ICT & Technik

Implementierung von ERP-Systemen

Sieben Stolpersteine auf dem Weg zum internationalen Parkett

Die Implementierung eines ERP-Systems auf internationaler Ebene ist für mittelständische Unternehmen keine triviale Angelegenheit. «Sieben Stolpersteine» zeigen, worauf Unternehmen besonders achten müssen.
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In einer exportorientierten Wirtschaft ist es auch für mittelständische Unternehmen selbstverständlich, international zu operieren. Dabei kann es nicht beim Ausführen von Waren bleiben. Gerade Mittelständler, die sich durch eine besondere Kundennähe auszeichnen, folgen diesen mehr und mehr. Sie eröffnen überall in der Welt Produktionsstätten, Vertriebsbüros oder zumindest Repräsentanzen. Diese Niederlassungen müssen natürlich eng in die Prozesse des Unternehmens eingebunden werden und damit in die ERP-Systeme, die diese Prozesse abbilden.

Grundpfeiler für Prozesse

Die führenden ERP-Systeme unterstützen heute mehr oder weniger alle, auch internationale Unternehmensorganisationen. Dabei ist es allerdings nicht damit getan, für eine mehrsprachige Bedieneroberfläche zu sorgen und unterschiedliche Währungen oder Mehrwertsteuersätze zu berücksichtigen. Tatsächlich ist die Implementierung eines ERP-Systems für ein international tätiges, mittelständisches Unternehmen alles andere als trivial. Und von der erfolgreichen Implementierung einer Lösung letzten Endes hängt ab, wie das Unternehmen in den nächsten Jahren seine betriebswirtschaftlichen Prozesse auf internationaler Ebene steuern und kontrollieren kann. Die nachfolgend dargestellten «Sieben Stolpersteine» zeigen, worauf Unternehmen achten sollten, wenn sie dabei nicht ins Straucheln kommen wollen.

1. Realistische Planung

Während Unternehmen den jeweiligen ERP-Hersteller beim Kauf einer Lösung meist auf einen strikten Zeitplan für die Implementierung festlegen, werden die eigenen Ressourcen häufig falsch eingeschätzt. Sie werden in der Regel nur oberflächlich definiert und nicht detailliert bis auf die Ebene der betroffenen Fachabteilungen geplant. Dabei ist davon auszugehen, dass für jeden externen Beratungstag zwei bis drei Tage an internen Arbeitsleistungen anfallen können, weil die jeweiligen Termine vorbereitet und die Ergebnisse anschliessend auch umgesetzt werden müssen.

Generell werden bei der Planung einer internationalen ERP-Implementierung die vorbereitenden Arbeiten meist nicht ausreichend berücksichtigt, zum Beispiel die Konsolidierung von Stammdaten. Landesorganisationen verfügen oft über eigene Artikel- oder Stücklistennummern oder -strukturen, die vor der Einführung einer zentralen ERP-Lösung erst noch bereinigt und konsolidiert werden müssen. Viele Unternehmen unterschätzen den dafür erforderlichen Aufwand und die daraus entstehenden Projektverzögerungen.

5. Dokumentation

Die Geschäftsprozesse, die von ERP-Systemen abgebildet werden, sind heute zwar in der Regel vorschriftsmässig dokumentiert, aber gerade bei internationalen Implementierungen wird häufig versäumt, die Dokumentation auch darüber hinaus aktuell zu halten und beispielsweise Änderungen über den gesamten Lifecycle hinweg nachzudokumentieren.

6. Einheit von Prozessen

Ein einheitliches ERP-System dient immer auch der Vereinheitlichung der Geschäftsprozesse. Dabei müssen bisher dezentral organisierte regionale Gesellschaften in das Gesamt-Modell integriert werden. Bei der Evaluierung unterschätzen Unternehmen diesen Aspekt häufig und setzen insbesondere den jenseits von IT und ERP-Systemen erforderlichen organisatorischen Aufwand zu gering an.

7. Gesetzliche Vorschriften

Dass die jeweils gültigen gesetzlichen Vorschriften eingehalten werden müssen, ist die selbstverständliche Voraussetzung für den internationalen Einsatz eines ERP-Systems. Viele Unternehmen unterschätzen aber, wie viele Bereiche davon betroffen sind. So muss zwar ein einheitliches, zentrales Controlling aufgebaut werden, das alle Niederlassungen erfasst, dieses muss aber wiederum die lokalen Vorschriften in jedem Land berücksichtigen.

Die Implementierung eines neuen ERP-Systems auf internationaler Ebene ist in jedem Unternehmen ein überaus komplexer Vorgang, in den viele Stellen und Personen innerhalb und ausserhalb involviert sind. Neben einer Vielzahl von Faktoren vom Kostenrechnungsmodell über Nummernkreise bis zur Datensicherung spielen daher auch die sogenannten weichen Faktoren eine wichtige Rolle: Zwischen Hersteller und Anwender muss schliesslich auch die «Chemie» stimmen, denn gerade auf internationaler Ebene, wo die Rahmenbedingungen noch einmal ein Stück komplizierter sind, lässt sich ein derartiges Projekt nur auf einer Basis gegenseitigen Vertrauens erfolgreich umsetzen.

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