Die grossen Hersteller von Unternehmenssoftware, speziell von Volumen-Lizenzen beliebter Anwenderprogramme und Betriebssysteme, stellen regelmässig neue Versionen ihrer Produkte vor. Statt der traditionellen Kauf-Lizenzen werden dabei seit einigen Jahren die Versionen von Miet-Software auf den Servern der Hersteller nachdrücklich als Alternative zur gekauften Lizenz angeboten und diskutiert. Wie auch immer – mit jeder Version ändern sich auch der Funktionsumfang sowie die Kompatibilität eines Programmes. Dabei können die Intervalle zwischen zwei Programm-Versionen sehr kurzfristig sein.
Markt für Secondhand-Software
Hinter der Frage kaufen oder mieten verschwindet aber sehr oft die eigentlich zentrale Frage für beinahe jedes Unternehmen: Macht ein Wechsel betriebswirtschaftlich und technisch überhaupt Sinn? Oftmals kann es auch sinnvoller sein, eine ausgereifte und ältere Programmversion zu nutzen als eine Neuentwicklung. Lange war es so, dass die Kundenunternehmen diese Frage nicht verfolgten und alle Versionswechsel unverdrossen mitmachten – sei es aus Unkenntnis der Alternativen oder aus Scheu vor Diskussionen mit dem mächtigen Hersteller.
Diese an Beharren grenzende Akzeptanz war einer der Gründe für das lange stabile Funktionieren des Geschäftsmodells und einer der Wachstumstreiber für die Softwareanbieter. Marktkenner schätzen, dass 60 bis 70 Prozent der weltweiten Umsätze der Hersteller auf den Vertrieb von Unternehmenssoftware entfallen.
Doch dieser Markt ist seit Jahren in einem Wandel, der sich derzeit zu beschleunigen scheint. So entstand schon in den 1990er-Jahren – also lange vor dem Aufkommen der Cloud-Lösungen – ein kleiner und schnell wachsender Markt für Secondhand-Software.
Software-Lizenzen
Unternehmen haben dabei in durchaus vielen Fällen einen Zusatznutzen: Sie können im Einkauf teilweise deutlich Kosten sparen oder durch den Verkauf alter und nicht mehr benötigter Lizenzen unerkanntes und ungenutztes zusätzliches Kapital generieren. Auch Unternehmen, die gezwungen sind, Arbeitsplätze abzubauen, oder aus anderen Gründen bestimmte Softwarelizenzen nicht mehr benötigen, können diese auf dem seit einigen Jahren etablierten Sekundärmarkt verkaufen. Beim Verkauf können Einnahmen in beträchtlicher Höhe generiert werden.
Kompatibilitätsvorteile
Einen nicht zu unterschätzenden Vorteil bieten ältere Softwareversionen bei der Kompatibilität zu anderen Programmen im Unternehmenssystem sowie infolge wegfallender Installations- und Schulungskosten. Nicht zu vergessen ist im Zeitalter der Cyberkriminalität auch der immer wichtiger werdende Bereich Datenschutz.
Ältere Programme geben sich mit weit weniger persönlichen Informationen zufrieden und übermitteln in der Regel auch weitaus weniger sensible Daten. Angesichts der wirtschaftlichen Bedeutung des traditionellen Volumen-Verkaufs von Lizenzen für die grossen Hersteller war es nicht verwunderlich, dass sie grossen und lange hinhaltenden Widerstand gegen den Marktwandel leisteten. Wie in anderen Fällen von immenser Ertragsbedeutung – man denke an die Kämpfe um das Urheberrecht zwischen führenden Smartphone-Marken – wurde auch hier versucht, den Wettbewerb durch Rechtsstreitigkeiten zu behindern.