – liesse sich tatsächlich praktisch alles drucken. «Aber der 3D-Druck braucht ein völliges Umdenken in der Konstruktion», sagt Woschitz.

Gegenüber den subtraktiven Fertigungsverfahren bietet die additive Fertigungstechnik eine immense Designfreiheit. Um den 3D-Druck wirtschaftlich rentabel zu machen, müssen diese Vorteile genutzt werden. Ein schlichtes Nachdrucken bestehender Konstruktionen ist nicht sinnvoll. Traditionelle Fertigungsmethoden behindern und limitieren Innovationen, da passend für das Verfahren konstruiert werden muss. Mit dem 3D-Druck lassen sich nun auch Baupläne der Natur adaptieren. Die Technik für die dazu notwendigen Berechnungen und Optimierungen ist heute schon vorhanden. Zum Beispiel die sogenannte Finite-Elemente-Methode (FEM), eine etablierte Simulationstechnik mittels Computer.

Innovationsmanagement

Um das Umdenken in den Köpfen der Designer und Konstrukteure zu fördern, müssen Unternehmen die entsprechenden Freiräume für den Wandel schaffen. Schulungen, experimentelles Probieren sowie das Umsetzen der neuen Kenntnisse können so zu innovativen Produkten führen. Mitarbeiter mit einem günstigen 3D-Drucker für den Privatgebrauch denken in 3D und lernen heute, die neue Technik zu nutzen. «Der 3D-Druck im Consumer-Bereich ist in dieser Hinsicht nicht zu unterschätzen», sagt Dr. Dieter Woschitz.

Umdenken im Entwicklungsprozess ist aber nur ein Schritt. Die additive Fertigung bietet die Möglichkeit, Produkte individuell nach Kundenwunsch unglaublich schnell und mit wenig zusätzlichen Kosten zu realisieren. Stellen Sie sich vor, Sie können Ihrem Kunden eine Fülle möglicher Optionen anbieten, für diese er bereit ist, etwas mehr zu bezahlen und Sie haben kaum Mehraufwand? Eine verlockende Vorstellung.

Eine Lagerhaltung kann mit 3D-Druck ganz entfallen. Das gedruckte Werkstück soll in kürzester Zeit der Endmontage oder beim Kunden zur Verfügung stehen. Längst haben grössere Logistikunternehmen diesen Trend erkannt und bieten entsprechende Leistungen an. Zumindest in den amerikanischen Staaten. Die dispositiven Faktoren wie Planung und Organisation sind also mit dem 3D-Druck wichtiger als je zuvor und verlangen geradezu nach einer konsequenten Umsetzung der wesentlichen Elemente des E-Business. Denn erst mit durchgängigem Informationsfluss, vom Shop direkt zur Produktionsplanung und danach sofort in die Produktion, lässt sich das Potenzial der Technik voll ausschöpfen. Was der Kunde tagsüber im Onlineshop bestellt, wird noch in der gleichen Nacht produziert und am Vormittag versendet.

Die richtigen Geschäftsmodelle

Um zukunftsweisende Geschäftsmodelle für den Einsatz der additiven Fertigungstechnik zu entwickeln, ist Kreativität gefragt. Druckt sich der Kunde die individuelle Pasta auf seinem eigenen Drucker und kauft nur die entsprechenden Teigkartuschen ein? Oder bestellt er über einen Onlineshop seine persönliche Pasta-Kreation und überlässt den Druck seiner Teigwaren dem Spezialisten mit einer hochproduktiven Maschine? Aus den vielen kreativen Ideen im Zusammenhang mit dem 3D-Druck werden sich ganz neue Geschäftsmodelle für die Zukunft entwickeln.

Dabei ist die additive Fertigungstechnik keineswegs nur für Start-ups anwendbar. Auch die etablierten Unternehmen können 3D-Druck einsetzen, um bestehende Geschäftsmodelle zu erweitern: Musste der Kunde früher auf ein funktionsfähiges Muster wochenlang warten, so kann mittels 3D-Druck eine komplexe Spezialgeometrie heute innert 24 Stunden geliefert werden. Wenn sich dieses neue Geschäftsmodell nicht in das bestehende Unternehmen integrieren lässt oder es zu risikoreich ist, kann man das Modell in einem Start-up verwirklichen.

Der Nutzen entscheidet

Eine komplette und schnelle Ablösung der subtraktiven Fertigungsverfahren durch den 3D-Druck ist zurzeit nicht zu erwarten. Bezüglich Präzision und Oberflächengüte sind die additiven Fertigungsverfahren den subtraktiven Verfahren noch weit unterlegen. Die Maschinenindustrie entwickelt bereits erste Kombi-Anlagen, die die Vorteile beider Verfahren zur Geltung bringen sollen. Der 3D-Druck wird sich mit kreativen Konstruktionsmöglichkeiten und neuen Geschäftsmodellen durchsetzen. Man darf gespannt sein für die Zukunft.