Dass Projekte in eine Krise geraten können, wissen wir alle. Es liegt bereits in der Natur des Projektgeschäfts, dass die Verantwortlichen Neuland betreten. Projekte finden einmalig statt, begeben sich auf unbekanntes Terrain und sind darum nicht mit beliebiger Präzision planbar. Überraschungen und Unerwartetes im Projektverlauf sind also nicht die Ausnahme, im Grunde sind sie die Norm. So stellt sich die Frage, was zu tun ist, damit sich ein Problem nicht zu einer handfesten Krise ausweitet, wie wir sie etwa in Berlin beim Flughafenprojekt beobachten können. Dort verschieben sich die Fertigstellungstermine um Jahre, und die Kosten steigen um etliche Milliarden Euro.
Kritische Situationen erkennen
Einer der Kardinalfehler des Projekts: In Berlin gab es keine aktualisierten und transparenten Projektpläne, an denen sich der Status und Fortschritt des Projekts hätte ablesen lassen – zumindest wurden vorliegende Erkenntnisse nicht kommuniziert und vom Management für die weitere Planung auch nicht berücksichtigt. Das Resultat dieser Intransparenz: kein Reagieren, kein Gegensteuern, die beste Grundlage für eine kommende Projektkrise.
Im Grunde gilt es für nahezu jedes Projekt, dass im Verlauf kritische Situationen auftreten können. Es kommt darauf an, diese Situationen rechtzeitig zu erkennen und zu lösen, sodass sie den Erfolg des Projekts gar nicht oder nur marginal beeinflussen. Ein prekärer Zustand ist dann erreicht, wenn kritische Situationen in immer kürzeren Zeitabständen auftreten. Mitunter gipfeln sie dann in einer ausgewachsenen Projektkrise, die, im worst case, das Scheitern des Projekts bedeuten kann.
Eine Krise kann sich jedoch auch unvermittelt einstellen – dann, wenn ein einzelnes unvorhergesehenes Ereignis eintritt, das für die Beteiligten nicht antizipierbar war, aber dennoch eine grosse Tragweite hat. Hier können auch politische oder wirtschaftliche Ereignisse eine Rolle spielen – etwa der Zusammenbruch der neuen Märkte oder die Finanzkrise. Oft tritt eine elementare Projektkrise auch erst gegen Ende eines Projekts auf, da dann in der Regel – bedingt durch Termin- und Budgetüberschreitungen – der Erfolgsdruck steigt. Laut einer Gallup-Studie kommen je nach Branche und Berichtszeitraum 50 bis 87 Prozent aller untersuchten Projekte entweder gar nicht zum Abschluss, oder die Projekte können ihre terminlichen, budgetären und qualitativen Zielvorgaben nicht einhalten. Eine Studie von IAG-Consulting aus dem Jahr 2012 kam sogar zu dem Ergebnis, dass zirka 70 Prozent aller untersuchten IT-Projekte scheitern oder doch kurz vor dem Scheitern standen.