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Cloud Computing

Cloud-ERP bringt E-Shops in Schwung

Die anfänglichen Bedenken bezüglich Enterprise-Resource-Planning (ERP) aus der Cloud scheinen ausgeräumt. Inzwischen interessieren sich KMU branchenübergreifend für dieses System. Aufgrund des Siegeszuges von E-Commerce steigt auch die Relevanz von Onlineshops – entweder als separate Lösung oder als integriertem Bestandteil des ERP.
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Immer mehr Teile der IT-Landschaft werden als Dienst über das Internet, die Cloud, bezogen und nicht mehr durch KMU selber betrieben. Dies gilt auch für betriebswirtschaftliche Standard­software wie Enterprise-Resource-Planning (ERP). Das Cloud-ERP verfügt über diverse Module für Ein- und Verkauf, Lager, Finanzbuchhaltung, Lohn, Anlagen, MIS, CRM, PPS, Groupware, Projekte, Service, Geräte, Vertragsverwaltung und E-Commerce. «Anfangs 2009 waren es vor allem Hightech-Unternehmen und Start-ups, die Interesse an Cloud-basierten ERP-Systemen bekundeten», sagt David Lauchenauer, CEO der Myfactory Software Schweiz AG in St. Gallen, der Schweizer Distributorin der Unternehmenssoftware Myfactory. «Inzwischen haben KMU aus Handel, Produktion und Dienstleistung deren Vorteile erkannt.»

Vorteile der Cloud

Erstens können sich die Unternehmen auf ihr Kerngeschäft konzentrieren und die Aufgaben rund um das ERP – Daten sichern, Updates durchführen, Systeme überwachen, Server ausbauen – an Spezialisten delegieren. Zweitens beziehen die Kunden nur den Funktionsumfang, den sie auch effektiv benötigen, und bezahlen den Service, den sie benutzen. «Drittens», so David Lauchenauer, «teilen sich in der Cloud viele KMU die Ressourcen wie Serverleistung, Back-up und Sicherheitsvorkehrungen. Diese Dienste sind kostengünstig, da die Aufwendungen auf alle KMU bedarfsgerecht aufgeteilt werden.» Viertens verfügt ein ERP aus der Cloud – im Gegensatz zu alten ERP-Systemen – stets über die neuesten Funktionen und Technologien, ohne dass sich der Anwender um Anpassungen oder Erweiterungen kümmern muss. Fünftens ermöglichen Webservices die einfache und schnelle Integration von Diensten wie zum Beispiel Online-Telefonbücher, Online-Karten oder speziellen Berechnungen, während dies mit einem herkömmlichen ERP-System nur schwer zu realisieren ist.

Eine Branche, die sich erfahrungsgemäss sehr gut für Cloud-ERP eignet, ist der technische Kundendienst. Insbesondere gilt dies für Situationen, wenn ein KMU ein Gerät, eine Maschine oder Anlage verkauft und diese durch den Servicedienst vor Ort beim Kunden unterhält und repariert. Lauchenauer: «Für die Abläufe – wie etwa den Serviceauftrag, die Störungsmeldung, die Gerätedaten oder die Verfügbarkeit der zu reparierenden Teile – werden viele Daten benötigt und in den Vorgängen immer wieder ausgetauscht.» Da die Prozesse unabhängig von Standort und Geräten fliessen, verfügen die Techniker und die Zentrale stets über alle notwendigen, sich in der Cloud befindenden Daten.

Sicherheit und Flexibilität

Doch nach wie vor sind einige Unternehmen skeptisch gegenüber Cloud-ERP eingestellt. «Wir kennen die Vorbehalte, insbesondere in Bezug auf die Sicherheit», legt David Lauchenauer dar. «Allerdings können wir die Skepsis im persönlichen Gespräch jeweils rasch ausräumen. Denn aufgrund ihrer Rechtssicherheit und der politischen und wirtschaftlichen Stabilität ist die Schweiz ein geradezu idealer Datacenter-Standort. Deshalb werden die Kundendaten in zertifizierten Rechenzentren, also professionellen IT-Infrastrukturen, in der Schweiz gehostet und nicht bei einem x-beliebigen Anbieter im Ausland. Auch bleiben sämtliche Datenbanken inklusive Back-up in der Schweiz.»

Cloud-Kritiker bemängeln jedoch auch, dass dieses ERP nicht flexibel sei. Lauchenauer widerspricht: «Da gerade ERP-Systeme die Bedürfnisse vieler Kunden abdecken sollen, legen wir bei der Entwicklung eines Cloud-ERP viel Wert auf die Anpassbarkeit. So lässt sich jede individuelle Anforderung realisieren, sei dies in der standardisierten Public-Cloud oder in der Private-Cloud

Nächste Entwicklungsschritte

Um zusätzliche Integrationsmöglichkeiten zu schaffen, arbeitete Myfactory eine eigene Programmierschnittstelle (Application Programming Interface (API)) aus, die ein erster Bestandteil der geplanten «Cloudworld» ist. «Über diese API-Schnittstelle lassen sich weitere Lösungen und Apps anbinden beziehungsweise Daten aus Myfactory zur Verfügung stellen. Beispielsweise kreierten wir in einem ersten Schritt eine Self-Service-Business-Intelligence-Lösung für Excel, wodurch via API unterschiedlichste Anknüpfungen an Drittsysteme durchführbar sind. In den kommenden Jahren werden wir den Kunden immer mehr solche Anbindungen ermöglichen, was ihnen einen enormen Mehrwert gibt», erklärt Lauchenauer.

Eine weitere Entwicklung bezieht sich auf die Integration von Onlineshops ins Cloud-ERP, denn die Zahl der KMU mit E-Shops wächst ständig – sowohl im B2B- als auch im B2C-Umfeld. Leistungsfähige Datenverbindungen, die mobile Verfügbarkeit des Internets, einfache Zahlungsmöglichkeiten, effiziente Logistikprozesse und die hohe Kundenakzeptanz machen das Online-Shopping attraktiv. «Von unseren 400 Schweizer Kunden (Stand: Dezember 2014) betreiben bereits über 80 einen E-Shop», sagt Lauchenauer.

Grundsätzlich hat man als KMU die Wahl zwischen einem Shop mit einer separaten Lösung und als integriertem Bestandteil der Unternehmenslösung: «Wenn das ERP vom KMU intern gehostet wird, bietet sich für den Shop eher eine separate Lösung an, sprich: ein Rechenzentrum mit leistungsfähiger Internetanbindung», sagt Lauchenauer. In diesem Fall kommt den Schnittstellen eine zentrale Bedeutung zu, da sie eine hohe Funktionalität bieten müssen, um die Möglichkeiten des externen E-Shops überhaupt nutzen zu können. Es bringt herzlich wenig, wenn der Shop über viele Funktionen verfügt, diese dann aber nicht bi­direktional mit dem ERP-System kommunizieren können.

«Im Gegenzug hat ein ins Cloud-ERP integrierter Onlineshop den Vorteil, direkt auf die bestehende Logik und Funktionalität zugreifen zu können, ohne dass dies aufwendig über Schnittstellen passiert. Die Daten sind ja meistens bereits im ERP vorhanden, so etwa die Verfügbarkeit, Preisberechnungen, Wiederbeschaffungsdaten sowie die Produkt- und Kundenhistorie», sagt David Lauchenauer. «Eine weitere Stärke des integrierten Onlineshops besteht darin, dass er über die gleichen umfangreichen Preisfunktionen wie das ERP-Systen verfügt. Ist der Shop extern, müssen hier, vor allem im B2B-Bereich, oft komplexe Preis- und Rabattsysteme nachgebaut werden.» Des Weiteren sind die Gesamtkosten für ein ERP-System mit integriertem E-Shop viel geringer als für zwei separate Systeme.