ICT & Technik

Im- und Export

Exportkontrollsysteme verhindern Sanktionsverstösse

Wie kann ein Spediteur verhindern, dass er sich mitschuldig an Sanktionsverstössen macht, weil der Verlader über kein effizientes Exportkontrollsystem verfügt? Wie sich ein Im- oder Exporteur schützen kann, zeigt dieser Beitrag.
PDF Kaufen

Beschaffungs- und Distributionslogistik bei Schweizer Unternehmen sind in immer grös­serem Umfang grenzüberschreitend. Damit berühren sie unterschiedliche nationale Rechtsordnungen. In Europa ist neben dem natio­nalen Recht das EU-Recht zu beachten, aber ggfs. auch US-amerikanisches Recht. Waren mit Ursprung USA, Mindestanteil Ursprung USA, US-Technologie und Software unterliegen weltweit den US-amerikanischen Export Administration Regulations (EAR) und kommen daher auch gegenüber Schweizer Firmen zur Anwendung. Vor diesem Hintergrund sollten Unternehmen die gesamte, länderübergreifende Wertschöpfungskette auf mögliche Gesetze – und Regelverstösse (Non-Compliance) untersuchen. Die Bedeutung eines umfassenden Compliance Managements wird jedoch nach wie vor in Industrie und Handel unterschätzt. Transport- und Logistikunternehmen ignorieren weitgehend das Thema, obwohl Spediteure bei Ausschreibungen immer häufiger aufgefordert werden, einen Nachweis für ein effektives Compliance-Management-System zu erbringen.

Teures Non-Compliance

Im Vordergrund steht derzeit die Einhaltung aller Gesetze, Verordnungen und Richtlinien sowie von vertraglichen Verpflichtungen (Compliance) in Bezug auf Kartellvorschriften, Anti-Korruptionsgesetze, Sicherheitsvorschriften, Zollverfahren. Hier fokussieren wir uns auf Trade Compliance. Bei Non-Compliance drohen saftige Geldbussen und Gefängnisstrafen in den USA und auch Europa. 2009 wurde der international tätige Logistikdienstleister DHL/DPWN vom US-Department of Commerce Bureau of Industry & Security (BIS) und vom US Department of Treasury’s Office of Foreign Assets Control (OFAC) mit einer Strafe in Höhe von 9,44 Mio. USD für Sanktionsverstösse in Verbindung mit der Verbringung von Waren in den Sudan, Iran und nach Syrien belegt. Auch die in Basel domizilierte Gondrand und andere bekannte europäische Speditionen wurden in den letzten Jahren für ähnliche Delikte in den USA verurteilt. Zu den direkten Kosten kommen indirekte wie der Entzug der Exportbewilligung, Reputationsschäden, Kunden- und Marktverluste hinzu.

Komplexe Gemengelage

Neben der wachsenden Liste von Ländern, die von der UN mit Sanktionen belegt wurden, gibt es weltweit über 200 verschiedene «Schwarze Listen» mit Firmen- und bis zu 120 000 Personennamen, mit denen kein Handel betrieben werden darf. International tätige Industrie, Handels- und Speditionsfirmen sehen sich einem Wust von Vorschriften und komplexen Namenslisten gegenüber, die das Einhalten geltender Gesetze bei besten Vorsätzen äusserst schwierig machen. Für Speditionen ist es dabei unerheblich, dass sie nur im Auftrag handeln. Sie können in den USA selbst dann belangt werden, wenn die Waren über Dritte von einer Person oder Firma auf einer sogenannten Schwarzen Liste in ihre Hände gelangt sind. Auch Veredlungsverkehre, Mustersendungen und Blaupausen sind betroffen. Der Dienstleister geht meist davon aus, dass der Produzent die notwendigen Kontrollen macht und Genehmigungen einholt. Doch er kann und darf sich nicht darauf verlassen. Insbesondere bei KMU herrscht gros­se Unwissenheit. Zugelassene Wirtschaftsbeteiligte (AEO - Authorised Economic Operator) sollten auf jeden Fall alle Kundendaten, Lieferadressen und Informationen über Partner und Agenten mit den gängigen Sanktionslisten abgleichen.

Unternehmen, die pro Jahr nur wenige Waren ins Ausland spedieren, können manuell prüfen, ob sie nicht gegen irgendwelche Aussenhandelsgesetze verstossen. Doch bei einem höheren Sendungsaufkommen wird die Automatisierung von Kontrollmechanismen unerlässlich. Insbesondere dann, wenn es sich um Dual-Use-Produkte (Waren mit potenziell militärischem Nutzen, wie beispielsweise Computerchips, Flugzeugteile usw.) handelt.

Zahlreiche Software-Häuser bieten Lösungen für die automatisierte Kontrolle von Kunden und Lieferanten an. Bisher investieren vor allem Hersteller mit komplexen internationalen Beschaffungsstrategien in Trade-Compliance-Technologie, obwohl auch international tätige Speditionen einem hohen Risiko ausgesetzt sind. Dabei könnten Letztere Compliance-Kontrollen als Services anbieten und sich als Premium-Logistikdienstleister positionieren.