ICT & Technik

Virtualisierung (Teil 4 von 5)

Infrastruktur und Software werden virtuell

Immer mehr Kommunikationskomponenten können heute «as a Service», also als Dienstleistungen, bezogen werden: Plattformen, Infrastruktur und Software werden nicht mehr gekauft, sondern von einem externen Informatik- und Telekommunikationstechnologie-Anbieter betrieben und vom Kunden via Internet als Dienstleistung genutzt.
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Herr Schneider hat sich vor Kurzem selbstständig gemacht. Seine neu gegründete Kommunikationsagentur mit Sitz in Zürich hat sich auf die Kommunikationsberatung von Firmen spezialisiert. Damit er sich mit seinem Unternehmen wirtschaftlich erfolgreich auf dem Markt positionieren kann, muss er – gerade in der Startphase – mit seinen personellen und finanziellen Ressourcen besonders vorsichtig haushalten. Dennoch: Auch für Start-ups ist die professionelle, sichere und zuverlässige Kommunikation entscheidend. Ideal sind deshalb Lösungen, die schnell auf die jeweilige Unternehmenssituation angepasst werden können. Schliesslich will Herr Schneider vielleicht mittelfristig Mitarbeiter einstellen, neue Endgeräte kaufen oder er braucht zusätzliche Speicherkapazitäten. Und wie alle KMU will er erst bezahlen, wenn er auch tatsächlich etwas benötigt.

Abläufe und Strukturen

Was aber genau eignet sich für Unternehmen, wie das von Herrn Schneider? Es lohnt sich für KMU, genügend Zeit für vertiefte Überlegungen zu reservieren und die Lösungen genau zu evaluieren, bevor man in die Kommunikationsinfrastruktur investiert. Denn im heutigen Marktumfeld kann sich kein Unternehmen ineffiziente Abläufe und Strukturen leisten. Herr Schneider ist da keine Ausnahme.

An einem Erfahrungsvortrag für Jungunternehmer hörte Herr Schneider kürzlich, dass Unternehmen mit ähnlichen Bedürfnissen intensiv über das Thema Cloud-Computing und Virtualisierung diskutieren. Laut einer Studie der Technischen Uni in Berlin aus dem Jahr 2011 sollen bereits 70 Prozent der befragten KMU Cloud-Computing-Lösungen einsetzen oder sie anbieten und weitere 20 Prozent Interesse an den Lösungen zeigen. Mit gewecktem Interesse stiess Herr Schneider bei der weiteren Recherche – unter anderem im «KMU Magazin», Ausgabe. 5 und 6 – auf vertiefte Informationen betreffend Virtualisierung für KMU. Cloud-Computing bedeutet, die Komponenten der Kommunikationsinfrastruktur nicht mehr physisch im Büro zu haben, sondern irgendwo anders – eben virtuell in einer sogenannten Wolke, d. h. der Zugriff erfolgt via eines leistungsfähigen Internetanschlusses. Die Komponenten werden damit als Service von einem Anbieter bezogen.

Flexibel bleiben

Die Vorteile solcher Lösungen für Unternehmen, wie jenes von Herrn Schneider, liegen auf der Hand: Wenn Hard- und Software sowie Anwendungen nicht im eigenen, sondern im Rechenzentrum eines professionellen Anbieters betrieben werden, entfallen die Kosten der Anschaffung und die für professionelle Wartung als auch jene für den Unterhalt der Infrastruktur. Zudem kümmern sich externe Experten um allfällige IT-Störungen, Updates sowie Spam- und Virenfilter; Herr Schneider kann sich auf sein Kerngeschäft konzentrieren. Und auch die Flexibilität wird gesteigert: Der Zugriff auf Anwendungen und Daten ist nicht mehr an einen bestimmten Standort gebunden, sondern ist von überall möglich. Dies bringt einen Effizienzgewinn mit sich, da Herr Schneider beispielsweise auch bei seinen Kunden Zugriff auf alle Informationen und Unterlagen hat. Server-, Speicherleistung und andere Services können umgehend individuell aufgestockt oder reduziert werden, falls er neue Mitarbeitende einstellt oder neue Projektpartner einbezieht.

So weit, so gut, die Recherchen haben entsprechendes Interesse bei Herrn Schneider an virtuellen Services ausgelöst, weil Cloud-Computing gerade für Jungunternehmer sehr viele Möglichkeiten bietet, um Kosten einzusparen und flexibel zu bleiben. Beides ist für ihn und sein junges Geschäft zentral. Die Frage, die sich Herrn Schneider allerdings stellt, ist, was er eigentlich alles für Dienstleistungen aus der Cloud beziehen kann. Grundsätzlich lässt sich alles virtualisieren, von den Daten über Anwendungen bis hin zur Infrastruktur. In den meisten Fällen wird allerdings von drei klassischen «as a Service»-Komponenten gesprochen: Software, Infrastruktur und Plattform. Weil Letztere eher für IT-Spezialfirmen relevant ist, wird in diesem Artikel nicht näher darauf eingegangen.

Software as a Service

Bei Software as a Service (SaaS) werden nicht mehr – wie im traditionellen Modell – Software plus die zugehörigen Lizenzen gekauft, lokal installiert und vom Unternehmen selber gewartet bzw. betrieben, sondern die Software wird von einem professionellen Anbieter in einem Rechenzentrum bereitgestellt. Der Nutzer bezieht die Software als Service, meist über das Internet. Würde sich Herr Schneider für den Bezug der Software aus der Cloud entscheiden, müsste er also keine Software-Lizenzgebühren mehr bezahlen, sondern einfach eine nutzungsabhängige Gebühr, abhängig davon, wie viele Benutzer auf die Software zugreifen. Der Anbieter des Services übernimmt die komplette IT-Administration und weitere Dienstleistungen wie Updates und sogenannte Software-Patches – Herr Schneider könnte sich auf seine Consulting-Firma konzentrieren.

«Software as a Service»-Lösungen sind bereits heute weitverbreitet. So basieren beispielsweise Outlook-Lösungen ohne eigenen Server, wie Hosted Exchange oder der Austausch von Standort-unabhängigen Dokumenten via Share Point, auf diesem Prinzip. Auch kürzlich angekündigte Geschäftsservices wie Office 365 von Microsoft sind ein «Software as a Service»-Produkt und damit aus der Cloud erhältlich. Office 365 ist eine Lösung für die standortübergreifende Kommunikation und Zusammenarbeit. Sie ermöglicht unabhängiges Arbeiten, eine professionelle E-Mail-Lösung mit Terminplanung sowie beispielsweise das gemeinsame Bearbeiten von Dokumenten innerhalb eines Teams.

Infrastructure as a Service

Der zweite Bereich von Cloud-Services wird unter dem Namen Infrastructure as a Service (IaaS), zusammengefasst. Dabei wird keine eigene Rechnerinfrastruktur mehr gekauft, sondern diese wird bei Bedarf von einem professionellen Anbieter gemietet. Dies betrifft alle Infrastruktur-Komponenten, wie beispielsweise Server, Rechenleistung, Speicher, Archivierungs- und Backup-Systeme. Der Nutzer greift über breitbandige Netze auf diese virtuellen Services zu, bezahlt wird nur die effektive Nutzung. Herr Schneider hätte bei dieser Lösung die Vorteile, dass er bei sich ändernden Rahmenbedingungen – wie einem potenziellen Firmenwachstum – schnell reagieren und brachliegende Kapazitäten freigeben könnte (Stichwort Skalierbarkeit). Dies würde ihm in Sachen Flexibilität einen grossen Vorteil bieten.

Buchhaltung aus der Cloud

Die beiden Komponenten – Software as a Service und Infrastructure as a Sercive – lassen sich natürlich nicht nur einzeln, sondern auch kombiniert beziehen. Viele Firmen verknüpfen die beiden Bereiche und bringen Software-Angebote auf den Markt, die in der Cloud von professionellen Anbietern zur Verfügung gestellt werden. Und genau hier sieht Herr Schneider viel Potenzial für die eigene Firma. Er hat sich auf Anraten seines Treuhänders entschieden, in einem ersten Schritt die unbedingt benötigte Buchhaltungssoftware aus der Cloud zu beziehen und damit zu testen, ob Cloud Services und damit die Möglichkeit, Software zu nutzen, ohne vorher Hard- und Software installieren zu müssen, tatsächlich seinen Bedürfnissen entspricht.

Die Vorteile liegen für Herrn Schneider auf der Hand: Freie Skalierbarkeit der Business-Software, dynamische Software-Einführung und KMU-gerechte Datenhaltung in der Schweiz. Dazu kommt – um beim Beispiel der Buchhaltungssoftware zu bleiben – dass sich Herr Schneider und sein Treuhänder die Arbeit künftig teilen, da beide auf die Cloud zugreifen können. So macht Herr Schneider beispielsweise die Belegserfassung und die Kontierung, der Treuhänder übernimmt den Abschluss. In einem weiteren Schritt möchte der Unternehmer dann auch weitere Services – wie beispielsweise die Lagerverwaltung oder die Personalabrechnung – aus der Cloud beziehen. Und das Gute daran: Herr Schneider hat nichts installiert – d. h. benötigt er einen Service nicht mehr, kann er ihn ganz einfach kündigen.

Auch bei der Telefonie möchte Herr Schneider nicht selbst in die Infrastruktur investieren, sondern zu einem späteren Zeitpunkt und bei mehreren Mitarbeitern eine virtuelle Telefonanlage einsetzen, um damit über das Internet zu telefonieren.

Wie die virtuelle Telefonie funktioniert und welche Voraussetzungen dafür nötig sind, erfahren Sie im fünften und letzten Teil der Serie «Virtualisierung» («KMU-Magazin»-Ausgabe 9).

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