ICT & Technik

IT-Trends (Teil 2 von 2)

Der Wandel der IT: Auswirkungen auf das Geschäftsmodell

Im ersten Beitrag («KMU-Magazin» 9/13) wurden die Trends Cloud Computing, Mobile Computing und Bring Your Own Device erläutert und deren bedeutenden Folgen auf die interne Unternehmensorganisation geschildert. Dieser Teil zeigt die Auswirkungen auf die Geschäftsmodelle von Unternehmen – und davon abgeleitet auf die IT-Sourcing-Strategie.
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Der New Style of IT führt nicht nur zu einem technologischen Paradigmenwechsel, sondern ändert auch die Art, wie IT bereitgestellt und genutzt wird. Entscheidende Faktoren dabei sind:

› Neue Verrechnungsmodelle mit hoher Flexibilität, «pay what you use»

› Skalierbarkeit der Leistung

› Möglichkeit der sofortigen Verfügbarkeit der IT: Die Beschaffung von Infrastruktur und weitestgehend auch Softwareinstallationen entfällt. IT-Services wie Rechenleistung, Storage oder Applikationen lassen sich via Online-Portal beziehen.

› Mobilität und Multi Device: Applikationen lassen sich jederzeit, an jedem Ort und von jedem Gerät aus (Tablet, Smartphone, PC) nutzen.

Neue Vertriebsoptionen

Bereits jeder einzelne Faktor, insbesondere aber deren geschickte Kombination, führt dazu, dass Unternehmen Kundenbedürfnisse auf neuen Wegen adressieren können. Beispielsweise hat das Unternehmen «Solutions for Chefs» (SfC) ihren Vertrieb und die Art der Leistungsbereitstellung dank Cloud Computing erfolgreich erweitert. SfC versteht sich als «Content- und Lösungsprovider für die perfekte Menüplanung» für Hotels, Altersheime oder Kantinen. Angeboten wird unter anderem die Planungssoftware «Küchenhilfe 3.0». Sie entlastet sowohl Köche wie auch Manager von Gemeinschaftsverpflegungen von administrativen Arbeiten, stellt eine abwechslungsreiche Menüplanung sicher, berechnet die optimalen Einkaufsmengen, berücksichtigt gesetzliche Vorgaben wie die Auszeichnung der Inhaltsstoffe und vieles mehr.

Dank Cloud-Computing konnte der Vertriebsprozess optimiert werden: Neu demonstriert der Verkäufer bei einem Vorort-Besuch die Software auf dem iPad. Der Clou: Entscheidet sich der Interessent zur Nutzung der Software, kann er direkt ein iPad beziehen. Es wird vor Ort das Kundenkonto angelegt und «Küchenhilfe 3.0» steht ihm unverzüglich als Arbeits­instrument zur Verfügung – und dies auf jedem anderen Gerät wie PC oder Smartphone. Dieser Vertriebsansatz mit den Merkmalen «sofortige Verfügbarkeit», «grosse Flexibilität» und «Multi Device» ist nur dank Cloud-Architektur möglich. Für Solutions for Chefs ergibt sich ein wichtiger Wettbewerbsvorteil und die Abschlussrate wird deutlich erhöht. Zudem ist sie für SfC kostengünstig, da nur die benötigten IT-Kapazitäten von Bison als Lösungs- und Betriebspartner bezogen werden.

Wie ausgeführt, trägt der New Style of IT zur Erweiterung des Geschäftsmodells und zur Einführung neuer Produkte bei. Hinzu kommen die im ersten Beitrag im KMU-Magazin Nr. 9/13 beschriebenen internen Potenziale wie z. B. Kostenreduktion dank minutengenauem Bezug der jeweils benötigten IT-Leistungen. Ein Unternehmen muss sich deshalb genau überlegen, welche Faktoren in seiner spezifischen Situation von Bedeutung sind und die entsprechenden Folgerungen zur Wahl ihres IT-Sourcing-Modells treffen.

Je nach Bedeutung der IT für die Erbringung des Kerngeschäfts benötigen Unternehmen einen unterschiedlichen Reifegrad ihrer IT. Als Einstiegspunkt zur Bestimmung der geeigneten IT hat Bison die Bedürfnispyramide entwickelt (Abbildung 1).

Bedürfnislevel 1: Sicherheit

Jedes Unternehmen hat grundlegende Bedürfnisse, die die IT erfüllen muss, bevor sie überhaupt einen Mehrwert für ein Unternehmen bringen kann: So muss sie externen und internen Vorgaben entsprechen wie Gesetzen und Compliance. Die Daten müssen zudem in zweierlei Hinsicht sicher sein: Schutz vor Datenverlust und Schutz vor Datendiebstahl. Ebenfalls zur Sicherheit zählt die Verfügbarkeit der IT: Je nach Anwendung und Business hat die IT praktisch immer verfügbar zu sein (z. B. Online Shopping-Portale). Für eine kleinere Automobilwerkstätte lassen sich hingegen pro Quartal Ausfälle von mehreren Stunden oder noch länger verkraften. Die Verfügbarkeit ist ein wesentlicher Treiber der IT-Kosten. Sie muss deshalb zwingend mit der Kritikalität für das spezifische Business abgewogen werden.

Bedürfnislevel 2: Effizienz

Selbst wenn die IT sicher und verfügbar ist, kann sie doch zu ineffizientem Arbeiten führen: Müssen Mitarbeitende beispielsweise bei Datenabfragen sekunden- oder gar minutenlang warten, weil die Rechner ausgelastet sind (Computing), führt dies zu Unproduktivität sowie zu einer nicht zu unterschätzenden Unzufriedenheit am Arbeitsplatz. Aber selbst Standardanwendungen wie Word können bei schlecht konzipierten Cloud-Lösungen phasenweise nur noch mit Ver­zögerungen bedient werden, und das Tippen eines Textes wird zur Tortur: «what you see is what you typed some seconds ago». Hier geht es um die Performance im Sinne der Antwortzeiten bzw. Latenzzeiten.

Unternehmen, die IT primär als Mittel zur Senkung ihrer Produktions- und Gemeinkosten sehen, bewegen sich auf Bedürfnislevel 2.

Bedürfnislevel 3: Agilität

In fast allen Branchen nimmt die Dynamik zu: Neue Mitbewerber treten auf, die Produktzyklen verkürzen sich, die Internationalisierung nimmt zu, zugekaufte Unternehmen werden heutzutage innert Wochen in Konzernabläufe integriert. Von der IT wird erwartet, dass sie das erhöhte Tempo mitträgt bzw. zur Geschwindigkeitserhöhung einen massgeblichen Beitrag leistet. Entsprechend fungiert die «Anpassung der ICT auf Businessveränderungen» bei einer MSM-Studie vom Juli 2013 auf Platz 3 der Herausforderungen in der IT. Und in einer aktuellen weltweiten Umfrage von Gartner bei CIOs hat «Increasing enterprise growth» Top-Priorität.

Steuerung und Kontrolle

Ergänzend zu den drei Levels ist die Steuerung und Kontrolle ein Grundbedürfnis: Kann ich die IT-Leistungserbringung direkt beeinflussen, oder habe ich grosse Abhängigkeiten von Lieferanten oder Dritten? Und wenn ja – kann ich den notwendigen Einfluss auf diese nehmen, verfüge ich also über das ausreichende Mass an Verhandlungsmacht?

Ist sich ein Unternehmen im Klaren, auf welcher Stufe der IT-Bedürfnispyramide es sich befindet und welche es anstrebt, lässt sich auf das geeignete Sourcing-Modell schliessen. In Abbildung 2 wird die Eignung der verschiedenen Modelle der IT-Bereitstellung anhand der Pyramidenstufen beurteilt: Von «- -» für ungeeignet bis zu «++» für sehr geeignet. Ein Ausrufezeichen weist darauf hin, dass die Eignung stark von der konkreten Situation abhängt. Beispielsweise ist die Verfügbarkeit beim Cloud Computing abhängig von der Professionalität und Servicequalität des IT-Providers sowie der gewählten Internetanbindung.

Insourcing

Die IT wird durch die IT-Abteilung des Unternehmens selbst erbracht. Diese Sourcing-Variante ist selbstredend am besten steuer- und kontrollierbar, da sie im vollen Einflussbereich der Unternehmensleitung liegt. Trotzdem birgt diese Variante häufig unerwartete Risiken. Gerade im Bereich Schutz gegen Datenverlust stellen wir selbst bei Unternehmen mit Hunderten von IT-Usern immer wieder fest, dass Back-up-Systeme nicht vorhanden sind oder nicht richtig angewendet und getestet werden, so dass im Ernstfall eine Wiederherstellung unmöglich ist. Hier bieten die anderen Sourcing-Modelle in der Regel höhere Professionalität.

Bezüglich Agilität lässt sich keine allgemeine Aussage treffen: Dies ist sehr stark davon abhängig, wie die unternehmensinterne IT ihre Aufgabe auffasst: Setzt sie primär auf die Zuverlässigkeit der IT, stehen bei Änderungswünschen die Risiken im Vordergrund – entsprechend werden Änderungen abgelehnt, zurückgestellt oder nur nach umfangreichen Formalitäten bewilligt. Andere IT-Leiter sehen sich hingegen als Business Enabler und fördern die Agilität.

Outsourcing / Outtasking

Beim Outsourcing wird die IT (oder Teile davon wie bspw. der Infrastrukturbetrieb) an einen Service Provider ausgelagert. Die zentrale IT (Server, Storage, Firewall, etc.) wird in dessen Rechenzentren betrieben. Beim Outtasking wird der Betrieb zwar auch ausgelagert, die Hardware steht aber in den Serverräumen bzw. Data Centern des Kunden. Die Leistungserbringung ist in SLA’s (Service Level Agreements) vereinbart. Die Verträge werden meist auf mehrere Jahre abgeschlossen. Diese Variante sichert hohe Professionalität hinsichtlich der technischen Belange der IT. Schwierig kann es hingegen bei der Anpassung an neue Bedürfnisse oder auch schon grösseren Änderungen beim Mengengerüst werden: Diese können zu neuen Verhandlungen führen oder der IT-Provider erweist sich als unflexibel.

Da beim Outsourcing auf das Unternehmen abgestimmte Verträge zur Anwendung kommen, ist die Steuerung und Kontrolle gut bis sehr gut. Dies hängt in der Praxis nicht zuletzt davon ab, ob das Unternehmen für den jeweiligen Provider ein Schlüsselkunde ist oder nur «einer von vielen».

Dedicated Cloud

Auch bei der Dedicated Cloud wird die IT durch einen externen Provider erbracht. Zur Anwendung kommen dabei die technischen und weitgehend die organisatorischen Ansätze des Cloud Computings mit entsprechend hoher Flexibilität bei der Ressourcennutzung: Abrechnung auf Basis der effektiv bezogenen Leistungen und vor allem die sehr viel schnellere Bereitstellung neuer Ressourcen. Der Kunde kann zudem bestimmen, ob gewisse Elemente der IT (wie z. B. Storage) ihm gegen einen Aufpreis dediziert zur Ver­fügung stehen, also auf einem auch physisch nur ihm zugewiesenen Gerät. Dadurch lassen sich wichtige sicherheitsbezogene Bedenken des Cloud Computings beseitigen.

Die Steuerung und Kontrolle einer Dedicated Cloud ist ausreichend bis gut. Allerdings hat der Kunde kaum noch Einfluss auf die Art der Leistungserbringung – hier ist der Service Provider darauf angewiesen, seine Standards durchsetzen zu können, um industriell und entsprechend kostengünstig die IT bereitzustellen. Gerade mittelgrosse Provider bieten jedoch Hand zu einer für den Kunden optimalen Kombination der Dedicated Cloud mit Individualisierungsmöglichkeiten.

Public Cloud

Die Public Cloud ist der derzeit am höchsten industrialisierte und standardisierte Grad der Bereitstellung von IT-Diensten. Dies betrifft auch organisatorische Abläufe: Es gibt vom Provider vorgegebene Standardverträge. Deshalb ist es möglich, diese Leistungen kurzfristig zu beziehen und via Kreditkarte zu bezahlen ­– man könnte von einer «Kreditkartencloud» sprechen. Die Agilität und Flexibilität sind bei diesem Sourcing-Modell am höchsten.

Eine mögliche Falle liegt hingegen vor, wenn nicht nur Standardsoftware aus der Cloud bezogen werden soll, sondern diese ergänzt werden soll um branchenspezifische oder gar individuelle Software. Vor allem wenn die Anwendungen untereinander agieren sollen, um zum Beispiel Informationen auszutauschen, wird es anspruchsvoll.

Ein Public-Cloud-Ansatz kann sich dann sogar als wenig flexibel erweisen (daher die Bewertung «++/!» in Abbildung 2). Auch die Steuerung und Kontrolle sowie die Supportmöglichkeiten sind minimal – die Position des Unternehmens ist vergleichbar mit der eines Abonnenten bei einem Telekomanbieter.

Zurzeit ist keines der vorgestellten Modelle den anderen in allen Kriterien überlegen. Zudem können und wollen die wenigsten Unternehmen ihre IT auf einen Schlag vollständig umkrempeln. Best-Practice-Lösungen wie «Bison Smartwork» verknüpfen deshalb die Vor- und Nachteile der verschiedenen Modelle und integrieren diese unter einem Dach.

Wird die Gegenüberstellung der klassischen Sourcing-Modelle mit dem New Style of IT (Abb. 2 ) um eine Kostenbetrachtung ergänzt, ergibt sich folgendes Bild:

› Es gibt zurzeit kein dominantes Sourcing-Modell. Weder hinsichtlich Gesamtkostenbetrachtung (TCO) noch hinsichtlich Performance.

› Cloud Computing als Basis des «New Styles of IT» bietet grössere Gestaltungsmöglichkeiten als klassisches Outsourcing /Outtasking, vor allem bezüglich der Flexibilität des Leistungsbezugs und der Umsetzungsgeschwindigkeit.

› Aus Kostenüberlegungen sind Outsourcing /Outtasking oder konsequente Public-Cloud-Lösungen i.d.R. den anderen Sourcing-Modellen gegenüber im Vorteil – in Zukunft kann sich dies ändern.

› Hybridmodelle kombinieren die Vorteile der verschiedenen Sourcing-Modelle und der damit verbundenen IT-Architektur.

› Der New-Style of IT ermöglicht neue Geschäftsmodelle. Zur Wahl des Sourcing-Modells ist deshalb die Klärung der Bedeutung der IT in Ihrer Branche und für Ihr Unternehmen so wichtig wie nie zuvor – die Bedürfnispyramide von Bison unterstützt bei der Einordnung. Dabei gilt: Die Spitze der Bedürfnis­pyramide führt zur Differenzierung und zum Businesserfolg durch IT. «

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