ICT & Technik

Kontaktloses Bezahlen

Mehr Tempo am Verkaufspunkt erzeugen

Seit 2007 hält das kontaktlose Bezahlen über verschiedene Projekte Einzug in Shops, Restaurants und im Portemonnaie. Bisher konnte sich die schnelle Art zu bezahlen nicht durchsetzen – noch nicht. Verschiedene Faktoren werden dem kontaktlosen Bezahlen mit der Karte in den kommenden Monaten Geschwindigkeit verleihen.
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Wenige Schritte bis zur Haltestelle. Der Bus fährt bereits ein. Bis die Türen schliessen und die nächste Etappe beginnt, verstreichen maximal 90 Sekunden. Die Frage nach dem «Wie löse ich in der kurzen Zeit das Billett?» drängt sich unweigerlich auf. Die meisten Reisenden ohne Jahreskarte haben das Dilemma schon einmal erlebt: Der Automat nimmt keine Noten an und das Münzfach im Portemonnaie ist gähnend leer. Eine gute Alternative böte die verlässliche Zahlkarte, doch dauert diese Zahlungsart in der Situation zu lange. Kontaktloses Bezahlen schafft Abhilfe: Billett wählen, Zahlkarte aus dem Portemonnaie nehmen, an das Zahlterminal halten, Betrag wird sekundenschnell belastet, Billett entnehmen – rechtzeitig in den Bus einsteigen.

Schneller bezahlen

Die Daten von Zahlkarten wurden in der Vergangenheit über den Kontakt mit dem Magnetstreifen oder Chip gelesen. Zentrales Element kontaktloser Bezahlung ist die neue Art, Daten auszutauschen mittels sogenannter Near Field Communication (NFC). Sie ermöglicht die kontaktlose Verbindung zwischen der Zahlkarte und dem Lesegerät. Der dafür eingebaute NFC-Chip in der Karte speichert und versendet Informationen, aber nur über kurze Strecken. Die Datenübertragung zwischen Karte und Zahlterminal findet innerhalb einer halben Sekunde bei einem Abstand von weniger als drei Zentimetern statt. Die neue Technologie macht das Bezahlen gegenüber den konventionellen Methoden schneller und bequemer.

Der NFC-Chip basiert auf der Radio Frequency Identification (RFID)-Technologie. Diese erleichtert das Lesen und Erfassen von Daten. Das kontaktlose Kommunikationsverfahren ist vielfältig einsetzbar. In der Regel geschieht der Datenaustausch zwischen einem Lesegerät und einem passiven Transponder – wie die eingangs erwähnte Zahlkarte mit Kontaktlos-Funktion. Dank RFID identifiziert das Lesegerät den Transporter automatisch und lokalisiert ihn. Die Kommunikation ist allerdings auch zwischen zwei aktiven Geräten (z.B. Handy zu Handy) möglich. Der Einsatz der Technologie ist bereits heute in verschiedensten Anwendungen weit verbreitet und erprobt: Vom neuen Schweizer Pass, der mit einem Chip bestückt ist und mit autorisierten Lesegeräten interagiert. Hin zu Bibliotheken, die ebenfalls auf RFID setzen und so weite Teile des Verleihs automatisieren können, oder Skitickets, die kontaktlosen Zutritt zu Schweizer Bergbahnen erlauben.

Der Einsatz von neuen Technologien lenkt die Aufmerksamkeit umgehend auf den Sicherheitsaspekt. Verschiedene vom Händler und Konsumenten nicht wahrgenommene Mechanismen sorgen für den nötigen Schutz. Die Übertragung erfolgt verschlüsselt. Weiter reichen die ausgetauschten Daten nicht aus, um eine Karte für Skimmingzwecke zu reproduzieren. Skimming beschreibt das illegale Beschaffen von Kartendaten sowie Manipulationen am Zahlterminal. Konkret werden hier Daten vom Magnetstreifen aus gelesen und auf gefälschte Karten kopiert, um Geld an Bancomaten zu beziehen.

Personenbezogene Daten werden bei kontaktlosen Bezahlungen weder übertragen noch sind sie auf dem Kartenchip gespeichert. Zudem ist jede Transaktion einmalig codiert. So ist sichergestellt, dass pro Kontakt mit dem Terminal jeweils nur eine Zahlung getätigt werden kann.

Für den Konsumenten erkennbare Sicherheitsmerkmale schaffen zusätzlich Vertrauen: Wie bei der herkömmlichen Kartenzahlung wird jede Transaktion am Zahlterminal freigegeben, eine ungewollte Bezahlung ist ausgeschlossen. Die Karte muss mindestens drei Zentimeter an den Leser gehalten werden, damit ein Datenaustausch stattfinden kann. Ausserdem bleibt die Karte während der Bezahlung stets in der Hand des Konsumenten.

Ein zentrales Merkmal des kontaktlosen Bezahlens ist die schnelle Abwicklung von Beträgen bis 40 CHF Für diese Transaktionen ist die PIN nicht erforderlich. Lediglich in Ausnahmefällen wird aus Sicherheitsgründen auch bei Beträgen unter 40 CHF die PIN-Eingabe vom Zahlterminal gefordert. Die Erhöhung der Geschwindigkeit beim Bezahlen macht das kontaktlose Bezahlen insbesondere für Kleinbeträge interessant. 80 Prozent der Bargeldtransaktionen in der Schweiz betreffen einen Wert unterhalb von 20 CHF. Ein Fakt, der die neue Art zu bezahlen begünstigt. Der Zahlungsablauf dauert mit der neuen Technologie nur halb so lang wie mit einer herkömmlichen Karte. Gegenüber der Barzahlung ist kontaktloses Bezahlen um mehr als die Hälfte schneller. Die Vorteile reduzieren sich nicht nur auf verkürzte Warteschlangen: Für Konsumenten ist das Bezahlen mit der Karte, die sie nicht mehr aus der Hand geben müssen, hygienischer als der Kontakt mit dem Bargeld. Der Handel profitiert von weniger Fehlbeträgen und einem reduzierten Aufwand für das Bargeld-Handling.

Einige Bus- und Tramfahrten werden dank der neuen Zahlungsart bereits heute nicht mehr verpasst. Seit 2007 wird das kontaktlose Bezahlen in der Schweiz getestet. Dennoch ist der Erfolg des kontaktlosen Bezahlens in der Schweiz wie auch in anderen Ländern von der Entwicklung der nächsten zwei Jahre abhängig. Entscheidend ist einerseits die Dichte der Akzeptanzstellen und andererseits die Verfügbarkeit von ausgerüsteten Karten und Handys.

Die Basis für eine flächendeckende Lancierung ist gelegt. Das zeigen die getätigten Investitionen und das Engagement in der Branche. Die Akteure des Kartengeschäfts setzen momentan stark auf die kontaktlose Karte und verdichten die Infrastruktur in den kommenden Monaten. Die Kartenherausgeber (u.a. UBS, Cornèrcard, Swisscard) treiben die Verbreitung kontaktloser Karten von Visa, MasterCard und American Express voran. Bereits über eine Million Schweizer tragen eine solche Zahlkarte in ihrem Portemonnaie – Tendenz steigend. Viele abgelaufenen Karten werden heute rollend durch kontaktlosfähige Karten ersetzt.

Auch die Zahlterminals werden aufgerüstet. Fast alle neuen Modelle verfügen standardmässig über die Funktion. Viele Detailhändler haben noch ein älteres Zahlterminal im Einsatz, das nicht mehr den neusten Sicherheitsanforderungen entspricht. Um für die Herausforderungen an die Sicherheit gewappnet zu sein, haben Kartenorganisationen wie Visa und MasterCard bereits vor einigen Jahren Sicherheitsstandards eingeführt, die laufend weiterentwickelt werden. Ein Wechsel der Infrastruktur drängt sich für viele Händler daher auf. So findet die Kontaktlos-Funktion in den nächsten Monaten ihren Weg an zahlreiche Verkaufspunkte. Alleine der Marktführer SIX Payment Services wird in diesen Wochen die Marke von 10 000 ausgelieferten, kontaktlos-fähigen Zahlterminals durchbrechen. Im kommenden Jahr folgen die Grossverteiler, die ihre Infrastruktur ebenfalls ersetzen werden.

Neben der dichten Verbreitung begünstigt die Popularität von Kreditkarten den neuen Trend. In den letzten sieben Jahren verdoppelte sich die Anzahl Kreditkartenzahlungen, nicht zuletzt dank den zahlreich lancierten Loyalty- Programmen (Punkte sammeln, Meilenprogramme, etc.). Die Kreditkarte wurde auch in der Schweiz zum selbstverständlichen Zahlungsmittel, das nicht mehr nur noch für grös­sere Investitionen, wie das Buchen eines Fluges, eingesetzt wird: Im gleichen Zeitraum sank der durchschnittliche Betrag pro Kreditkartentransaktion um 31 Prozent auf 129.50 CHF (Quelle: Schweizerische Nationalbank).

Besagtes Busticket vom Automaten wird heute nicht nur mit der Karte schnell und bequem bezahlt, sondern auch mit dem Handy. Smartphones rücken immer stärker ins Zentrum mobiler Transaktionen. Mit der Verlagerung hin zur mobilen Internetnutzung werden immer mehr Kinokarten, Musik- und Zugtickets mobil gekauft. Die heute in vielen neuen Smartphones eingebaute NFC-Technologie erweitert die Einsatzmöglichkeiten der Geräte zusätzlich. Wer morgens seinen Kaffee und ein Gipfeli «to go» bestellt, kann so das Frühstück kontaktlos mit dem Smartphone bezahlen. Die beschriebenen Einkäufe fallen alle in den Bereich des sogenannten Mobile Payments. M-Payments steht für die Bezahlung über ein mobiles Endgerät – dem Handy zum Beispiel. Insbesondere diese Bezahlart ist eng mit dem kontaktlosen Bezahlen verknüpft. Der Unterschied für den Konsument liegt beim Griff in die Tasche – einmal zückt er das Handy, ein anderes Mal die kontaktlose Zahlkarte.