ICT & Technik

Business Software

Ganzheitliche Systeme versus Best-of-Breed

Wer sein Geschäftsmodell digital transformieren möchte, kommt meist nicht umhin, in neue Lösungen zu investieren. Anstelle einer geschlossenen Software-Suite empfiehlt sich zunehmend der Best-of-Breed-Ansatz. Der Beitrag zeigt, worin sich Best-of-Breed-Lösungen von einem geschlossenen System unterscheiden und welche Anwendungen zum Einsatz kommen.
PDF Kaufen

Bei der Frage nach der digitalen Transformation ist für Unternehmen nicht mehr das «Ob», sondern vielmehr das «Wie» entscheidend. Dabei stehen sich grundsätzlich zwei Ansätze gegenüber: Sollen Unternehmen auf eine ganzheitliche, in sich geschlossene ERP-Software von einem Anbieter setzen? Oder auf eine standardisierte ERP-Software mit offener Architektur, die es erlaubt, spezialisierte Einzellösungen zu implementieren, den so genannten Best-of-Breed-Ansatz?

Bestmögliche Lösungen

Der Begriff «Best-of-Breed» bedeutet per Definition, dass ein Unternehmen für jede Anforderung die bestmögliche Softwarelösung integriert – auch von unterschiedlichen Herstellern. Viele Anbieter stellen zwar umfangreiche ERP-Systeme zur Verfügung. Diese sind aber nicht immer für alle Arbeitsprozesse wie Archivierung und Workflows, Business Intelligence oder Leistungserfassung eines Unternehmens geeignet. Oft benötigt es für solch spezialisierte Aufgaben geeignete Einzellösungen. 

Mit einem Best-of-Breed-Ansatz können Unternehmen die besten Lösungen verschiedener Hersteller miteinander zu ­einer massgeschneiderten Softwareum­gebung kombinieren. Durch die Integration verschiedener Softwarelösungen von ­unterschiedlichen Herstellern entsteht eine hochfunktionale Systemlandschaft, welche die Unternehmensprozesse und den innerbetrieblichen Informationsaustausch optimiert. Ein weiterer Pluspunkt ist, dass sich die Abhängigkeit von einzelnen Softwareherstellern und ihren Produkten verringert.

Ganzheitlich vs. Best-of-Breed

Im Gegensatz dazu setzen ganzheitliche Systeme, bei grösseren Softwareanbietern auch als Software-Suite bekannt, auf einer durchgängig modularisierten Systemarchitektur mit einheitlicher Datenbasis auf. Der Kunde entscheidet, welche Module er lizenziert, und stellt somit aus der fest vorgegebenen Standardsoftware die Lösung zusammen, welche die individuellen Herausforderungen des Unternehmens möglichst am besten, aber mitunter nicht immer optimal, abbildet. 

Der vertikale Funktionsumfang lässt dabei schon lange nicht mehr zu wünschen übrig. Viele ganzheitliche Lösungen bieten sogar einen Leistungsumfang, der den effektiven Bedarf von rund 80 Prozent aller KMU bei Weitem übersteigt. Die Vorteile einer Gesamtlösung sind ein einheitlicher Look and Feel, eine durchgängige Bedienbarkeit und ein reibungsloses Zusammenspiel aller Komponenten. Dadurch, dass alle Softwarekomponenten vom gleichen Anbieter stammen, wird zudem die Zusammenarbeit erleichtert.

Was spricht also gegen geschlossene ERP-Gesamtlösungen für KMU? Ein wesentlicher Faktor: die mangelnde Flexibilität und Agilität. Das KMU ist auf das Angebot des jeweiligen ERP-Anbieters angewiesen. Spezifische Anpassungen im Leistungsumfang sind meist nicht vorgesehen und, wenn überhaupt, nur mittels aufwendigen Customizings möglich. In Sum-me erhält man das am besten passende System innerhalb des Portfolios des Anbieters – und nicht das am besten passende System überhaupt.

Hinzu kommt, dass heute kaum ein Hersteller gleichzeitig beispielsweise auch ein Spezialist in den Bereichen des Dokumentenmanagements, des Customer Relationship Management, in der Datenanalyse oder in der Leistungserfassung ist – sprich in der Entwicklung von Lö­sungen, die im Zuge der Digitalisierung und Automatisierung von Geschäftsmodellen und Geschäftsprozessen essenziell sind. Auch verfolgt jeder Hersteller ­einen eigenen Fokus auf Innovation und Weiterentwicklung, um die Marktbedürfnisse optimal bedienen zu können.

Best-of-Breed: Die Vorteile 

Best-of-Breed wurzelt auf einer Plattformstrategie und vereint das Beste aus verschiedenen Welten. 

  • Best-of-Breed basiert in der Regel auf einem ERP als Kernsystem, mit dem die betriebswirtschaftlichen Kernprozesse (Finanzen, Aufträge, Handel, Lager usw.) organisiert werden und das sich bedarfsgerecht ergänzen lässt.
  • Es kombiniert unterschiedliche spezialisierte Lösungen über bidirektionale Schnittstellen, auch jene von Dritt­anbietern, zu einer individuellen und bedürfnisgerechten Gesamtlösung.
  • Es bildet die bestehenden Prozesse eines B2B-Unternehmens optimal in einer Gesamtlösung ab.
  • Best-of-Breed erlaubt eine zukunftsorientierte Anbindung und Skalierung von Cloud-Diensten und Automation-Software, da die Schnittstellen der einzelnen Lösungen eindeutig definiert sind.

Flexible Systemlandschaften

Die Herausforderung von Best-of-Breed ist ein reibungsloser, wechselseitiger ­Datenaustausch. Damit dies gelingt, muss definiert sein, welches das ­führende System ist, welche Aufgaben ­die anderen Systeme übernehmen und wie sie zu­sammenspielen. Mit Best-of-Breed entstehen flexible Systemlandschaften, die künftige Erweiterungen und Anpassungen ermöglichen. 

Voraussetzung ist, dass der Anbieter des ERP über ein breites Ecosystem mit spezialisierten Partnern verfügt. Nur so können übergreifende Geschäftsprozesse zwischen den Programmen sichergestellt und für die Endnutzer kann ein integrales System angeboten werden – mit jenen Lösungen, die für den jeweils bestimmten Einsatzzweck am leistungsfähigsten sind und welche die individuellen Prozesse am besten abbilden. So ­steigert das Unternehmen seine Produktivität, die Effizienz und kann seine Prozesse flexibler sich verändernden Marktbedingungen und Herausforderungen anpassen. 

Herangehensweisen

Beim Best-of-Breed-Ansatz werden grundsätzlich zwei Herangehensweisen un­terschieden: Einerseits bieten ERP-Hersteller zu ihrem System standardisierte Drittlösungen an, die bereits in seine Systemumgebung vorintegriert sind. Andererseits werden offene Schnittstellen im System zur Verfügung gestellt, durch die verschiedene Drittlösungen angebunden werden können. 

Es entsteht ein Ecosystem, um für jeden Anwendungsbereich des ERP-Systems die bestmöglichen Teillösungen zu finden und diese in die vorhandene IT-Infrastruktur zu integrieren. Der ERP-Hersteller bleibt der Ansprechpartner und agiert quasi als Plattform für Kunden und Partnerunternehmen. So können Workflows und Prozessautomatisierungen optimal im System abgebildet werden, ohne dass das Unternehmen mit mehreren Partnern verhandeln muss – ein Argument, das sonst oft eben für die Implementierung ­einer geschlossenen Software-Suite spricht.

Porträt