Die Informatik eines Unternehmens entwickelt sich in aller Regel über die Jahre zu einem Flickwerk einzelner Systeme und zeigt sich früher oder später als sehr heterogenes Konstrukt. Sie gilt vielerorts als Kostentreiber. Doch Kosten müssen bekanntlich reduziert werden, am liebsten bei gleichbleibender oder noch besserer Leistung. Ein schwieriger Spagat für die Informatik. Das Allheilmittel: Konsolidierung. Damit ist in erster Linie die Zentralisierung, Standardisierung und Reduktion der Komplexität gemeint. Und natürlich der Abbau von dezentralen IT-Organisationen und -Infrastrukturen. Der Widerstand von den betroffenen Mitarbeitern ist also vorprogrammiert, ein Scheitern voraussehbar.
Gründe für ein Scheitern
Wir haben folgende Gründe für ein Scheitern identifizieren können:
- Das Projekt war nie wirklich realistisch.
- Die Projektziele wurden nie richtig definiert.
- Die Projektänderungen liefen ausser Kontrolle.
- Die Anspruchsgruppen konnten den eigenen Nutzen nicht erkennen.
- Das Projekt scheiterte an mangelnder Planung und fehlenden Ressourcen.
- Das Projekt wurde schlecht geführt.
- Die Erwartungen der Projektbeteiligten liefen aus dem Ruder.
- Die Meilensteine wurden nicht überwacht.
- Es gab weder ein sinnvolles noch ehrliches Reporting oder das Reporting fehlte gänzlich.
Gemäss dieser Liste sind viele Projekte bereits zu Beginn aufgrund mangelnder Vorbereitung, Zielsetzung oder Planung zum Scheitern verurteilt. Hinzukommt ein schwieriger Erfolgspfad von IT-Konsolidierungsprojekten. Ein Zitat Ghandis beschreibt den Werdegang eines typischen Projekts: «Zuerst ignorieren sie dich, dann lachen sie über dich, dann bekämpfen sie dich, dann gewinnst du.» Ghandi sollte auch bei unserem Beispielprojekt Recht behalten. Zu Beginn: Wie in jedem IT-Konsolidierungsprojekt schubsen wir auch dieses Mal einige kleine Könige vom Thron. Das provoziert Widerstand.
Das anstehende Projekt wird also von den betroffenen Anspruchsgruppen erst einmal ignoriert, nach dem Prinzip «Lassen wir den Wirbel um das neue Projekt erst einmal vergehen und schauen, was von den hochfliegenden Ideen übrig bleibt». Dann aber: Wir treiben das Projekt voran und erreichen die Konzeptphase. Die Konsolidierungsideen konkretisieren sich und werden zu Konzeptpapieren. Das Ausmass der Veränderung wird für alle Beteiligten erstmals greifbar.
Gegen den Strom
Jetzt beginnt die Lach-Phase, im Sinne von: «Das haben andere vor euch auch schon probiert und sind grandios gescheitert.» Doch das IT-Konsolidierungsprojekt macht weiter Fortschritte. Erste Systeme gehen in Betrieb und sind online, Pilotmigrationen werden erfolgreich durchgeführt. Die Migrationsphase steht kurz bevor. Nun rüsten sich die entmachteten Könige zum Kampf: Statt ihre Energie in die Migration zu stecken, investieren sie sie in Gegenargumente. Das Pro-
jekt wird angeschossen und muss sich verteidigen und durchkämpfen. Spätestens jetzt braucht es einen starken, sturmerprobten Projektleiter, sonst geht’s schief. Noch viel wichtiger allerdings ist ein starker Auftraggeber, der sich vom Gegenwind nicht vom Kurs abbringen lässt. Zauderer, Zweifler und Verhinderer haben in einem solchen Projekt keinen Platz.
In der Regel dauert dieser Projektabschnitt am längsten und erfordert am meisten Energie von den Beteiligten. Jetzt sind die Risiken von Ressourcen-Engpässen durch überarbeitete oder ausgebrannte Mitarbeiter am höchsten. Das Führungsteam im Projekt muss sich deshalb beweisen und dem Projekt den Rücken besonders stärken. Transparente, vor allem aber persönliche Kommunikation und Information sind in dieser Phase entscheidend für den Erfolg.
Werden die ersten Erfolgsmeldungen zur Migration publik, verstummen die schweren Geschütze. Es gibt noch da und dort ein Rückzugsgefecht, aber die Weichen sind gestellt. Das Projekt hat die Gewinnzone erreicht und feiert nach und nach seine Erfolge.