ICT & Technik

Studie

Welche Trends IT-Leiter für 2012 erwarten

Business-IT-Alignment, also die stärkere Vernetzung von Fach- und IT-Bereich, sehen CIO einer Studie zufolge in diesem Jahr als den wichtigsten Faktor für die Zukunftssicherung ihres Unternehmens. Auf Platz zwei steht die Integration von Standard- und Individualsoftware, gefolgt von Data Quality Management, Enterprise Content und Master Data Management.
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Informationstechnologie wird immer mehr zu einer geschäftskritischen Komponente im Unternehmen und dementsprechend verändern sich die Anforderungen an den CIO. Capgemini untersucht in seiner jährlich erscheinenden IT-Trends-Studie, welche Themen auf den Agenden der IT-Verantwortlichen in der Schweiz, Deutschland und Österreich stehen und wie sie die Bedeutung neuer Technologien einschätzen. An der aktuellen Untersuchung nahmen 156 Befragte teil, davon 34 aus der Schweiz. Rund ein Drittel der Unternehmen stammt aus der Umsatzgrösse bis 600 Millionen Franken.

Zukunftssicherung

2012 ist für CIOs in der Schweiz, Österreich und Deutschland ein schwieriges Jahr: Einerseits werden sie jetzt stärker als früher dazu aufgefordert, ihr Unternehmen strategisch zu unterstützen. Andererseits sind sie immer noch Dienstleister, der die Wünsche der Fachabteilung erfüllen soll, auch wenn diese aus IT-Sicht keinen Sinn ergeben oder hohe Kosten verursachen. Ein Beispiel ist die starke Modifizierung von Standardsoftware, die einen hohen Pflegeaufwand verursacht. Vor diesem Hintergrund stufen CIOs Business-IT-Alignment als kritisch für die Zukunftssicherung des Unternehmens ein. Sie gehen davon aus, dass die IT-Abteilung das Geschäft nur dann optimal unterstützen kann, wenn beide Seiten wirklich an einem Strang ziehen und sowohl die technologischen Gegebenheiten als auch die Bedürfnisse der Fachabteilungen bei Entscheidungen berücksichtigt werden.

Die Zukunft des Unternehmens wird ihrer Meinung nach auch davon abhängen, wie gut die unterschiedlichen Anwendungen zusammenarbeiten. Die Integration von Standard- und Individualsoftware ist allerdings eine klassische Sisyphus-Aufgabe, denn mit jeder Akquisition oder dem Einstieg in ein neues Geschäftsfeld fangen die IT-Verantwortlichen von vorne an. Hinzu kommt, dass Altsysteme nur langsam abgelöst oder modernisiert werden und sich eine serviceorientierte Architektur nicht von heute auf morgen aufbauen lässt. Darüber hinaus steht schon das nächste Integrationsproblem vor der Tür: Social-Media-Anwendungen. Viele von ihnen sind nicht für Unternehmensumgebungen gemacht, müssen integriert werden, damit die Informationen ausgewertet werden können.

Denn das Thema «Daten» ist für CIOs derzeit sehr wichtig: Vor einigen Jahren wurde Unternehmen bewusst, wie viele wertvolle Informationen sie besitzen und welche Wettbewerbsvorteile sie erzielen würden, wenn sie alle Daten verknüpfen könnten. Seitdem bemühen sich die IT-Abteilungen, Ordnung zu schaffen, Strukturen zu vereinheitlichen und auf diese Weise Informationen nutzbar zu machen. Diese Projekte sind extrem komplex, sehr aufwendig und binden eine Menge IT-Ressourcen. Hinzu kommt, dass inkonsistente Daten viele andere Projekte ausbremsen. Master Data Management gewinnt auch im Zusammenhang mit Cloud-Services Bedeutung, deshalb ist die Einstufung als eines der Top-Themen in diesem Jahr keine Überraschung.

Angesichts der steigenden Informationsflut – vor allem bei unstrukturierten Daten – und hohen Anforderungen an Rechtssicherheit und Compliance steht Enterprise Content Management (ECM) ebenfalls auf der Liste der Top-Themen. ECM ist zwar nicht neu, aber immer mehr Unternehmen nutzen es neben der Archivierung auch zur Unterstützung und Automatisierung ihrer Prozesse. Der Nachholbedarf in diesem Bereich ist gross: die Hälfte der Befragten ist derzeit dabei, eine Lösung zu planen oder zu implementieren. Nach ihrem Abschluss können sie damit rechnen, dass sich die Investition sehr schnell auszahlt.

Die «Flops»

Natürlich ist nicht jedes Thema für jedes Unternehmen gleich wichtig, deshalb findet sich so manche interessante Technologie aus der Sicht der Praktiker (noch) auf einem hinteren Platz der Top-Technologien 2012. Eines davon sind zum Beispiel Mashups. Sie werden zurzeit vor allem im Web genutzt, um Informationen aus verschiedenen Quellen zu kombinieren und in integrierter Form wieder selbst als Datenquelle oder Dienst anzubieten. Mithilfe von Mashups könnten unternehmensinterne Daten aus Quellen wie E-Mails, Tabellen und Präsentationen zusammengebracht werden, im Moment scheint das jedoch keine Priorität zu haben. Deshalb finden Mashups nur schleppend den Weg ins Unternehmen. Ein weiterer «Flop» ist im Gegensatz zur Private Cloud die Public Cloud, zumindest so lange, bis die Sicherheitsprobleme gelöst sind. Unternehmensinternes Microblogging, externe Blogs und Google Apps tragen in den Augen der CIOs ebenfalls so gut wie nichts zur Zukunftssicherung des Unternehmens bei.

Aufsteiger des Jahres

Die Einstellung der IT-Verantwortlichen zu sozialen Medien hat sich seit der letzten Befragung gedreht. Während der ganze Bereich im vergangenen Jahr aus Sicht der IT-Abteilung noch als mehr oder weniger überflüssig eingestuft wurde – Social CRM war sogar einer der Flops des Vorjahres – liegen Social Media Analysis und Social-Media-Integration jetzt im Mittelfeld. Ihr Aufstieg zeigt, dass viele Unternehmen in den vergangenen 12 Monaten angefangen haben, soziale Medien zu nutzen. Sonst gäbe es von der Fachseite kein Interesse an der Datenauswertung oder der Integration der Clients. Die Entwicklung ist insofern erfreulich, als dass mit der frühen Einbindung der IT die Fehler vermieden werden können, die beim Aufbau von Portalen gemacht wurden: Einzelprojekte führten damals zu Wildwuchs und Datensilos, deren Bereinigung und Auflösung später viel Arbeit verursachte.

Im Bereich Cloud Services hat sich ebenfalls viel getan. Während die Public Cloud sowohl im letzten als auch in diesem Jahr so gut wie bedeutungslos war beziehungsweise ist und von kaum einem Unternehmen genutzt wird, arbeiten Unternehmen am Aufbau ihrer eigenen Cloud-Strukturen. Damit umgehen sie einen Teil der Sicherheitsprobleme, erfüllen Compliance-Anforderungen und sammeln aus­serdem Erfahrungen. Diese können sie später für die Auswahl eines Cloud-Anbieters nutzen, falls sich die Public Cloud als zukunfts­fähiges Modell erweist. Im Moment sieht es nach Meinung der CIOs allerdings nicht so aus, die Sicherheitsprobleme sind immer noch nicht gelöst und der Ausfall der Amazon- und der Microsoft-Cloud im vergangenen Jahr hat viele Unternehmen aufgeschreckt.

Die Projekte 2012

Wie sieht die To-do-Liste der CIOs in der Schweiz, Österreich und Deutschland 2012 aus? Sie ist eine Mischung aus Innovationsprojekten und Vorhaben zur Kostensenkungs- und Effizienzsteigerung. Unter den Innovationsprojekten sind zum Beispiel die Entwicklung mobiler Anwendungen, das Aufsetzen von Plattformen für die Einbindung von Kunden in Produktentwicklung und -verbesserung oder die Auswertung unstrukturierter Daten.

Darüber hinaus wird an der flächendeckenden Realisierung von Identity und Access Management weitergearbeitet. Das Thema wurde zwar auch schon im letzten Jahr mit Hochdruck vorangetrieben, doch jeder neue Skandal macht schmerzlich bewusst, wie wichtig der Datenschutz und die Datenzugriffskontrolle sind. Darüber hinaus entstehen permanent neue Sicherheitslücken, die geschlossen werden müssen. Generell bereiten Software-as-a-Service-Lösungen wegen der sehr modernen Integrationsstandards und Social-Media-Lösungen Kopfzerbrechen, weil viele von ihnen nicht für den Einsatz im Unternehmen konzipiert sind und übergreifendes Identity und Access Management nicht oder kaum unterstützen.

Dafür muss jetzt allerdings eine Lösung gefunden werden, denn die Fachabteilungen drängen auf die Umsetzung von Social-Media-Systemen. Andernfalls würden sich nicht 43 Prozent der CIOs mit Social-Media-Integration beschäftigen und knapp 32 Prozent eine Analyselösung für soziale Medien implementieren. Bis zum letzten Jahr hatten CIOs den gesamten Themenkomplex noch ignoriert und als unwichtig eingestuft.

Das Modell «Bring Your Own Device» werden in diesem Jahr knapp 29 Prozent der Befragten ausprobieren. Damit ermöglichen sie ihren Angestellten das Arbeiten mit dem privaten Endgerät wie dem iPhone oder Notebook im Firmennetzwerk. Wenn sich «Bring Your Own Device» bei ihnen bewährt, könnten viele Mitarbeiter bereits im kommenden Jahr von der neuen Freiheit profitieren.

11 Prozent der CIOs in der Schweiz, Österreich und Deutschland planen auch bereits ein Projekt mit der noch recht jungen InMemory-Technologie, die Datenbankoperationen um ein Vielfaches beschleunigt. Damit können Kennzahlen und Reports in Echtzeit produziert und so die Grundlage für viele Entscheidungen verbessert werden. Mit Spannung wird die Nutzung in den kommenden 12 Monaten beobachtet, wobei man davon ausgehen kann, dass sie recht schnell den Markt erobern wird. Sie birgt vor allem für Branchen Potenzial, die aus der schnellen Verarbeitung grosser Datenmengen Wettbewerbsvorteile ziehen.

Das Thema «Daten» wird die IT-Verantwortlichen also aller Voraussicht nach noch eine ganze Zeit beschäftigen, sei es als Projekt zum Data Quality, Master Data und Enterprise Content Management oder als Implementierung einer neuen Datenbanktechnologie wie InMemory. Darüber hinaus werden viele CIOs in diesem Jahr daran arbeiten, Fach- und IT-Seite näher zusammenzubringen. Welche Ergebnisse sie dabei erzielen und ob sich einige der neuen Technologien in der Praxis bewähren, wird die IT-Trends-Studie im Frühjahr 2013 zeigen.