Der erste Typ der sogenannten Cloud-Marktplätze funktioniert im Prinzip genau gleich wie die alten innerstädtischen Wochenmärkte. Und wie die klassischen Handelswaren werden die Cloud-Services für jeden zugänglich auf dem Marktplatz angeboten. Der Marktplatz fungiert dabei als Vermittler zwischen dem An-bieter und dem Nutzer. Hierfür erhält der Marktplatz vom Anbieter eine pauschale Gebühr, mit der er seine Betriebskosten deckt (Hosting, Pflege, Marketing etc.). Der Nutzungsvertrag für die Services kommt aber allein zwischen Anbieter und Nutzer zustande. Die Beziehungen zwischen allen Beteiligten sind also überschaubar und eindeutig.
Für den Nutzer gibt es allerdings mehrere Dinge zu beachten. Da er mit jedem Anbieter nach dessen individuellen Vorgaben einen Vertrag schliessen muss, kommt so unter Umständen eine grosse Anzahl unterschiedlicher Verträge zustande. Das kann für den Käufer mit viel Aufwand verbunden sein. Je nach Bedarf und Geschäftsmodell des Käufers stellen aber nicht nur die Verträge ein Problem dar. Viel wichtiger ist die Frage nach der Interoperabilität der verschiedenen Services untereinander: Können Daten ausgetauscht werden, können serviceübergreifende Geschäftsprozesse implementiert werden, funktioniert das Nutzermanagement und Single Sign-on über Anbietergrenzen hinaus?
Für weitestgehend alleinstehende Services und für den Start in die Welt des «Software as a Service» ist diese Marktplatz-variante allemal geeignet. Positiv ist zu bemerken, dass der Kunde einen direkten und ungefilterten Zugang zum Dienstanbieter hat, der von grossem Vorteil sein kann. Im Übrigen skalieren diese Marktplätze recht gut und schaffen für den Anbieter interessante Vertriebsmöglichkeiten über einen indirekten Kanal und erhöhen somit die Marktdurchdringung. Ein sehr gutes Beispiel für den ersten Typ Marktplätze ist die «german:business-cloud» des Cloud-Eco-Systems, die im November produktiv gehen wird.
Marktplatz als Vertragspartner
Der zweite Typ der Cloud-Marktplätze bietet ebenfalls diverse Services an. Im Unterschied zum ersten Typ ist aber der Marktplatz selbst der Vertragspartner und nicht der Dienstanbieter. Das Businessmodell sieht die Umsatzteilung zwischen dem Dienstanbieter sowie dem Marktplatz vor. Dabei liegt das Risiko stärker aufseiten des Marktplatzes, da er mit anderen im Wettbewerb steht, über die der Dienstanbieter seine Cloud-Services ebenso anbietet.
Für den Kunden liegt der grosse Vorteil darin, nur einen Vertragspartner zu haben und über lediglich ein zentrales Login eine Vielzahl von Cloud-Services nutzen zu können. Ausserdem besteht die Möglichkeit, dass der Marktplatz umfangreiche Integrationsmethoden anbietet, um die verschiedenen Services miteinander zu verbinden. So lassen sich durch die intelligente Verkettung einzelner Services ganz neue gestalten, die wesentlich komplexere Aufgaben effizient und vor allem bedarfsgerecht bewältigen können. Beispielsweise die Verbindung eines CRM-Systems mit einem Service für Vertragsmanagement oder die Integration einer agilen Personalaktenlösung in ein Personalmanagementsystem. Diese beiden Cloud-Service-Pakete könnten noch mit einem Archivsystem integriert sein. Paradebeispiele für diese Art von Marktplätzen liefern die Telekom AG mit dem «Business Marketplace» (https://portal.telekomcloud.com) und die T-Systems (https://marketplace.t-systems.com).
Die Weiterentwicklung derartiger Marktplätze bleibt abzuwarten. Die Herausforderung besteht unter anderem darin, dass Marktplätze mit wachsender Grösse immer unübersichtlicher werden. Früher oder später werden Nutzer eine Orientierung für die wachsende Zahl an Anbietern benötigen, um den jeweils passenden Service zu finden. Womöglich kommt es zu einer Spezialisierung der Marktplätze nach ausgewählten Branchen oder Prozessen. Besonders positiv für den Nutzer ist, dass der Marktplatz durch das Vertragswerk in der Verantwortung steht und strenge Regularien für seine Service-Anbieter durchsetzen wird, um die Sicherheit, den Datenschutz und die gewünschte Stabilität zu gewährleisten.