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Wie IT und Führungskultur die Produktivität steigern können

Herausforderung Ressourceneffizienz: Der mittelständische Hersteller von Präzisionstechnik MPS Micro Precision Systems AG hat mit Unterstützung von IT-basiertem Shop Floor Management Transparenz in der Produktionsstruktur und einen Grundstein zur systematischen Produktivitätssteigerung geschaffen.
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Die Politik macht Druck beim Thema Energiewende: Auf dem ersten Schweizer Klimagipfel «Swiss Energy and Climate Summit» in Bern forderte Bundesrätin Doris Leuthard kürzlich von den Unternehmen mehr Ressourceneffizienz. Aber vor allem die Märkte erzwingen entschlossenes Handeln: Die zunehmende Ressourcenknappheit treibt Energie- und Rohstoffpreise in die Höhe. Allein in den letzten zehn Jahren sind die Strompreise laut Eurostat um mehr als 40 Prozent gestiegen, und die Metallpreise haben sich dem Internationalen Währungsfonds IWF zufolge mehr als vervierfacht.

Auf diese Entwicklung geben viele Unternehmen am Hochtechnologie-Standort Schweiz bereits kluge Antworten. Digitale Technologien für mehr Energie- und Ressourceneffizienz spielen dabei eine Schlüsselrolle. Die sogenannten Manufacturing Execution Systems (MES) sind IT-Lösungen für die fertigende Industrie, die die Verfügbarkeit, Leistung sowie Qualität von Maschinen und Anlagen messen, analysieren und visualisieren. Wer zusätzlich Prozesse und Führungsstil den neuen Herausforderungen anpasst, betreibt modernes Fabrikmanagement – Shop Floor Management – und kann schlummernde Effizienzpotenziale nutzen sowie die Produktivität signifikant um bis zu 25 Prozent steigern, gemessen an der Betriebsnutzungszeit aller Anlagen.

Beispiel dafür ist die MPS Micro Precision Systems AG, weltweit führender Hersteller von mikrotechnologischen Präzisionssystemen für die Branchen Luxusuhren, Medizin-Implantate, Industrie und Sicherheit. Das rund 300 Mitarbeiter starke Unternehmen mit Sitz in Biel setzt auf die prämierte Forcam-Technologie «Factory Framework» und das Modul Fertigungsleitstand. Dabei ist die Produktion (Shop Floor) eng mit der Unternehmensplanung (Top Floor) vernetzt: Produktionsabläufe und Ressourceneinsatz können genauestens geplant und optimiert werden. Seither arbeitet nun MPS an der systematischen Steigerung der Gesamtanlageneffizienz (OEE). «Wichtig war uns in erster Linie ein flexibles Planungstool für mehr Transparenz, kürzere Durchlaufzeiten und eine bessere Ressourcennutzung», erklärt Nicola Thibaudeau, CEO der MPS AG. Durch die Verzahnung von Top und Shop Floor mit Echtzeitdaten und optimierten Prozessen konnte das Unternehmen die Anlagennutzung in einem ausgewählten Produktionsbereich deutlich verbessern.

Produktivitätstreiber ist dabei die transparente Fabrik: Mit der Forcam-Technologie werden Maschinendaten webbasiert und in Echtzeit gesammelt, verarbeitet und ausgetauscht. Die Visualisierung der Produktionszustände ermöglicht es allen Beteiligten – vom Werker bis zum Manager –, Störungen und Fehler sofort zurückzuverfolgen und zu beheben. Das minimiert den Ausschuss und spart Ressourcen. Die Jagd nach Informationen und die umständliche Suche nach Fehlerquellen gehören der Vergangenheit an.

Erfolgreich ist das Shop Floor Management, weil das KMU aus Biel seine Fertigung nicht in blindem Aktionismus, sondern nach detaillierter Planung optimiert hat. Die Produktion wurde in mehreren kleinen Schritten reorganisiert. Für den Einstieg in die digitale Leistungsoptimierung identifizierte zunächst ein Team aus Prozessingenieuren und Meistern die Maschinen und Anlagen, bei denen am häufigsten Störungen auftraten.

Auf diese «Problemzonen» konzentrierte sich die Pilotphase. Erste Ziele: die Definition der gewünschten Leistungsdaten, der Anschluss der Maschinen sowie die Analyse und Umsetzung von Verbesserungen. Daneben trägt auch die parallele Reorganisation von Strukturen und Arbeitsabläufen wesentlich zum erfolgreichen Shop Floor Management bei. Vorteil der Pilotphase: Die Technologie wird zuerst in einem geschützten Bereich implementiert, getestet und angepasst. Es gibt schnell Verbesserungen, gleichzeitig kann der normale Fabrikbetrieb ungestört weiterlaufen. Erst im Anschluss und mit den gesammelten Erkenntnissen aus dieser Phase folgt Schritt zwei – der Rollout in weitere Bereiche.

Schritt 1: Maschinen ans Netz

Schritt eins der Pilotphase startete beim Präzisionshersteller MPS im Jahr 2011 mit der einheitlichen Anbindung von 80 Maschinen und Anlagen – die Grundlage zur IT-basierten Zusammenführung und Verarbeitung der Maschinendaten. Mit speziellen Adaptern können Maschinen und Anlagen unterschiedlicher Hersteller an das Factory Framework angeschlossen werden – je nach Bestand und Bedarf.

Die anschliessend normierten Betriebszustände stellten für MPS erstmals eine Vergleichbarkeit zwischen den Maschinen her und legten den Grundstein für höchste Transparenz. Tatsächliche Leistungszustände werden seither mit Kennzahlen erfasst sowie in Echtzeit an den Bildschirmen in der Fabrik visualisiert. Ergebnis ist eine detaillierte, nachvollziehbare Übersicht über die Performance von Maschinen und Anlagen für alle Beteiligten. Mit seinem Unicode kann das System alle gewünschten Sprachen darstellen.

Schritt 2: Effizienz ausweiten

Im zweiten Schritt der Pilotphase konzentrierte sich MPS auf die Gesamtanlageneffektivität, die OEE (Overall Equipment Effectiveness). Diese stellt Verfügbarkeit, Leistung und Qualität der Anlagen ins Verhältnis. Die moderne Technologie hält zudem das Qualitätsniveau in der Produktion konstant – nicht nur für den Hersteller von Präzisionssystemen ein erfolgsentscheidendes Kriterium. Anschliessend erfolgte die Optimierung der Stammdaten in SAP, in Vorbereitung auf die Vernetzung von Fabrik- und Unternehmensplanung – also von Shop und Top Floor.

Nebenbei bezog die MPS Micro Precision Systems AG seine Mitarbeiter in einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess (KVP) ein, um mit ihnen zusammen die Produktion und Prozesse zu optimieren. Gemeinsam wurde erarbeitet, wer an seinem Arbeitsplatz welche Informationen benötigt, um zur Optimierung in seinem Bereich beizutragen. Dieser Arbeitsschritt schon in der Pilotphase ist äusserst wichtig, weil die Führungskräfte die Mitarbeiter durch erste Ergebnisse von den neuen Massnahmen überzeugen können und selbst Transparenz beweisen. Die Einbeziehung der Belegschaft generiert zudem wertvolle Erkenntnisse.

Schritt 3: Planung und Produktion vernetzen

Im dritten Schritt wurden die MES-Leistungsdaten aus der Fabrik mit dem SAP/ERP-System verbunden. Damit weitete MPS die neue Transparenz auch auf die Unternehmensplanung (ERP = Enterprise Ressource Planning) aus. Diese muss seither nicht mehr mit aufwendig zusammengetragenen Daten oder gar Schätzwerten aus der Produktion arbeiten, im Gegenzug sind nun die Vorgaben aus der Top-Floor-Planung an den Shop Floor realistisch und keine «Wunschzettel» mehr.

Der Datenaustausch zwischen Forcam-Technologie und SAP ermöglicht MPS heute eine umfassende und präzise Feinplanung hinsichtlich Material, Arbeitszeit und Anlagenkapazitäten. Auch die Kosten für die gefertigten Produkte sind transparent. Und: Informationen müssen nicht mehr doppelt auf beiden Systemen eingepflegt werden. Eine individuelle Konfiguration der SAP-Anbindung sorgt aus­serdem dafür, dass nur die wirklich benötigten Daten übertragen werden. Das vermeidet überflüssige Datenströme und erhöht wiederum den Performancegewinn.

SAP sendet an das Factory-Framework-Modul beispielsweise:

› Fertigungs- und Verarbeitungsaufträge,

› kundenspezifische Daten zum Fertigungsauftrag,

› Schichtpläne

› Daten zu Arbeitsplätzen und -kapazitäten sowie

› Ausschuss- und Abweichungsgründe

Umgekehrt gibt die transparente Fabrik Rückmeldung an SAP zu:

› Qualitätsaufträgen

› Gemeinkostenaufträgen

› Komponentenbuchungen

› Störungen

› Änderungen von Terminierungsdaten sowie

› Nachrichten und Korrekturen

Einen wesentlichen Beitrag zur Produktivitätssteigerung leistet eine moderne Unternehmens- und Führungskultur. Für den Optimierungsprozess müssen alle Mitarbeiter ins Boot geholt werden, da sie vor Ort in der Fertigung sind und später die KVP-Massnahmen umsetzen sollen. Führungskräfte sollten sich daher mit möglichen Vorbehalten gegenüber mehr Transparenz ernsthaft auseinandersetzen. Denn es gibt in jedem Unternehmen Befürchtungen, dass der einzelne Werker unter zu grossen Leistungsdruck geraten könnte und am Ende Arbeitsplätze gefährdet sein könnten.

Doch das Gegenteil ist der Fall: Arbeitsplätze sind gefährdet, wenn Unternehmen es nicht schaffen, Fehler und Verschwendungen präzise und verlässlich zu erkennen und dauerhaft zu eliminieren. Deshalb hat MPS eine intelligente Software in der Produktion mit der KVP-Organisation verzahnt, was die Wettbewerbsfähigkeit stärkt und damit auch Arbeitsplätze sichert.

Damit die kontinuierliche Optimierung aus eigenen Kräften weitergeführt werden kann, stellt Forcam ein PDCA-Modul zur Verfügung – die Abkürzung steht für Plan-Do-Check-Act (Planen-Ausführen-Überprüfen-Umsetzen). Durch die Problemlösungsmethode wird die Performance in der Fertigung nachhaltig verbessert: Mitarbeiter und Management werden vor Ort von Forcam-Beratern für das Optimierungstool geschult und können künftig Fehler in den Produktionsprozessen in Eigenregie erkennen und beheben.

Als Weiterentwicklung der Möglichkeiten des PDCA-Moduls wird Forcam eine wöchentliche Analyse der Produktionsdaten programmieren, welche auf arbeitsplatzbezogenem Ausschusslevel automatisch KVP-Massnahmen vorschlagen wird. Mit dieser Routine soll das Übersehen von langsam einschleichenden Fehlern systematisch vermieden werden.

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