ICT & Technik

ERP-Einführung II

Die Internationalisierung planvoll unterstützen

Umfassende ERP-Systeme sind nicht nur für Grosskonzerne von zentraler Bedeutung. Auch für KMU mit internationalen Wachstumsplänen bieten sie, richtig eingesetzt, Wettbewerbsvorteile und ermöglichen eine effektive Marktbearbeitung. Doch auf was müssen KMU bei der Einführung einer geeigneten Software achten? Ein Überblick.

Immer mehr Schweizer KMU expandieren ins Ausland. Gemäss einer Studie der Hochschule für Wirtschaft (HSW) Freiburg beliefern Schweizer KMU im Schnitt 20 verschiedene Länder. Über Zweidrittel werden innerhalb der ersten drei Jahre nach der Gründung international aktiv, mehr als die Hälfte des Umsatzes erwirtschaften diese KMU im Export. Sie erschliessen neue Absatzmärkte, gehen strategische Allianzen ein oder verschaffen sich Zugang zu günstigeren Produktionsbedingungen mit tieferen Lohnkosten. Das globale Business jedoch präsentiert sich volatil, kompetitiv und komplex. Wer sich international behaupten möchte, muss schneller und effizienter als der Mitbewerber im Markt agieren. Dies verlangt nach einer Unternehmensstrategie, in der die IT ein Schlüsselfaktor darstellt.

Potenziale

Wird eine Software länderübergreifend eingesetzt, steigen auch die funktionalen und technischen Anforderungen. Grundsätzlich gilt: Je komplexer das Einsatzgebiet und je vielfältiger die Geschäftsprozesse, desto flexibler und einfacher skalierbar muss sie sein. Eine ERP-Lösung (Enterprise Resource Planning) erleichtert KMU den Einstieg in internationale Märkte und verbessert die Geschäftstätigkeit von bereits international tätigen Unternehmen. Die Software ermöglicht die effiziente Planung der eigenen Ressourcen. Mensch, Material und Kapital werden zur richtigen Zeit am richtigen Ort eingesetzt. Das Management kann das Wachstum steuern, die Zusammenarbeit von Niederlassungen, Unternehmensbereichen und Mitarbeitern verbessern, Kosten reduzieren, die Transparenz steigern und die Prozesse der Organisation straffen.

Die ERP-Lösung bildet dabei alle Managementprozesse und Ressourcen des Unternehmens in einem einheitlichen System ab. Eine länderübergreifende Datenbank integriert die gesammelten Daten und macht sie den involvierten Mitarbeitern überall und ohne Verzögerung zugänglich. Diese Integration von Prozessen, Personen und Fachwissen ist nicht nur effizient, sondern die beste Basis, um früh auf neue Markttrends reagieren zu können.

KMU-tauglich?

Rund 57 Prozent der KMU wollen in die Entwicklung neuer Produkte und Dienstleistungen investieren, 45 Prozent ihren Marktanteil vergrössern: Die Drei-Jahres-Wachstumsziele bereits im Ausland tätiger KMU verdeutlichen, wie wichtig eine expansionsfreundliche Software ist. Ein KMU, welches in naher Zukunft im Ausland Fuss fassen will, braucht dazu ein ERP-System, das mitwächst. Viele heute im Markt erhältlichen ERP-Systeme eignen sich zwar für Unternehmen mit internationalen Strukturen, sie sind jedoch für die Bedürfnisse von KMU überdimensioniert und somit zu teuer. Sie wurden nicht für diese Unternehmen entwickelt, sondern sind Ableger von gros­sen Konzern-Lösungen. Dadurch bezahlen KMU für letztlich nicht genutzte Funktionen und berappen einen unnötig hohen Implementierungsaufwand. Weltweit bereits aktive Unternehmen wiederum haben oft mit heterogenen und teilweise nur schwer kompatiblen und zu konsolidierenden IT-Landschaften zu kämpfen.

In beiden Fällen steht bei der Evaluation einer geeigneten Lösung die KMU-Tauglichkeit im Mittelpunkt, welche Investitionssicherheit und ein verbessertes Risikomanagement gewährleistet. Gleichzeitig braucht es einen Softwarepartner, der sowohl die lokalen wie auch internationalen Anforderungen kennt und beherrscht.

Doch wie geht ein Unternehmen am besten vor? KMU, die erst später ins Ausland expandieren wollen, sind mit einer ERP-Standard-lösung gut beraten. Sie bietet viele vorkonfigurierte Prozesse. Das erleichtert die Implementierung und die Anbindung externer Standorte. Eine festgelegte Einführungsmethodik führt durch die einzelnen Schritte der Implementierung und hilft bei Installation und Konfiguration. Das spart Zeit, und das Projekt bleibt von Anfang an im überschaubaren Kostenumfang.

Für komplexere Projekte empfiehlt sich der sogenannte «Core-Model-Ansatz». Dieser kommt dann zum Einsatz, wenn viele Landesgesellschaften und ausländische Niederlassungen mit einer heterogenen IT-Landschaft konsolidiert werden müssen. Dabei werden zunächst in Workshops Kernprozesse z. B. für Einkauf, Produktion und Verkauf definiert. Diese gelten für alle Standorte sowie für den Hauptsitz und werden in einem einheitlichen Prozessmodell zusammengefasst. Anhand dieses Modells können später die Prozesse innerhalb der ERP-Lösung konfiguriert und schrittweise in die verschiedenen Länder ausgerollt werden.

Flexibel und kompatibel

Damit die ERP-Lösung auch in Zukunft flexibel bleibt, sollte die Daten- bzw. funktionale Ebene (Software) von der technischen Ebene (Hardware und Serversysteme) unabhängig sein. Darauf zu achten ist, dass das ERP-System mit unterschiedlichen Datenbank- und Betriebssystemen kompatibel ist wie beispielsweise Oracle- oder Microsoft-SQL-Server-Datenbanken, Windows-, Unix- oder Linux Betriebssystemen. Es sollte sich zudem gleichermassen in Web- und/oder Client-Server-Umgebungen einsetzen lassen und auch in eine webbasierte SOA-Umgebung (Serviceorientierte Architektur) passen.

Zudem muss ein ERP-System technisch so angelegt sein, dass es Wachstumsprozesse zulässt und Funktionen schrittweise eingeführt und eingesetzt werden können. Nur so unterstützt die ERP-Lösung das KMU individuell beim Ausbau seines internationalen Auftritts.

Das Gleiche gilt für die Anzahl der Benutzer. Das ERP-System muss für einen einzigen Standort genauso lauffähig sein wie für viele Standorte. Besonders bei kleinen Standorten im Ausland sollte die Lösung auch über einen Browser bedient werden können. Dies garantiert eine höhere Flexibilität und die schnelle Anbindung neuer Niederlassungen.

Business Intelligence

Will ein Unternehmen im Ausland Erfolg haben, wird ein funktionierendes Risikomanagement sehr wichtig. Transparenz ist essenziell, um Risiken zukünftiger Entscheide besser abschätzen zu können. Hinzu kommt der Zeitfaktor. Gerade in einer komplexen international vernetzten Unternehmensstruktur entscheidet der zeitnahe Überblick über die Geschäftstätigkeiten, ob man erfolgreich ist oder nicht. Doch das Aufbereiten von Kennzahlen, Reportings und Auswertungen bedeutet in vielen Unternehmen noch immer eine grosse Menge an individueller Arbeit – trotz technischer Errungenschaften vergangener Jahre. Eine internationale ERP-Lösung hilft, die unzähligen und verteilt erfassten Informationen zu verarbeiten und für das Management in einem Cockpit zusammenzufassen. Dank dem ERP-System können aktuelle Unternehmenskennzahlen separat nach Land, nach Regionen oder für alle Länder konsolidiert per Knopfdruck erstellt werden.

International einheitlich

Über 90 Prozent der KMU, welche innerhalb der ersten drei Jahre ins Ausland expandieren, wählen ein europäisches Land. Rund 50 Prozent bewegen sich nach Asien, knapp 40 Prozent nach Nordamerika. Beim Gang über die Grenze stellen für KMU gerade ausländische Gesetze und Vorschriften eine der grössten Hindernisse dar. Die eingesetzte Lösung muss also neben unterschiedlichen Rechnungslegungsstandards (OR, Swiss GAAP FER, IFRS oder US GAAP) oder Fremdwährungen auch die jeweiligen rechtlichen Grundlagen (z.B. Vertragsrecht) kennen und unterstützen. Bestimmungen wie Währungen, Steuersätze, Zollbestimmungen oder Abgabenordnungen sollten immer standardmässig integriert sein.Gleichzeitig ist es notwendig, dass die Software die entsprechenden Anforderungen des Heimmarktes erfüllt. Nur dann lassen sich grenzüberschreitend die lokalen Standards in der Buchführung, der MWSt.-Abrechnung oder den üblichen elektronischen Zahlungsformaten wie DTA/EZAG anwenden.

Mehrsprachig

Rechnungstexte, Artikelbeschreibungen und Währungsinformationen, die an unterschiedlichen Standorten in verschiedenen Sprachen erfasst werden, muss das System verarbeiten können. Weiter konsolidiert die ERP-Lösung die landesspezifischen Parameter, z.B. Artikelbezeichnungen, Mengenangaben, Währungen oder Preislisten. Ein Blick auf die Zukunftsmärkte in Asien zeigt, dass das System nicht nur mehrsprachig, sondern auch Unicode-fähig sein muss. Denn Sprachen wie Chinesisch oder Russisch verwenden Sonderzeichen.